Der Körperbau der Prosauropoden

 

Die Prosauropoden betraten während der tiefsten Obertrias (Carn) die Bühne des Lebens und gehören damit zu den ältesten Dinosauriern. Am Anfang ihrer Entwicklung ähnelte ihr Skelett dem früher Theropoden (beispielsweise Liliensternus aus dem europäischen Keuper). Im Laufe der Zeit veränderten sich ihre Proportionen aber in Richtung der Sauropoden. Der leicht gebaute Schädel wurde rasch kleiner, dafür nahm der Hals an Länge zu. Es entwickelte sich ein geräumiger Bauch, um den für die pflanzliche Nahrung benötigten größeren Verdauungsorganen Platz zu machen. Aus den zunächst recht kleinen Vertretern wurden gegen Ende der Trias wahre Riesen. Einige von ihnen können als Ahnen der noch gigantischeren Elefantenfußdinosaurier angesehen werden. Im unteren Jura starben die Prosauropoden aller Wahrscheinlichkeit nach aus.

Einer der bekanntesten Prosauropoden ist Plateosaurus, den man auf Grund zahlreicher, gut erhaltener Skelettfunde aus Gesteinen der mittleren und oberen Trias (ob. Keuper und Rhät) Westeuropas (u.a. Trossingen bei Stuttgart, Halberstadt/Sachsen-Anhalt, Großer Gleichberg/Südthüringen, Ellingen/Franken, La Chassagne/Frankreich, Frick/Nordschweiz) kennt. Betrachten wir auch hier zunächst die robusten Hintergliedmaßen. Sie vermitteln in ihrem Bau zwischen den Carnosauriern und den Sauropoden. Der gering gebogene Femur ist etwas länger als die beiden Unterschenkelknochen. Er stand nach J. van Heerden (1979) wohl noch nicht vollkommen senkrecht unter dem Körper, sondern war eher etwa um 25 Grad seitlich abgewinkelt. Am fünfzehigen Fuß sind die mittleren drei Metatarsalia ziemlich lang und kräftig. Der erste Mittelfußknochen ist nur mäßig kürzer als der zweite, während der viel kleinere fünfte bereits starke Reduktionserscheinungen zeigt. Der Fuß tendiert also deutlich zur Tridactylie; eine Tatsache, die Plateosaurus als Ahnen der Sauropoden ausschließt. Die ersten bis vierten Zehen des Fußes laufen in recht starken Endklauen aus.

Becken. Der Femurkopf artikuliert in einem sehr großen Acetabulum. Das Schambein, eine breite Platte ohne Verschmälerungen, ist kürzer als der Oberschenkelknochen. Es besitzt in seinem unteren Bereich auch keine derartige Verdickung, wie wir sie bei den Theropoden kennengelernt haben. Dafür weist das Ischium eine Endverstärkung auf. Das die Beckengelenkgrube oberhalb (dorsal) begrenzende Ilium ist recht kurz, aber hochgewölbt. Es verfügt über eine kleinere Vorderspitze und einen größeren Hinterflügel. Mit der Wirbelsäule sind die Darmbeine beiderseits über je drei von den Sacralwirbeln ausgehende, kurze und kräftige Rippen verbunden.

Der recht lange, wie bei den Sauropoden in einem leichten Bogen zwischen Becken- und Schultergürtel verlaufende Rücken besteht aus 15 Dorsalwirbeln, deren Dornfortsätze nicht besonders hoch, dafür aber recht breit sind. Lange, dünne Rippen schützten die inneren Organe des Rumpfes von den Flanken her, während die Bauchunterseite einen Panzer aus Gastralrippen beherbergt. Ein Brustbein (Sternum) kann als verkalkter Knorpel vorkommen. Bei dem engen chinesischen Verwandten Lufengosaurus aus den tiefroten Schichten der Obertrias (Rhät) des Lufeng-Beckens, Provinz Yunnan, sind dagegen zwei nebeneinanderliegende, ovale Sternalplatten nachgewiesen wurden.

Der lange Hals wird auch hier wieder von 10 Halswirbeln gebildet, die eine entsprechende Vergrößerung erfahren haben. Sie tragen sehr lange, nach hinten weisende, dünne Halsrippen, die dem Ansatz der Halsmuskulatur dienten.

Der lange, äußerst kräftig gebaute Schwanz diente dem lebenden Tier ebenfalls als Balancierorgan, um den Körper im Gleichgewicht zu halten. An den massiven Wirbeln mit ihren recht großen Fortsätzen setzten starke Muskeln an. Die Struktur der Schwanzwirbelsäule ermöglichte vertikale und seitliche Bewegungen. Gelegentlich wurde daher vermutet, daß Plateosaurus seinen Schwanz als Antriebsorgan beim Schwimmen verwendete. Dennoch haben wir es mit einer terrestrischen Form zu tun; gelegentliche Wasserausflüge können jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Plateosaurus verfügt über recht kräftig gebaute Arme, die in etwa die halbe Größe der Hinterbeine erreichen. Die fünffingrige Hand zeigt eine auffällige Reduktion der beiden äußeren Finger, welche stark an die Verhältnisse bei den Carnosauriern erinnert. Nur die ersten drei Finger der Hand tragen scharfe Krallen. Die größte Klaue findet sich am ersten Finger, dem Daumen, welcher insgesamt auch am kräftigsten ausgebildet ist. Der fünfte Finger weist, obwohl er nur recht klein und schwach ist, eine beachtenswerte Eigentümlichkeit auf: Er konnte den übrigen Fingern gegenübergestellt werden (er ist opponierbar). Damit war die Hand des Plateosaurus zum Greifen kleinerer Gegenstände geeignet.

 

Wie bewegte sich Plateosaurus fort? Lief er wie die Theropoden auf zwei Beinen oder setze er wie die Sauropoden alle vier Füße dem Boden auf? Sicherlich war es Plateosaurus möglich, sich, nur auf seinen Hinterbeinen gestützt, fortzubewegen. Aber wie eine genaue Analyse der Gelenke zwischen den Handknochen zeigt, konnten die Vorderbeine ebenfalls zur Lokomotion herangezogen werden. Die Knochen des Handgelenks sind sehr beweglich gelagert, und ermöglichten beim Aufsetzen auf dem Boden ein Abknicken der Hände nach hinten. Dabei lastete das Körpergewicht vornehmlich auf den zweiten und dritten Fingern. Die reduzierten fünften Finger bekamen keinen Bodenkontakt, ebenso wie die Daumenkrallen, die beim Gehen offenbar nach innen hoch gezogen wurden.

Der kräftige, robuste Bau der Vorderextremitäten einschließlich des Schultergürtels legen gleichermaßen eine quadrupede Fortbewegung nahe. Ebenso spricht die tiefe Aushöhlung des Schultergelenks (Fossa glenoidalis) dafür. Endgültige Bestätigung der quadrupeden Körperhaltung beim Laufen erbrachten eindeutig vierfüßige Laufspuren von Prosauropoden (z.B. Tetrasauropus aus der Molteno Formation - obere Trias/unt. Jura - Lesothos, Südafrika, Ellenberger, 1972).

Die Meinungen über die normale Körperhaltung der Prosauropoden gehen dennoch weit auseinander. Mike R. Cooper (1981) gelangt nach Analyse der Gelenkverbindungen der Extremitäten und der Muskulatur von Massospondylus aus den Red Beds der Obertrias Südafrikas zu der Ansicht, daß sich diese Form noch überwiegend biped fortbewegte. Allerdings erscheint eine dauerhafte Bipedie recht unwahrscheinlich, da das Rückgrat der Prosauropoden ziemlich langgestreckt ist und keine derart ausgeprägte Verkürzung wie das der Theropoden aufweist. Aber nur durch eine Verminderung der Rumpflänge kann das Körpergewicht optimal auf die Hinterbeine verteilt werden. Ansonsten müßte als Gegengewicht der Schwanz viel schwerer und länger ausfallen. Ein zeitweiliges Aufrichten auf den Hinterbeinen mit Abstützung durch den kräftigen Schwanz kann für alle Prosauropoden nicht ausgeschlossen werden, traut man doch selbst den massigeren Sauropoden den tripodialen Stand zu. Allerdings konnte eine derartige Haltung, bei der das Rückgrat eine fast senkrechte Position einnehmen würde, nicht über einen allzu langen Zeitraum aufrechterhalten werden. Die inneren Organe, die bei allen Dinosauriern normal mehr oder weniger horizontal ausgerichtet waren, wurden durch die Verlagerung des Gewichts ausschließlich auf die Hinterbeine und die vertikale Positur des Vorderkörpers eng aufeinandergepreßt, was über eine längere Zeitspanne sicherlich zu deutlichen Funktionsstörungen geführt hätte.

Man muß wohl für die meisten Prosauropoden eine hauptsächlich quadrupede Fortbewegungsweise annehmen. Diese spart Energie und macht größere Wanderungen möglich. Wenn Gefahr drohte und es auf ein schnelles Vorwärtskommen ankam, gingen sicherlich einige der Prosauropoden zur zweibeinigen Fortbewegung über, wobei sie das Gewicht der vorderen Körperhälfte mit ihrem kräftigen Schwanz ausbalancierten. Damit repräsentieren die Prosauropoden den Übergang von bipeder zu quadrupeder Fortbewegungsweise, allerdings mit deutlichem Hang zur letzteren (Galton, 1976).