Der Körperbau der Ornithopoden

 

Am 1. April des Jahres 1878 stießen Bergleute beim Vortrieb eines Stollens in der Steinkohlengrube Saint-Barbe nahe des belgischen Städtchens Bernissart in einer Tiefe von etwa 322 m auf helle Tonablagerungen der unteren Kreidezeit (Wealden, Berrias bis Apt). Beim weiteren Abbau kamen tiefschwarze, pyritisierte Knochen zum Vorschein, die die herbeigerufenen Paläontologen des Brüsseler Naturkunde-Museums (Institut Royal des Science Naturelles de Belgique) als Überreste von Dinosauriern erkannten. Angesichts der großen wissenschaftlichen Bedeutung dieses Fundes wurde sofort mit der Bergung der vielversprechenden Fossilien begonnen. Man zersägte die an die steinkohlenführenden Schichten angrenzende Tonablagerung in etwa 1 m3 große Blöcke, welche von Gips umhüllt und schließlich nach Brüssel ins Museum gebracht wurden. Aus Platzgründen mußte die Bergung der Überreste im Jahre 1881 eingestellt werden. Nicht weniger als 600 derartige Blöcke mit einem Gesamtgewicht von etwa 110 t hatten sich bis dahin angehäuft.

Die große Aufgabe der Bearbeitung der Funde übernahm der belgische Paläontologe Luis Dollo (1857 bis 1931). Neben 29 mehr oder weniger vollständigen Skeletten von Iguanodonten konnten die Überreste von Krokodilen, Schildkröten, Salamander, Fischen und Pflanzen der unteren Kreidezeit geborgen werden. Das erste Iguanodon-Skelett konnte bereits 1883 montiert und von einer staunenden Öffentlichkeit besichtigt werden. Bis zur Jahrhundertwende kamen vier weitere Exemplare hinzu. Noch zu seinen Lebzeiten stellte Dollo zehn Skelette "seiner" Iguanodonten in biped schreitender Positur, neben dreizehn in Fundlage belassenen Exemplaren zur Schau. Da die Funde leider unter progressiven Pyritzerfall leiden, wurde in den letzten Jahren die Anzahl der ausgestellten Tiere auf zehn herabgesetzt (Norman, 1980).

 

Große Ornithopoden (Iguanodontiden). Mit Iguanodon tritt uns exemplarisch ein Angehöriger der Ornithopoden gegenüber. Die Vogelfußdinosaurier gehören, neben den Stegosauriern, Ankylosauriern, Ceratopiern und Pachycephalosauriern, zu den Ornithischiern, der zweiten großen Gruppe der Dinosaurier, deren namensgebendes Kennzeichen eine vogelähnliche Beckenstruktur ist. Der Bauplan des Beckens wird insbesondere durch die Lage der Schambeine (Pubis) geprägt. Während bei den Saurischiern das Pubis nach vorn-unten zeigt und so dem Becken ein reptiliengemäßes Aussehen verleiht, verlagert sich der Schamknochen bei den Vogelbeckendinosauriern nach hinten und kommt direkt unterhalb des Sitzbeines (Ischium) zu liegen. Diese Konstruktion ermöglichte es auch den großen herbivoren Vogelfußdinosauriern, eine bipede Körperhaltung einzunehmen.

Pflanzenfresser, wie die Ornithopoden, Sauropoden oder Prosauropoden, müssen über ein ausgedehntes Verdauungssystem verfügen. Dieses zwang die herbivoren Saurischier zu einer quadrupeden Fortbewegungsweise. Bei den Ornithopoden vergrößert sich auf Grund der Rückwärtsverlagerung der Schambeine der für die Verdauungsorgane zur Verfügung stehende Raum. Der riesige Darm konnte sich nun zwischen den Beinen ausdehnen. Damit verlagerte sich sein Gewicht in die Beckenregion, welche direkt von den kräftigen Hinterbeinen abgestützt wurde.

Einen ähnlichen Beckenbau haben wir bereits bei dem fleischfressenden Deinonychus, einem sehr fortschrittlichen Saurischier, kennengelernt. Innerhalb der Reptilbeckendinosaurier ist dies allerdings eine bemerkenswerte Ausnahme. Die Konsequenzen, die die Rückwärtsverlagerung der Schambeine für die Fortbewegung dieser Dinosaurier mit sich bringen, wurden bereits besprochen. Sie äußern sich in einem kraftvolleren Antritt und damit in einer schnelleren Vorwärtsbewegung. Die Ornithischier, vor allem jedoch die Ornithopoden, verfügen darüber hinaus über eine Neubildung: Am Vorderende des Pubis ragt ein oft plattenförmiger Fortsatz, der Processus praepubicus oder kurz Praepubis, nach vorn, dessen Achse schräg nach außen gegen die letzten Rippen gerichtet ist und der dem Bauch eine zusätzliche Stütze gab. Damit erscheint das Becken der Ornithischier, seitlich betrachtet, vierstrahlig (tetraradiat), im Gegensatz zum dreistrahligen (triradiaten) Saurischierbecken.

Das Ischium der Vogelbeckendinosaurier ist in der Regel recht lang und besitzt bei der Mehrzahl aller Ornithopoden an der Außenseite seines Stiels einen Fortsatz gegen das parallel zu ihm verlaufende Pubis. Dieser Processus obturator greift bei einigen Arten um das Schambein deutlich herum und trägt auf diese Weise zur Stabilisierung des Beckens bei (Abb.). Allgemein wird in dieser Struktur eine weitere wesentliche Voraussetzung gesehen, auch bei größeren Körperproportionen eine bipede Körperhaltung zu ermöglichen.

Am Ilium fällt die sehr lange Vorderspitze auf, welche beim lebenden Tier als Ansatzpunkt für die Muskeln Iliotrochantericus und Iliofemoralis internus diente. Beide Muskeln inserierten seitlich an der Hinterkante des Femurkopfes und waren an der Rückwärtsbewegung des Beines beteiligt. Der Musculus iliofemoralis externus dagegen entsprang oberhalb des Acetabulums am Oberrand des Iliums, und setzte am Trochanter major, einem am oberen Oberschenkelkopf gelegenen Knochenvorsprung an. Weiterhin befindet sich unterhalb des Acetabulum im Pubis eine Öffnung (Foramen obturatorium), welche dem Durchtritt des Nervus obturatorius und eines Blutgefäßes diente.

Hinterextremität. Der Femur des Iguanodons entspricht in seiner Länge den Unterschenkelknochen. Er besitzt einen großen hängenden Trochanter quartus an seinem Hinterrand, an dem sich der Musculus caudifemoralis anheftete. Dieser Muskel nahm an den Haemapophysen (Haemalbögen) der Schwanzwirbel seinen Ursprung und diente dazu, das Bein kräftig nach hinten zu ziehen. An dem oberhalb des Trochanter quartus liegendem Kamm des Oberschenkelknochens setzte der am Ischium entspringende Musculus ischiofemoralis mit seinem unteren Ende an.

Astragalus und Calcaneus des Iguanodons sind fest mit der Tibia und der Fibula verbunden, so daß sie keine selbständigen Bewegungen mehr ausführen konnten. Die distalen Tarsalia sind zu drei niedrigen Platten umgebildet, welche zwar nicht, wie bei den Vögeln, mit den Metatarsalia verwachsen sind, aber auch keine besondere Rolle bei der Bewegung des Fußes spielten. Der Fuß selbst ist funktionell dreizehig. Die Mittelfußknochen der zweiten, dritten und vierten Zehen sind sehr kräftig. Sie verlaufen relativ steil nach oben. Somit setzten Iguanodon und mit ihm alle anderen Vogelfußdinosaurier ihre Füße nur digitigrad dem Boden auf.

Die mittlere, dritte Zehe ist die Größte der drei Laufzehen. Sie verfügt über 4 Phalangen, dagegen finden sich bei der zweiten Zehe 3 und bei der vierten 5 Glieder. Die drei Zehen enden in großen hufartigen Klauen. Während die erste Zehe bis auf den kurzen, griffelförmigen Metatarsale reduziert ist, fehlt die fünfte Zehe gänzlich. Bei Camptosaurus, einer u.a. aus den Morrison-Schichten (Ob. Jura) Nordamerikas bekannten, mit Iguanodon verwandten Form, trägt die schwache, kurze erste Zehe noch zwei Phalangen. Der kleeblattartige Fußabdruck, den die Ornithopoden in weichem Boden hinterließen, gleicht damit in seiner tridactylen Struktur den Trittsiegeln der Carnosaurier. Fossile Fußspuren von Iguanodon sind in fährtenführenden Gesteinen der unteren Kreide sehr häufig anzutreffen. Man kennt sie u.a. aus Niedersachsen (Bad Rehburg, Bückeburg), aus Bernissart (Belgien), aus Hastings in Sussex und der Isle of Wight (Großbrittannien).

Max Ballerstedt (1921) beschreibt aus dem Wealdensandstein bei Bückeburg, nahe Hannover, große zweizehige Fußspuren, die nach Othenio Abel (1935) durchaus von einem Iguanodon stammen könnten, der infolge einer Verletzung eine Zehe verloren hatte. Wie R.A. Thulborn ausführt, können zweizehige Spuren aber auch dann entstehen, wenn der Verursacher noch im Besitz aller drei Zehen ist. So hinterläßt beispielsweise der australische Laufvogel Emu (Dromaius novohollandiae) auf weichem Untergrund alle drei Zeheneindrücke, wogegen sich auf festem Boden lediglich zwei finden, da die außen liegende kleine Zehe nicht mehr auf dem Boden abgedrückt wird. Ähnliche Verhältnisse könnten zur Entstehung der Zweizeherfährte des Iguanodon geführt haben.

Die Arme des Iguanodon sind relativ lang und kräftig. Besonders interessant hierbei ist die Struktur der stark spezialisierten Hand dieses Vogelfußdinosauriers. Die zweiten, dritten und vierten Finger sind normal ausgeprägt. Sie besitzen recht lange Metacarpalia, die in kurze, eckige Phalangen übergehen und an ihren Enden recht breite, abgeflachte, hufähnliche Klauen tragen. Die Fingerknochen sind gelenkig miteinander verbunden, so daß sie analog der Zehen des Fußes rückwärts eingebogen und gespreizt werden konnten.

Der erste Finger, der Daumen, besteht aus einem sehr kurzen, scheibenförmigen Mittelhandknochen, an dem sich eine flache, plattenartige Phalange anschließt, die eine enorm große, kegelförmige Endphalange trägt. Dieser Daumendorn trug sicherlich einen scharf zugespitzten Hornüberzug. Die Achse des Daumens steht im rechten Winkel zur Unterarmachse, weist demnach von den übrigen Fingern weg. Damit gleicht er dem Daumen der menschlichen Hand. Im Gegensatz zu diesem, konnte Iguanodon seinen ersten Finger jedoch kaum bewegen und schon gar nicht den anderen Fingern gegenüberstellen. Der Daumenstachel diente somit nicht zum Greifen, sondern vielmehr als Stichwaffe bei der Verteidigung. Ebenso gut eignete sich dieser Sporn auch zum Aufwühlen bzw. Aufkratzen des Erdbodens und zum Entrinden von Bäumen.

Das Metacarpale des fünften Fingers ist sehr kurz und steht stark von den mittleren Fingern ab. Die Phalangen dieses Fingers sind sehr beweglich gelagert und verjüngen sich in Richtung der Fingerspitzen. Der fünfte Finger konnte den übrigen gegenübergestellt werden, ließ sich also nach innen zur Handfläche einwenden und diente demnach als Greifwerkzeug. Der Iguanodon konnte seine Hände zur Verteidigung, zum Graben und auch zum Ergreifen von Gegenständen nutzen.

Der Schultergürtel des Iguanodon ist ebenfalls massiv gebaut. Die Scapula (Schulterblatt) verläuft annähernd parallel zur Wirbelsäule. Die Wirbelsäule besitzt im Halsabschnitt 10, im Rückenbereich 18, in der Beckenregion 4 bis 6 und im Schwanzabschnitt etwa 46 Wirbel. Im Rücken-, Becken- und vorderen Schwanzbereich verlaufen seitlich entlang der großen Dornfortsätze der Wirbel lange, verknöcherte Sehnen, die ein diagonales Gitterwerk bilden. Sie gaben der Wirbelsäule in diesen Regionen zusätzliche Stabilität und verhinderten ihr Durchhängen.

Nach Luis Dollo (1883) bewegte sich Iguanodon auschließlich biped auf den Hintergliedmaßen fort. Den recht großen, pferdeähnlichen Kopf trug er dabei in 4,5 m Höhe. Die recht kurze Halswirbelsäule verläuft in einer deutlichen Krümmung senkrecht nach oben; der Rücken fällt in Richtung des Beckens etwas weniger steil ab. Der große, schwere Schwanz wurde bei der Fortbewegung einfach, auf dem Boden schleifend, hinterhergezogen.

Neueren Untersuchungen durch David B. Norman (1980, 1986) zur Folge, mußte Iguanodon bei normaler Fortbewegung seinen Schwanz jedoch mehr oder weniger waagerecht über den Boden gehalten haben. Sämtliche fossile Iguanodon-Fährten zeigen nur die Eindrücke der Füße, nicht aber die des angeblich hinterhergezogenen Schwanzes. Ein Anheben des Schwanzes bewirkt allerdings ein Abkippen des Vorderkörpers nach vorn-unten, so daß das Rückgrat eine horizontale Position erreicht. Die Brust des Iguanodon zeigt demnach deutlicher in Richtung Boden. Die recht langen Vordergliedmaßen, die insbesondere bei der Art I. bernissartensis etwa zwei Drittel der Länge der Hinterextremitäten besitzen, erreichten nun bequem den Untergrund und konnten zur Unterstützung der Fortbewegung herangezogen werden. Dies erklärt den Bau der drei mittleren Finger, welche als typische Lauf"finger" ausgeprägt sind. Iguanodon-Fährten aus dem oberen Jura (Purbeck) von Swanage, England sowie aus dem Wealden-Sandstein von Obernkirchen (Norman, 1980; Lehmann, 1978) zeigen neben den typischen tridactylen Eindrücken der Hinterfüße, auch kleinere, von den aufgesetzten Händen stammende Spuren.

Nach Norman (1986) muß zumindest für die ausgewachsenen Individuen der größeren und schwereren Art I. bernissartensis die quadrupede Fortbewegungsweise als normale Lokomotionsform angesehen werden. Sicherlich konnten diese Tiere auch zweibeinig laufen, nutzten es wohl aber nur dann, wenn es auf ein schnelleres Vorwärtskommen, wie z.B. bei der Flucht, ankam. Kleinere, noch nicht ausgewachsene Individuen, die im Vergleich zu den Alttieren deutlich kürzere Arme haben, liefen vielleicht überwiegend auf zwei Beinen. Sie waren auch stärker durch Räuber gefährdet als die kräftigeren Erwachsenen, glichen aber diesen Nachteil durch die Fähigkeit zu einer rascheren Flucht aus. Skelettreste von Jungtieren sind aus dem Wealden (Barreme-Apt) von Brilon-Nehden im Sauerland (Westphalen, Deutschland) bekannt. Aus ihnen gelang es, eine Rekonstruktion des Skelettes eines juvenilen Iguanodon bernissartensis von ca. 2,5 m Länge anzufertigen, welche heute neben einer Mimoplastik im Westfälischen Museum für Naturkunde Münster zu sehen ist (Abb.).

 

Kleinere Ornithopoden, wie die Fabrosauriden (z.B. Lesothosaurus aus dem unt. Jura Südafrikas), die Heterodontosauriden (z.B. Pisanosaurus oder Heterodontosaurus aus dem unt. Jura Südafrikas) und die Hypsilophodonten (z.B. Dryosaurus aus der Morrison-Form. und den Tendaguru-Schichten, Hypsilophodon aus dem Wealden Europas, Unterkreide Nordamerikas, Orodromeus aus der oberen Kreide Montanas) waren ausschließlich biped und mitunter ausgezeichnete Läufer. Sie ähneln in ihren Körperproportionen den Coelurosauriern. Ihre Hinterbeine sind außerordentlich lang und schlank gebaut. Der Femur erreicht niemals die Länge der Tibia, bleibt immer kleiner. Dies ist eine Voraussetzung für schnelle Beinbewegungen.

Am Fuß zeigt sich die Tendenz zur tridactylen Ausprägung. Die erste Zehe des etwa 1,4 bis 4 m langen Hypsilophodons ist kürzer als seine drei mittleren Zehen, bei denen insbesondere die Mittelfußknochen stark verlängert sind. Von der fünften Zehe ist lediglich noch ein rudimentäres Metatarsale vorhanden. Die Hand dieses flinken Läufers besitzt fünf Finger und ist spezialisiert für Kratzen und Zerren.

Der lange Schwanz des Hypsilophodons weist an seinem Ende eine eigentümliche Struktur auf: Die Neural- und Haemalfortsätze sind von einem Netzwerk verknöcherter Sehnen überzogen, die den Schwanz versteifen und ihn in horizontaler Position hielten (Galton, 1974). Eine ähnliche Konstruktion haben wir bereits bei Deinonychus kennengelernt. Sie half dem Tier, optimal das Gleichgewicht zu halten und erhöhte zugleich seine Wendigkeit bei schnellem Lauf.

Innerhalb der Gruppe der Hypsilophodonten finden sich neben den leichtfüßigen (kursorischen) Formen, wie Hypsilophodon, auch schwerfälligere (graviportale) Vertreter, welche ebenfalls wie die Iguanodonten quadrupede Tendenzen erkennen lassen. Die Jungtiere derartiger Formen, wie beispielsweise Tenontosaurus aus der Cloverly Formation Montanas (untere Kreide), besitzen noch einen eher kursorischen Habitus. Im Laufe ihrer Ontogenese, fossil belegt an fast zwei Dutzend Exemplaren, gehen sie dann zu dem mehr graviportalen Erscheinungsbild der Alttiere über (Dodson, 1980).

 

Die Hadrosaurier, die am höchsten entwickelten Ornithopoden, ähneln in ihrem Skelett sehr den Iguanodonten. Die auffälligsten Unterschiede bestehen im Bau des Schädels, insbesondere in der Ausbildung des namensgebenden "Entenschnabels", in der Bezahnung und in den eigenartigen kamm- oder helmförmigen Auswüchsen. Diese Besonderheiten sollen uns jedoch zunächst nicht interessieren. Am dreizehigen Fuß der Hadrosaurier fehlen das erste und fünfte Metatarsale. Weiterhin besitzen sie eine lange, schmale vierfingrige Hand, die den ersten Finger verloren hat. Der fünfte Finger ist sehr stark verkleinert und recht schlank. In der Regel enden die Finger in stumpfen, hufartig abgeflachten Endphalangen. An einigen der bereits vorgestellten "Trachodon-Mumien" aus der Oberkreide Nordamerikas ist als Abdruck die Hautstruktur über den Handknochen erhalten geblieben, welche lange Zeit als Überrest einer handschuhartig die Fingerstrahlen umfassenden Schwimmhaut angesehen wurde. Und so nahm man für die Hadrosaurier eine aquatische Lebensweise an.

Der vermeintliche Rest einer Schwimmhaut "entpuppte" sich jedoch, nachdem man an fossilen Hadrosaurierfährten aus Schichten der oberen Kreide der kanadischen Provinz Alberta die halbmondförmigen Eindrücke der Vorderbeine ausgewertet hatte, als ein verdicktes, abgerundetes Polster an der Unterseite der Hände, welches die Finger eng miteinander zu einer Art Huf verband. Die Hadrosaurier bevorzugten demnach, ebenso wie die Iguanodonten, den Aufenthalt an Land, wie bereits John H. Ostrom im Jahre 1964 vermutet hatte.

Theresa Maryanska & Halszka Osmolska (1984) analysierten die Körperhaltung der meisten fossilen Hadrosaurierskelette. Es fällt insbesondere der in U-Form stark gekrümmte Hals auf, der dadurch dem Schädel eine rückwärtige Lage gibt. Der Rücken selbst verläuft in waagerechter Position und wird durch ein dichtes Gitterwerk verknöcherter Sehnen verstärkt, welche besonders im Beckenbereich konzentriert ausgebildet sind. Damit ergibt sich für die großen Entenschnabeldinosaurier eine eher quadrupede Fortbewegungsweise, welche an die der Iguanodonten erinnert. Die Jungtiere werden überwiegend biped gelaufen sein; mit dem Erwachsenwerden wird sich jedoch ein Wechsel in der Lokomotionsform, hin zur Quadrupedie, vollzogen haben.

 

Schwimmfähigkeit bei Ornithopoden. Ausgedehnte Fährtenvorkommen der unteren Kreide (Barreme) bei Hudson Hope am Peace River in British Columbia (Kanada) zeigen u.a. Spuren, die von, dem Skelett nach noch unbekannten Vorläufern der Hadrosaurier stammen könnten. Die als Amblydactylus beschriebenen Fußeindrücke ähneln denen des Iguanodons, sind aber kürzer und breiter. Einige der Spuren liegen weit verstreut auseinander. Anscheinend stammen sie von schwimmenden Ornithopoden, die sich mit mit ihren Hinterbeinen vom Grund des Gewässers abstießen. Die Vordergliedmaßen spielten beim Schwimmen der Ornithopoden wohl keine besondere Rolle, und wurden eng dem Körper angelegt. Nach W.J. Morris (1973) könnte der hohe, seitlich abgeflachte Schwanz einiger Hadrosaurier, wie beispielsweise Lambeosaurus oder Hypacrosaurus, während des Schwimmens als Antriebsorgan eingesetzt worden sein. Demgegenüber steht jedoch die gitterförmige Struktur verknöcherter Sehnen, die seitlich entlang der Dornfortsätze verläuft und dazu diente, Rücken und Schwanz zu verstärken. Der Schwanz wäre als Ruderorgan für ein effizientes Schwimmen einfach zu steif. Hartmut Haubold (1989) weist darüber hinaus auf die rückwärts geneigten Dornfortsätze im Schwanz der Hadrosaurier hin, die ebenfalls gegen eine Eignung des Schwanzes zum Schwimmen sprechen. Tiere, deren Schwanz durch seitliche Bewegungen den Körper im Wasser vorantreibt, wie z.B. die Krokodile, verfügen dagegen über mehr vertikal verlaufende Neuralfortsätze.

 

 

Die Gruppe der Pachycephalosaurier ist in ihrer systematischen Stellung innerhalb der Ornithischier sehr umstritten. Auf Grund des bipeden Charakters der in der Regel recht kleinen Vertreter sollen sie an dieser Stelle kurz besprochen werden. Am Skelett der Pachycephalosaurier fallen insbesondere die recht kurzen Vordergliedmaßen auf, die maximal ein Viertel der Beinlänge erreichen. Im Unterschied zu den Ornithopoden besitzen die Pachycephalosaurier ähnlich wie einige Theropoden die Bauchregion schützende Gastralrippen. Eine weitere Besonderheit besteht in einer aus verknöcherten Sehnen aufgebauten, korbartigen Umhüllung der Schwanzwirbelsäule, die diese in ihrem Verlauf versteift. Damit konnten die Tiere bei ihrer bipeden Fortbewegung leichter ihren Schwanz hochhalten und so das Gewicht des Vorderkörpers effektiv ausbalancieren. Interessant aber sind die Pachycephalosaurier wegen ihrer besonders verdickten Schädeldecken (Fronto-Parietal-Region), die bei Pachycephalosaurus wyomingensis, dessen Schädel 624 mm lang ist, eine Dicke von 222 mm erreicht! Auf die Funktion des dicken Schädeldaches wird in Kapitel 2.5. bei der Betrachtung des Sozialverhaltens näher eingegangen.