Schutzstrategien

 

Der "Kampf um's Dasein" spielt sich oft als "Fressen und Gefressenwerden" ab. Und so ist es nicht verwunderlich, wenn die Organismen Maßnahmen treffen, um sich dem Zugriff von Freßfeinden zu entziehen. Während sich der Räuber immer mehr darauf spezialisiert, die Beute so effektiv wie möglich zu schlagen, entwickeln die Verfolgten zu ihrem Schutz ständig neue Anpassungen in Körperbau und Verhalten, mit deren Hilfe sie sich besser wehren oder einfach rascher entkommen können. Freßfeinden können Tiere auf unterschiedliche Weise entgegenwirken. Allerdings setzen sämtliche Formen der Feindabwehr ein rechtzeitiges Bemerken einer Angriffsabsicht voraus.

Viele Tiere schützen sich, indem sie ihre eigene Erkennbarkeit durch Tarnung verringern und so von Raubfeinden unbemerkt bleiben. Insbesondere die Körperfärbung hilft ihnen, sich an einen bestimmten Hintergrund anzugleichen. Tieren, die in sehr einförmigen Gebieten, z.B. in Wüstenregionen, beheimatet sind, genügen einheitlich gefärbte Körper, um unerkannt zu bleiben. In Landschaften, in denen infolge einer großen Vielfalt an Umgebungsstrukturen sowie durch das Wechselspiel von Licht und Schatten ein feines Raster unterschiedlicher Farben und Helligkeiten entsteht, fallen dagegen gleichmäßig getönte Körper sehr schnell auf. Als Tarnzeichnungen bewähren sich hier Muster, die die Flächen gliedern und somit auflösen. Im Wald lebende Dinosaurier könnten daher beispielsweise über in den Farben Grün, Gelb und Braun gefleckte oder gestreifte Körperzeichnungen verfügt haben. Leider können wir über die Körperfärbungen der Dinosaurier nur spekulieren. Sie sind uns fossil nicht überliefert. In Analogie zu rezenten Reptilien und Vögeln können jedoch mitunter sehr prächtige, farbenfrohe Zeichnugen angenommen werden, die unterschiedlichen Zwecken, eben auch einer Tarnung, dienten. Aber selbst die beste Tarnung nützt wenig, wenn das sie tragende Tier schnelle und auffällige Bewegungen ausführt. Das sich tarnende Tier muß im Falle einer Gefahr unbeweglich stehen bleiben, nur dann wird der angestrebte Schutz auch wirksam. Nun verwischen die Konturen, der Körper verschmilzt mit der ihn umgebenden Vegetation zu einem einheitlichen Bild und ist aus einiger Entfernung nicht mehr als solcher wahrnehmbar.

Die überwiegende Mehrzahl der Dinosaurier, vor allem aber die kleineren Vertreter der Coelurosaurier, der Fabrosauriden, der Heterodontosauriden und der Hypsilophodonten, deren Körper ideal an eine kursorische Lebensweise angepaßt war, versuchten einer akuten Auseinandersetzung mit einem Raubfeind durch eine möglichst rasche Flucht zu entgehen. Dies setzte allerdings leistungsfähige Sinnesorgane, insbesondere ein gut funktionierendes Gehör und wachsame Augen, voraus, welche die drohenden Gefahren rechtzeitig wahrnehmen konnten. Von Zeit zu Zeit unterbrachen daher die Tiere ihre augenblicklichen Tätigkeiten, beispielsweise die Nahrungsaufnahme, um ihre Umgebung nach Freßfeinden abzusuchen - ein Verhalten, das der Biologe "Sichern" nennt. Ein eventuell gesichteter Räuber wurde genau beobachtet und nicht aus den Augen gelassen. Vorsicht war geboten. Die Tiere konnten sicherlich zwischen einem bereits satten und einem nach Beute Ausschau haltenden Predator wohl unterscheiden, denn würden sie immer dann, wenn ein Raubtier erscheint, in panischer Flucht "das Weite suchen", kämen sie nie zur Ruhe. Kam jedoch der Beutegreifer gezielt näher, war es Zeit, die Flucht zu ergreifen.

M. Wade berichtete 1979 über ein ausgedehntes Fährtenvorkommen aus der unteren Oberkreide (Cenoman) von Lark Quarry, Queensland (Australien), welches auf rund 209 m2 ca. 3 300 Fußeindrücke von etwa 130 bis 150 Individuen verschiedener Dinosaurierarten enthält. Es wird angenommen, daß es sich hierbei um die Spuren wild flüchtender Saurier handelt (Abb.). Die Abdrücke können sowohl Gruppen kleinerer Ornithopoden (Wintonopus) als auch Coelurosauriern (Skartopus) zugerechnet werden. Offenbar hielten sich die Tiere am schlammigen Ufer eines Sees auf, vielleicht um zu trinken, auszuruhen oder um für Abkühlung durch ein kleines Bad zu sorgen. Neben den Spuren dieser Tiere blieb auch die Fährte eines einzelnen großen Carnosauriers (Tyrannosauropus) erhalten, der sich der friedlichen Szenerie von Norden her zunächst langsam näherte. Möglicherweise stieß der Räuber nur durch Zufall auf die Gruppe und erst nachdem er seine potentielle Beute erspärt hatte, beschleunigte er seinen Lauf. Er rannte nun mit etwa 7 bis 8 km/h auf die kleineren Dinosaurier zu. Diese müssen ihn in diesem Moment bemerkt haben, denn sie gerieten zugleich in Panik und flüchteten mit Geschwindigkeiten von 12 bis 16 km/h. Interessanterweise rannten einige von ihnen, ihren Spuren zufolge, genau auf den großen Raubdinosaurier zu. Möglicherweise schnitt der See ihnen einen anderen Fluchtweg ab oder es hatte sich von einer anderen Seite ein weiterer Raubfeind genähert, dessen Fußabdrücke nicht überliefert wurden. Denkbar wäre auch, daß durch dieses Fluchtverhalten der angreifende Carnosaurier verwirrt wurde. Dieser entschied sich schließlich dennoch für eines der flüchtenden Tiere als Beute, denn seine Spuren machen eine kleine Wendung - vielleicht schnappte er hier nach seinem Opfer. Ob seine Bemühungen von Erfolg gekrönt waren, verraten uns die Fährten jedoch nicht.

Vermutlich zeigten kleine verfolgte Dinosaurier, wie beispielsweise Hypsilophodon, ebenso wie einige rezente Tiere, ein irreguläres Fluchtverhalten. Sie schlugen beim Vorwärtseilen Haken, wechselten blitzschnell und unvermittelt die Richtungen und erschwerten es somit ihren Verfolgern, das Verhalten der davonstürmenden Beute vorauszuahnen und den sensorischen Kontakt zu ihr ständig aufrechtzuhalten. Bereits nach einer kurzen Verfolgungsjagd blieben die Jäger abgeschlagen zurück. Die bemerkenswerte Schwanzkonstruktion des Hypsilophodons unterstützte die Wendigkeit des flinken Tieres optimal (Galton, 1974). Der funktionell ähnliche Schwanz des Deinonychus muß dagegen als notwendige Anpassung an die besonderen Anforderungen des Beuteerwerbs gedeutet werden. Kleineren Formen war es darüberhinaus sicherlich möglich, sich bei Gefahr schnell ins schützende Unterholz oder in andere verbergende Umgebungsstrukturen zurückzuziehen und dort auszuharren.

Die Nutzung natürlicher Deckungen als Unterschlupf war den Sauropoden und anderen größeren Dinosauriern auf Grund ihrer Dimensionen sicherlich nur beschränkt möglich. Andererseits bietet gerade eine furchteinflößende Größe einen gewissen Schutz und hält Raubtiere von Angriffen ab, zumindest solange, wie diese deutlich kleiner bleiben. Die Carnosaurier jedoch erreichten ebenso riesige Ausmaße, jagten vielleicht zusätzlich im Rudel und ließen sich daher wohl kaum von den gewaltigen Dimensionen ihrer Opfertiere beeindrucken. Die enorme Größenzunahme ging zudem auf Kosten der Schnelligkeit auf beiden Seiten. Dennoch konnte ein flüchtender Sauropode selbst von den recht langsamen Fleischfressern rasch eingeholt und gestellt werden. Hatte er nun noch Chancen, den Angriff gut zu überstehen?

Ein von Räubern bedrängtes und in die Ecke getriebenes Beutetier nutzt, vorausgesetzt, es ist nicht durch den Schock gelähmt, in der Regel sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Verteidigungsmöglichkeiten und kämpft mit dem sprichtwörtlichen Mut der Verzweiflung um sein Leben. Dabei setzt es alles auf eine Karte. Viele Sauropoden besitzen an ihren Vorderfüßen kräftige Klauen, die von ihnen im Verteidigungsfall gegen angreifende Raubdinosaurier eingesetzt wurden. Um sie in die richtige Position zu bringen, mußten die Elefantenfußdinosaurier sich in den tripodialen Stand begeben. Nur auf den Hinterbeinen und den Schwanz gestützt, richteten sich die Riesen vor ihren Gegnern in voller Größe auf, schwenkten die Vorderbeine demonstrativ hin und her und hielten somit die Freßfeinde auf Abstand. Ein derartiges Drohen muß als ein letzter verzweifelter Versuch betrachtet werden, einem gefährlichen und eventuell aussichtslosen Kampf doch noch zu entgehen. Sollte ein Angreifer es aber dennoch versucht haben, näher heranzukommen, warf sich der Sauropode vielleicht mit seinem gewaltigen Gewicht auf ihn und zermalmte ihn unter seinen Vorderbeinen.

Selbst der lange Schwanz konnte effizient zur Abwehr anfallender Räuber dienen. Bei Diplodocus läuft er in schmalen, stabförmigen Wirbeln aus, die am lebenden Tier eine peitschenähnliche Struktur bildeten. Vielleicht schwangen einige Sauropoden ihre Schwänze drohend wie eine Peitsche von einer Seite zur anderen und verteilten an zu nahe kommende Carnosaurier kraftvolle, schmerzhafte Schläge.

Bereits im Jahre 1929 vermutete der bedeutende deutsche Wirbeltierpaläontologe Friedrich R. Freiherr von Huene (1875 bis 1969) einen derartigen Einsatz des Schwanzes als Verteidigungswaffe. Bei den Titanosauriden erlaubte die äußerst gelenkige Struktur der Schwanzwirbelsäule sogar eine scharfe Umbiegung des gesamten Schweifes von seiner Wurzel her. Der Cetiosauride Shunosaurus aus dem mittleren Jura Chinas besitzt an seiner Schwanzspitze einen verwachsenen Knochenfortsatz, der als funktionstüchtige Keule gedient haben könnte.

Der traditionellen Ansicht, die Sauropoden hätten zum Schutz vor den großen Raubdinosauriern ihrer Zeit das Wasser nahegelegener Seen aufgesucht, müssen fossil überlieferte Schwimmspuren von Carnosauriern entgegengehalten werden, die von Walter P. Coombs aus Gesteinen des unteren Juras vom "State Dinosaur Park" bei Rocky Hill in Connecticut beschrieben wurden. Es handelt sich um acht, in einem Abstand von etwa 1 m aufeinanderfolgende Fußspuren. An einigen Stellen gruben sich die Krallen sehr deutlich ein, ohne daß dabei die dreizehigen Füße besonders belastet wurden. Der Raubdinosaurier trieb folglich in recht flachen Wasser und stieß sich mit den Zehenspitzen vom Gewässerboden ab. Die Schwimmbewegung besaß einen galoppierenden Rhythmus, so daß der rechte Fuß gegenüber dem linken stets um etwa 20 cm zurückblieb. Da die Fährte ebenso plötzlich endet wie sie beginnt, muß das sie verursachende Tier zwischenzeitlich auch freie Strecken ohne jeglichen Bodenkontakt, also aktiv schwimmend, zurückgelegt haben. Diese Schwimmfährte beweist, daß Carnosaurier ebenfalls gut im Wasser vorankamen. Vielleicht konnten sie sogar besser schwimmen als die von ihnen verfolgten Sauropoden.

 

Den Dinosauriern, die sich bei der Verteidigung gegen angreifende Raubtiere problemlos auf ihren Hinterbeinen aufrichten konnten, wie beispielsweise den Prosauropoden und einigen Ornithopoden, standen ihre Vorderbeine für den Nahkampf zur Verfügung. Plateosaurus konnte mit den kräftigen Klauen seiner Hände einem Angreifer sicherlich tiefe Wunden zufügen. Seinen großen Daumenstachel führte der Iguanodon als gefährliche Stichwaffe gegen besonders verletzliche Körperpartien, z.B. die Halsregion, der ihn attackierenden Raubdinosaurier, wie Baryonyx.

Bedeutend wirkungsvollere Verteidigungsstrukturen entwickelten allerdings die quadrupeden Ornithischier (Stegosaurier, Ankylosaurier und Ceratopier). Sie verfügten über zum Teil recht bizarr anmutende Kombinationen aus passiven Schutz gewährenden Panzerungen und aktiv einsetzbarer Bewaffnung.

 

An lebende Panzerwagen müssen die Ankylosaurier erinnert haben. Ihr Schädel, Hals, Rumpf und Schwanz trägt ein sehr variables Mosaik größerer und kleinerer verknöcherter Hautverdickungen (Knochenplatten, Osteoderme), aus denen durch Verwachsung ein geschlossener Rückenpanzer entstand, der selbst gegen die Zähne und Krallen der großen Carnosaurier einen wirksamen Schutz bot. Die Oberfläche der Knochenpanzerung war am lebenden Tier ohne Zweifel von einer dicken Hornschicht überzogen.

Am Schädel schließen die Hautverknöcherungen die Schädelöffnungen (Antorbital- und Supratemporalfenster). Eine Schicht polygonaler Knochenplatten bedeckt die Oberfläche des Schädels sowie dessen Außenseiten. Selbst am Unterkiefer finden sich verknöcherte Hautverstärkungen. So macht der kurze, breite Schädel einen kompakten Eindruck.

Nacken und Rumpf werden durch in die Haut eingebettete höckerartige und spitze Knochenschilder gut geschützt. Mehr oder weniger lange Stacheln, die vom Rücken und von den Schultern nach außen ragen können, erhöhten die Wirksamkeit der passiven Verteidigung. Stacheln sitzen oft auch entlang des recht langen Schwanzes, der zusätzlich einen geschlossenen Panzer aus Knochenringen tragen kann. Wie Othenio Abel (1922) feststellt, besaßen sicherlich nur die größeren Hautstacheln einen Knochenkern, der die Chance hatte, fossil überliefert zu werden. Es müssen daneben weitere kleinere, epidermale Hornstacheln ohne knöcherne Kerne angenommen werden, die nicht erhalten blieben.

Rekonstruktionen der Ankylosaurier stellen oftmals recht problematische Kombinationen der Merkmale verschiedener Formen dar. Nur wenige Gattungen sind durch ihre fossilen Überreste so gut bekannt, daß von ihnen gesicherte Lebensbilder erstellt werden können. Die Nodosauriden sollen exemplarisch durch die aus der Cloverly Formation (Unterkreide) Wyomings und Montanas stammende Gattung Sauropelta vorgestellt werden (Carpenter, 1984). Von dieser recht schwer gebauten, etwa 5 m langen Form liegen fossilisierte Hautüberreste vor, die ein genaues Bild der Panzerung des Tieres vermitteln (Abb.).

Den Rücken von Sauropelta bedecken, am Hals beginnend, rundliche, kleinere und größere Knochenschilder, die, insbesondere über den hinteren Rumpfabschnitt, in der Art mehrerer hintereinander laufender Gürtel angeordnet sind. Seitlich an Hals und Schulter ragen große dreieckige Dornen hervor, die in hohlen, abgeflachten Platten bis in den Schwanz übergehen und dort als Knochenzacken ausgeprägt sind.

Ein weiterer Nodosauride ist der etwa 5 m lange Polacanthus aus dem Wealden der Isle of Wight. Sein langer, niedriger Körper trägt auf dem Rücken- und Lendenbereich eine Doppelreihe größerer, hochstehender Knochenstacheln. Zwischen ihnen und seitlich darunter sitzen viele kleinere Dornen. Ein massiver, mit Buckeln und sicherlich auch mit Hornstacheln gepanzerter Knochenschild bedeckt den hinteren Rückenabschnitt und die Beckenregion. Am Schwanz ziehen sich paarweise knöcherne Kammplatten entlang, die von der Beckenregion bis zum Schwanzende immer niedriger werden (Blows, 1987). Neben einer passiven Verteidigung durch einen massiven Rückenpanzer muß die Möglichkeit einer aktiven Gegenwehr durch gezielte Schwanzschläge und eventuell selbst durch die Schulterstacheln angenommen werden.

Die Ankylosauriden sind in der Regel stärker gepanzert als die Nodosauriden. Der massive Rückenpanzer des aus Schichten der Oberkreide (unteres Senon) der Mongolei bekannten Talarurus trägt Knochenplatten, die eine Dicke von ca. 5 cm erreichen können. Ein späterer Ankylosauride, der aus der obersten Oberkreide Nordamerikas beschriebene, etwa 6 m lange Euoplocephalus (Scolosaurus) ist unter anderem durch ein sehr gut erhaltenes Exemplar bekannt, welches über große Teile des Körpers die Anordnung der charakteristischen Hautpanzerung erkennen läßt (Abb.).

Am gut gepanzerten Schädel des Euoplocephalus fallen die recht kräftigen Hörner auf, die an den äußeren Ecken nach hinten vorragen. Selbst die Augenlider wurden durch Knochenplatten geschützt. Den kurzen Hals bedecken dicke und recht große Nackenplatten. Der Rücken dieses Panzerdinosauriers trägt mehrere quer zur Längsachse hintereinander verlaufende, breite Gürtel, gebildet aus in regelmäßigem Abstand zueinander stehenden, größeren rundlichen Osteodermen mit stumpfen Stacheln, zwischen denen kleinere zusammenhängende Plättchen liegen. Die einzelnen Gürtel sind durch schmalere Bänder aus dicker Haut getrennt, welche eine gute Beweglichkeit des massiven Panzers gewährleisten. Zusätzlich könnten Nacken, Schultern und Rumpf durch stumpfe, aufragende Stacheln bewehrt gewesen sein. Die Vorderbeine tragen dachziegelartig angeordnete Hautknochen, die spitze Grate zeigen. Auch die Haut des Schwanzes ist mit vielen kleinen Knochenplättchen durchsetzt. In seinem vorderen Abschnitt besitzt der etwa 2,5 m lange Schweif kleinere und größere Dornen, die aus der übrigen Panzerung paarweise hervorragen.

Auch die Knochenstruktur des Schwanzes ist interessant. Die hinteren Schwanzwirbel sind miteinander verschmolzen und über verknöcherte Sehnen versteift. Mehrere zu einer Einheit verwachsene Knochen bilden am Ende des Schweifes eine enorme Keulenstruktur, deren Gewicht auf 30 kg geschätzt wird (Abb.). Auf Grund der in seinem vorderen Drittel beibehaltenen erstaunlichen Beweglichkeit, konnte der muskulöse Schwanz als wirksame Waffe schwungvoll gegen angreifende Raubdinosaurier eingesetzt werden, wobei die Schwanzkeule kraftvolle Schläge austeilte. Ein gezielter Schlag konnte wahrscheinlich dem Angreifer die Beine brechen und damit dessen Todesurteil unterzeichnen. Ein Raubdinosaurier, dessen Extremitäten gebrochen waren, war nicht mehr in der Lage, auf Nahrungssuche zu gehen. Er mußte quasi verhungern, ja er konnte nicht mal mehr dafür sorgen, daß er nicht selbst das Opfer anderer hungriger Fleischfresser wurde.

Die Ankylosaurier waren sehr wehrhafte Tiere, die sicher nur in den seltensten Fällen von den großen Carnosauriern ihrer Zeit angegriffen wurden. Nur ein Raubdinosaurier, der bereits sehr lange gehungert hatte, wird den Mut aufgebracht haben, sie zu attackieren. Wir können uns vorstellen, wie beispielsweise ein Tyrannosaurus um einen Ankylosaurus langsam, mit größter Vorsicht herumschlich, um Schwachstellen in der Panzerung des möglichen Opfertieres auszukundschaften. Der Rücken bot keinerlei Angriffspunkte, die Panzerung war perfekt. Lediglich der Bauch des Ankylosaurus war recht ungeschützt. Der Carnosaurier mußte also versuchen, den etwa 3 t schweren Panzerdinosaurier, am besten ganz plötzlich mit einem gewaltigen Stoß eines seiner Hinterbeine, auf den Rücken zu werfen. Wir können uns weiterhin vorstellen, wie der angegriffene Ankylosaurier seinen gefährteten Bauch flach gegen den Boden drückte, und gleichzeitig auf eine Möglichkeit wartete, dem ihn bedrängenden Carnosaurier einen gewaltigen Schlag mit seiner Schwanzkeule zu verpassen, und so der unangenehmen Situation ein schnelles Ende zu bereiten.

Ein sehr ungewöhnlicher Panzerdinosaurier ist die aus Unterkreidegesteinen der Bungil Formation Australiens beschriebene Gattung Minmi. Sie wird allgemein zur Gruppe der Nodosauriden gezählt, fällt jedoch durch ihren reduzierten Rückenpanzer auf. Der Abbau der Panzerung geht einher mit einem Übergang zu mehr kursorischer Lebensweise. Dieser kleine Dinosaurier flüchtete wohl eher vor einem angreifenden Raubfeind als daß er sich auf eine akute Auseinandersetzung mit ihm einließ (Molnar & Frey, 1987).

 

Gepanzerte Sauropoden. Im Jahre 1929 wurden in der Oberkreide Argentiniens die Knochen eines Titanosauriden gefunden, in deren unmittelbarer Nähe Überreste von Hautpanzerungen zum Vorschein kamen, welche zunächst als Lorikosaurus einem dem Skelett nach bisher unbekannten Ankylosaurier zugeschrieben wurden. Wie sich viele Jahre später durch Funde der Titanosauriden Saltasaurus und Laplatasaurus herausstellte, handelte es sich jedoch nicht um die Reste eines Panzerdinosauriers, sondern eindeutig um die überlieferte Haut des Sauropoden (Bonaparte & Powell, 1980). Dementsprechend verfügten auch die Titanosauriden über einen Schutzpanzer, welcher von kleineren und größeren, rundlichen bis vieleckigen Knochenplatten gebildet wurde, die in der Haut des Rückens und der Flanken eingebettet waren.

Die genaue Anordnung der Rückenpanzerung zu bestimmen, ist außerordentlich schwierig, da die einzelnen Elemente nur weitgehend zerstreut und nicht in ihrer ursprünglichen Lage erhalten geblieben sind. Weitere Hinweise auf einen Rückenpanzer bei Titanosauriden wurden auch aus der oberen Kreide Spaniens beschrieben (Sanz & Buscaloni, 1987).

 

Das Charakteristikum der Stegosaurier sind die entlang der Hals-, Rücken- und Schwanzpartie verlaufenden Knochenplatten und -stacheln, die den ungewöhnlichen Tieren zu ihrem deutschen Namen verhalfen: "Stacheldinosaurier". Diese Strukturen, welche am lebenden Tier von dicken Hornscheiden überzogen waren, saßen, im kollagenen Gewebe eingebettet, tief in der Haut der Tiere und standen weder mit den Wirbeln des Rückgrats noch mit anderen Knochenelementen in gelenkiger Verbindung. Seit Ch. W. Gilmore (1914) werden sie im Zusammenhang mit der Schutzfunktion interpretiert. Die das Rückgrat bedeckenden (dorsalen), fast senkrecht stehenden Plattenreihen bildeten im Verteidigungsfall einen passiven Schutz, machten das sie tragende Tier, zumindest von oben her, unangreifbar. Allerdings waren in diesem Fall die Flanken des Tieres ungeschützt.

Nach Beverly L. Halstead (1975) und Robert T. Bakker (1986) konnten die schützenden Knochenelemente jedoch durch die Hautmuskulatur zu den Seiten hin verlagert werden. Diese Vermutung bestätigende spezielle Anpassungen, wie beispielsweise einen für die Beweglichkeit erforderlichen Muskelansatz, konnten allerdings noch nicht nachgewiesen werden. Darüber hinaus hätten bewegliche Panzerplatten oder -stacheln nur wenig zur Abschirmung der Flanken beitragen können, besonders bei Formen mit recht kleinen derartigen Knochenstrukturen.

Das Ende des kräftigen Schwanzes der Stegosaurier wird in der Regel durch vier Schwanzdornen bewehrt, die am lebenden Tier vielleicht in einer Reihe verliefen. Eine größere Wahrscheinlichkeit besitzt jedoch eine paarige Anordnung der auch als "Teufelshörner" bezeichneten Strukturen, wobei sie zusätzlich leicht nach außen wiesen. Ein im Jahre 1896 gefundenes unvollständiges Skelett der Art Stegosaurus ungulatus wies nach seinem Entdecker Othniel Charles Marsh acht Schwanzstacheln auf, welche in vier Paaren am Ende des Schwanzes emporragten. Fossil überlieferte Schwanzdornen erreichen häufig eine Länge von mehr als 50 cm, bei Stegosaurus longispinus sind sie sogar über 1 m lang. Am lebenden Tier waren sie von einer äußerst spitz zulaufenden Hornummantellung umgeben, die eventuell sogar eine Zunahme der Dornenlänge bedingte.

Der Schwanz der Stacheldinosaurier selbst konnte, nach der Struktur der Wirbel und der Muskelansätze zu schließen, durch eine kräftige, ihn bewegende Muskulatur schnell seitlich hin- und hergeschleudert werden und so enorme Schläge austeilen. In Kombination mit den langen, gefährlichen Dornen diente er als eine gigantische Schlachtkeule, die angreifenden Räubern große Wunden zufügen konnte. So treten uns die Stegosaurier als recht wehrhafte Dinosaurier entgegen, die nicht beim Anblick eines der großen Raubdinosaurier ihrer Zeit (beispielsweise Allosaurus) flüchteten, sondern im Vertrauen auf ihre Wehrhaftigkeit gemächlich einem eventuellen Angriff entgegensahen.

Potentielle Raubfeinde wurden sicherlich bereits durch die optische Imponierwirkung der Panzerstacheln bzw. -platten abgeschreckt und gingen einer direkten Konfrontation lieber aus dem Wege. Vielleicht stellten die Stegosaurier ihre Verteidigungsstrukturen demonstrativ zur Schau. In diesem Fall wäre auch eine sehr auffällige Körperzeichnung, vielleicht in den Farben Gelb und Rot, unterbrochen durch dunklere Bänder oder Flecken, anzunehmen, die Interesse bekundende Beutegreifer vor einem Angriff warnt, etwa nach dem Motto: "Achtung, Tier wehrt sich!" Angreifer, die mit einem Stegosaurier bereits unangenehme Erfahrungen gesammelt hatten, prägten sich diese Kontrastmuster vielleicht sehr leicht und nachhaltig ein und nahmen von derart gezeichneten Tieren in Zukunft Abstand.

Kam es dennoch zu einer Auseinandersetzung beispielsweise mit einem noch recht unerfahrenen oder aber besonders hungrigen Räuber, versuchten die Stacheldinosaurier möglicherweise durch ein betont bedrohliches Hin- und Herpendeln ihres dornenbewehrten Schwanzes, den Angreifer von weiteren Aktionen abzuhalten. Gelang dies nicht, schlugen sie mit ihrem Schwanz schwungvoller, eventuell sogar gezielt, nach den Seiten aus und schützen dadurch zugleich ihre recht offenen Flanken. Einem Stegosaurier konnten die Raubdinosaurier somit kaum von hinten oder von den Seiten her beikommen.

Ein hungriger Carnosaurier war gezwungen, eine wehrhafte Beute durch einen Überraschungsangriff schnell zu töten, um einer für ihn gefährlichen Gegenwehr aus dem Wege zu gehen. Dies gelang am ehesten durch einen Angriff auf besonders verletzliche Körperstellen, wie beispielsweise den Nacken, der Beute. Der Hals der Stegosaurier wurde vor dem Biß eines angreifenden Räubers durch die schräg gestellten Halsplatten optimal bewahrt. Ein Stacheldinosaurier mußte im Verteidigungsfall lediglich seinen Kopf senken. Die knöchernen Platten deckten den gesamten gefährdeten Halsbereich lückenlos ab und gaben einem von vorn agierenden Räuber keinen Angriffspunkt für einen tödlichen Nackenbiß.

Die größten Unterschiede zwischen den einzelnen Vertretern der Stegosaurier bestehen in der Gestalt der schutzgebenden Platten und Stacheln. Bei den meisten Gattungen dominieren die Knochenstacheln. Der aus dem oberen Jura Englands und Portugals bekannte, recht primitive Dacentrurus (Omosaurus) besaß überhaupt keine Panzerplatten; es konnte lediglich das Vorhandensein von Stacheln nachgewiesen werden. Huayangosaurus aus dem mittleren Jura Chinas, der bislang geologisch älteste Vertreter der Stegosaurier, von dem ein 4,30 m langes, nahezu vollständiges Skelett vorliegt (Zhou, 1984), trägt auf seinem Hals und vorderen Rumpfabschnitt relativ kleine knöcherne Platten, die in Richtung Schwanz zunehmend die Form von Stacheln annehmen.

Die gleichen Verhältnisse finden wir auch am Skelett des aus den Tendaguru-Schichten Ostafrikas bekannten Kentrosaurus (Kentrurosaurus) aethiopicus, welches im Naturkunde-Museum der Humboldt-Universität Berlin ausgestellt wird. Es verfügt über 15 Panzerelementpaare, von denen einige original erhalten sind, andere jedoch ergänzt wurden. Über Hals und vorderen Rückenabschnitt ziehen sich sechs Plattenpaare, die über ein in seiner Gestalt zwischen Platten und Stacheln vermittelndes Knochenelementpaar in sieben Stachelpaare zum Schwanz hin übergehen. Das 15. Stachelpaar fällt durch seine breiten, abgeflachten Basen auf. Nach Werner Janensch und Edwin Hennig (1915), die für die Aufstellung der ostafrikanischen Dinosaurier im Berliner Museum verantwortlich waren, standen diese Stacheln mit den an ihren Rückseiten ähnlich flachen Darmbeinen in Verbindung. Dementsprechend zeigt die Berliner Skelettrekonstruktion des Kentrosaurus ein von den Hüften ausgehendes, nach hinten ragendes zusätzliches Beckenstachelpaar (Parasacralstacheln). Ein ähnliches Stachelpaar mit langen abgeflachten Basen besitzt auch der chinesische Tuojiangosaurus aus dem oberen Jura. Hier stehen die langen Dornen aber über den Rückseiten der Schulterblätter nach hinten als Schulterstacheln ab. Es ist daher durchaus anzunehmen, daß auch Kentrosaurus anstelle seiner Hüftstacheln über Schulterdornen verfügte. Derartige Schulterstacheln schützten den vorderen Flankenbereich, was bedeutend wichtiger war als der recht zweifelhafte Schutz der vorderen Schwanzregionen durch die Beckendornen, die zudem eventuell sogar die seitliche Beweglichkeit des Schwanzes bei der Verteidigung beeinträchtigten. Die übrigen Panzerstrukturen des Tuojiangosaurus besitzen eine recht einheitliche kegelförmige Gestalt, welche zwischen Platten und Stacheln vermittelt.

Bei Stegosaurus, der namensgebenden Gattung der Stacheldinosaurier, besteht die Panzerung fast ausschließlich aus Knochenplatten. Stacheln finden sich lediglich auf dem letzten Schwanzabschnitt. Die ersten, damals noch sehr unvollständigen Überreste eines Stegosaurus wurden im Jahre 1876 von Othniel Charles Marsh in den Sandsteinen der Morrison Formation Colorados entdeckt. Seitdem wurden immer wieder neue Skelettrekonstruktionen veröffentlicht. Als besonders problematisch erwies sich dabei die exakte Bestimmung der ursprünglichen Anordnung der Knochenplatten, die den Körper dieser eigenartigen Tiere bedeckten. Da die Platten lediglich in der Haut eingebettet waren und keinerlei Gelenkverbindung zu anderen Skelettelementen besaßen, lösten sie sich nach dem Tode des Tieres mit zunehmenden Verwesungsprozeß schnell ab, gingen leicht verloren und blieben nicht mehr in ihrer einstigen Lage erhalten.

Zunächst wurden die Stegosaurier im Sinne des Ankylosauriertyps rekonstruiert. Die Panzerplatten bildeten hierbei dachziegelartig übereinander geordnet einen schildkrötenähnlichen Rückenschild. Ein in den Jahren 1885 bis 1886 geborgenes, fast vollständiges und noch im Skelettverband befindliches Exemplar der Art Stegosaurus stenpos zeigte jedoch deutlich, daß die Knochenplatten oberhalb der Wirbelsäule über Hals, Rücken und Schwanz fast senkrecht emporragend verliefen. Neue Fragen wurden aufgeworfen: Wieviele Platten waren es ursprünglich? War die Panzerung vollständig überliefert oder fehlten einige Platten? Und wie standen die schutzgebenden Panzerelemente zueinander?

Das 1885 gefundene, gut erhaltene Stegosaurus-Exemplar verfügt über insgesamt 17 Knochenplatten, die in einer Reihe entlang der Mittellinie des Körpers positioniert, bequem auf Hals, Rücken und vorderem Schwanzabschnitt untergebracht werden können. Und so publizierte Othenio Abel (1908) eine Rekonstruktionsvariante mit einer einzigen Plattenreihe, wobei die einzelnen Panzerelemente durch Hautsäume miteinander verbunden waren. Diese Darstellung ist besonders deshalb bedeutungsvoll, da sie von einer aufgerichteten, säugerähnlichen Beinhaltung der Stegosaurier zeugt.

Ch. W. Gilmore kam im Jahre 1914 nach eingehenden Analysen sämtlicher damals bekannter Stacheldinosaurierfunde zu der Überzeugung, daß sich am Körper des Stegosaurus zwei Reihen Panzerplatten entlang zogen. Möglicherweise standen die Platten paarweise hintereinander. Allerdings besitzen von allen überlieferten Knochenplatten niemals zwei die gleiche Größe und Gestalt, bildeten daher auch keine Paare. Im vorderen Körperabschnitt zeigen die Elemente dagegen deutliche Überlappungen. Diese Erkenntnis führte zu Rekonstruktionen (z.B. Abel, 1920) mit doppelreihigen Plattenanordnungen, wobei allerdings die Elemente nicht in Paaren hintereinanderstanden, sondern versetzt zueinander (alternierend) - eine Auffassung, die im wesentlichen bis heute allgemein akzeptiert wurde. Erst nach einer neueren Untersuchung des 1885/86 geborgenen Exemplares durch Stephen A. Czerkas (1987) wurde auf die früher vermutete einreihige Anordnung der Platten entlang der Mittellinie von Hals, Rücken und Schwanz zurückgegriffen. In diesem Fall wäre das betreffende Stegosaurus-Exemplar in seiner Panzerung vollständig überliefert.

Jede Platte ist, wie aus der vorgefundenen Lage der Überreste deutlich hervorgeht, entweder von einer größeren oder einer kleineren benachbart. Die oberen Abschnitte der Elemente überlappen sich teilweise im Hals- und vorderen Schulterbereich. Ein eindeutiger Beweis für das Vorhandensein einer doppelreihigen Anordnung kann daraus jedoch nicht gezogen werden, läge er doch nur dann vor, wenn eine Überlappung der unteren Abschnitte der Knochenplatten, also deren Basen, mit denen sie in der Haut der Tiere verankert waren, nachzuweisen ist. Dies ist jedoch nicht der Fall, und so muß von einer einreihigen Anordnung ausgegangen werden. Die Basen variieren allerdings von einer zur nächsten Platte. Die Panzerstrukturen im vorderen Körperbereich besitzen sehr kurze Basen, die im Querschnitt breit und zusätzlich asymmetrisch, d.h. an einer Seite dicker als an der anderen, sind (Abb.). Die Basen der entlang des Rückens in Schwanzrichtung verlaufenden Platten werden dagegen zunehmend schmaler und erreichen in ihrer Länge die der gesamten Platte.

Anhand der Form und Ausgestaltung der unteren Plattenabschnitte können Rückschlüsse auf deren Befestigung in den muskulösen Weichteilen des Körpers gezogen werden. Noch heute erkennbare Einfaltungen dienten der Verankerung der Platten im kollagenen Gewebe. Die Platten des Rücken- und Schwanzbereiches verfügen über sehr deutlich ausgeprägte Anwachsstellen. Sie saßen demnach sehr tief und fest in einem erhöhten Bindegewebswulst über den Wirbeln. Infolge der im Querschnitt symmetrischen Gestalt ihrer Basen müssen sie fast gerade und aufrecht hervorgeragt haben. Dagegen standen die Platten mit asymmetrischen Basen im vorderen Körperabschnitt mit leichter Neigung abwechselnd links und rechts nach außen. Dies war allein schon deshalb nötig, da diese Knochenelemente in ihrem mittleren Abstand mitunter fast dreimal so lang wie ihre Basen sind und sich folglich bei gerader Position gegenseitig behindert hätten. Eine derartig schräge, gegensätzliche Plattenausrichtung bewirkt, seitlich betrachtet, ein versetzt überlappendes Muster, welches den Bearbeitern Anfang des 20. Jahrhunderts aufgefallen war und sie zu jener doppelreihig-alternierenden Plattenanordnung veranlaßt hatte.

Die Gattung Stegosaurus muß als eine Extremform innerhalb der Gruppe der Stacheldinosaurier angesehen werden. Sie erreichte den Höhepunkt in der Ausbildung von Panzerplatten. Andererseits trugen die Platten nicht viel besser zur Verteidigung bei als die Knochenstacheln primitiverer Formen. So hätte eine Zunahme der Größe der Stacheln und eventuell deren Anzahl völlig genügt, um die Panzerung und damit den erreichbaren Schutz zu vervollkommnen. Wieso entwickelten sich aber Knochenplatten, die zudem aller Wahrscheinlichkeit nach noch in einer Reihe angeordnet waren?

Die Vermutung, daß die Platten zusätzliche Aufgaben erfüllten, liegt nahe. Sie vergrößerten in ihrer Gesamtheit die effektive, für den Wärmeaustausch zur Verfügung stehende Oberfläche der Stegosaurier, und so werden die Platten mit Farlow, Thompson & Rosner (1976) funktionell auf die Thermoregulation bezogen. Vielleicht waren die Knochenplatten am lebenden Tier anstelle einer dicken Hornschicht von einer stark durchbluteten Haut überzogen und nahmen je nach Bedarf Sonnenwärme auf bzw. gaben überschüssige Körperwärme an ihre Umgebung ab. Stegosaurus könnte in den frühen Morgenstunden über seine Platten Wärme absorbiert haben, indem er sich mit seiner Breitseite zur Sonne ausrichtete. Infolge der flachen Form und der großen Oberfläche heizten sich die Platten äußerst schnell auf, das in der Haut zirkulierende Blut führte die aufgenommene Wärme ab und transportierte sie in andere kühlere Körperbereiche. Später am Tage konnte ein eventuell bestehender Wärmeüberschuß problemlos abgestrahlt werden, allerdings mußte er sich nun in Längsrichtung zur Sonne aufhalten. Dann wurden nur die schmalen oberen Plattenkanten von der Sonne beschienen, der Kopf befand sich im Schatten des Körpers und die schräg versetzt geneigten Platten in der Hals- und vorderen Schulterregion bewirkten eine frische Luftströmung (Konvektionsströmung), die beständig zunächst den vorderen Bereich des Körpers abkühlte und dann zunehmend auch den hinteren. Versuche im Windkanal bestätigten dies. Allerdings trägt ein doppelreihig-alternierendes Muster der Plattenanordnung noch besser zur Abkühlung des Körpers bei.

War nun Stegosaurus endotherm oder ectotherm? Ectotherme Tiere sind auf die Umgebungswärme angewiesen, verfügen also über Strukturen, die die Wärmeaufnahme begünstigen, vor allem solche, die einen die nutzbare Oberfläche vergrößernden Effekt erzielen. Die Platten könnten also als ein Indiz für einen ectothermen Organismus betrachtet werden. Andererseits könnten die Platten vorrangig auch zum Abkühlen gedient haben. Sie sollten dann den eventuell endothermen Stegosaurus vor einer gefährlichen Überhitzung bewahren. Letztere Annahme ist wahrscheinlicher, da Stegosaurus, nach den Fundumständen zu schließen, in recht trockenen und warmen Gebieten lebte.

Stegosaurier, deren Panzerung vorrangig von Stacheln gebildet wurde, zeigen nur im vorderen Körperabschnitt plattenförmige Strukturen. Sie blieben auch deutlich kleiner als Stegosaurus. Bei ihnen war die Thermoregulation anscheinend nur von geringerer Bedeutung, da sie auf Grund ihres kleineren Körpers über eine relativ größere Oberfläche verfügten. Mit Zunahme der Körpergröße bei Stegosaurus wuchs die Notwendigkeit wirkungsvolle Abstrahlflächen zu schaffen.

An dieser Stelle macht sich ein kleiner Ausflug zu anderen Dinosaurierformen erforderlich, die ebenfalls über spezielle Einrichtungen verfügen, welche zur Thermoregulation eingesetzt wurden. Eine Reihe unterschiedlicher Dinosaurier entwickelten getrennt voneinander außerordentlich verlängerte Dornfortsätze, die am lebenden Tier ein spetakuläres Rückensegel bildeten. So besitzt der etwa 7 m lange Ornithopode Ouranosaurus aus der Unterkreide (Apt) des Nigers Neuralfortsätze, welche bis 50 cm Länge erreichen. Bei dem fast zeitgleich lebenden Carnosaurier Spinosaurus aus Nord-Afrika (Ägypten, Niger, Algerien, Marokko) werden sie gar bis 1,6 m lang. Der Brachiosauride Rebbachisaurus, den man aus Schichten des oberen Juras und der unteren Kreide des gleichen Gebietes kennt, verfügt ebenso über verlängerte Dornfortsätze. Warum entwickelten so unterschiedliche Tiere derart ähnliche Strukturen?

In dem Gebiet, in denen man die Überreste dieser Formen gefunden hatte, herrschten zu den damaligen Zeiten äußerst hohe Temperaturen in Verbindung mit einer großen Luftfeuchtigkeit. Der Rückenkamm wirkte mit seiner großen Oberfläche unter diesen Bedingungen als idealer Kühlkörper, half er doch den Tieren, während der heißesten Tageszeiten ihren Körper vor Überhitzung zu schützen. Der Kühleffekt konnte zusätzlich dadurch unterstützt werden, indem die Tiere ihre Rückensegel ins Wasser tauchten.

Aus Argentinien stammt der Amargosaurus, ein Sauropode aus der näheren Verwandtschaft des Dicraeosaurus, der unter vergleichbaren klimatischen Extremen lebte. Auf Grund seines recht kurzen Halses gelang es ihm nur schlecht, überschüssige Körperwärme an seine Umgebung abzuführen. Zum Ausgleich besitzt dieser Elefantenfußdinosaurier ebenfalls extrem verlängerte Dornfortsätze, die am lebenden Tier ein thermoregulatorisches Rückensegel spannten. Tiere, die unter vergleichbaren Bedingungen, wenn auch in verschiedenen Regionen existieren, entwickeln unabhängig voneinander ähnliche Strukturen, die die gleichen Funktionen erfüllen (konvergente Entwicklung).

Doch nun zurück zu den Stegosauriern! Eine Nutzung der Platten für den Wärmeaustausch widerspricht der eingangs geäußerten Schutzfunktion. Wenn die Knochenelemente am lebenden Tier lediglich von einer gut durchbluteten Haut umgeben waren, konnten sie keineswegs zur passiven Verteidigung herangezogen werden. Die Gefahr einer Verletzung und eines enormen Blutverlusts war in diesem Fall zu groß. Buffrenil, Farlow & de Ricqles (1984, 1986) untersuchten den inneren Aufbau der Panzerplatten. Nach ihrer histologischen Analyse sind die Elemente nicht massiv, sondern sehr leicht gebaut, weisen in ihrem Innern kleine Hohlräume auf, die eine wabenartige Konstruktion bedingen. Die innerlich porösen Platten wurden anscheinend gut durchblutet. Blutgefäße verliefen möglicherweise nur innerhalb der Knochensubstanz. Folglich könnten die Strukturen außen von einer dicken Hornummantellung geschützt worden sein, und so beide angesprochenen Funktionen, Thermoregulation und Panzerung, zugleich erfüllt haben. Darüberhinaus sind zusätzliche Aufgaben als Sexual- oder Imponiermerkmale durchaus denkbar.

 

Im Gegensatz zu den Schildträgern (Thyreophora: Stegosaurier und Ankylosaurier) besitzen die Ceratopier keine knöcherne Körperpanzerung. Ihre Haut bedeckten eher kleine epidermale Hornplättchen, die kaum den scharfen Zähnen und kräftigen Klauen eines attackierenden Räubers standhalten konnten. Dennoch gehörten die Horndinosaurier zu den besonders wehrhaften Dinosaurierarten. In ihrem äußeren Erscheinungsbild gleichen sie heutigen Nashörnern. Und die Mehrzahl ihrer Vertreter verfügt auch über ein recht kräftiges Horn auf ihrer Schnauzenspitze (Nasalia). Darüber hinaus ragen bei einigen Formen beiderseits über den Augen weitere spitze Hörner, die sogenannten Supraorbitalhörner, hervor.

Bei der Verteidigung gegen einen Raubfeind rannten die Ceratopier sicherlich schnell auf den Angreifer zu und versuchten mit voller Kraft, ihre spitzen Hörner ihn in den Leib zu rammen. Den mächtigen Stößen konnten die verstärkten Bauchrippen der Carnosaurier nur bedingt entgegenhalten, so daß der Räuber schlimm verletzt das Weite suchen mußte. Ein Angriff von vorn war damit aussichtslos. Beispielsweise einen Triceratops erfolgreich zu überwältigen, hieß für einen Tyrannosaurus, blitzschnell und überraschend anzugreifen, äußerst verletzbare Körperbereiche zu attackieren und so den Horndinosaurier gleich beim ersten Versuch zu töten.

Besonders gefährdet bei Angriffen von Freßfeinden ist die Halsregion. Zu ihrem Schutz besaßen die Ceratopier einen vom Schädel (aus Parietalia, Interparietalia und Squamosa) gebildeten Nackenkragen, welcher bei einigen Formen erstaunliche Ausmaße annahm. So erreicht der Schädel des etwa 7,5 m langen Torosaurus aus der obersten Oberkreide Nordamerikas bereits eine Länge von 2,5 m und überdeckt so mit seinem gewaltigen Nackenschild fast den halben vorderen Rumpfbereich. Der Nackenkragen diente weiterhin als Ansatzpunkt der Kopf und Kiefer bewegenden Muskeln.

Die Vielgestaltigkeit der Ceratopier-Schädel ist gegenüber der sehr ähnlichen restlichen Skelettanatomie sehr bemerkenswert. Sie läßt sich keinesfalls allein aus der Schutzfunktion erklären. Es müssen andere Gründe dafür vorgelegen haben, die jedoch Gegenstand des folgenden Kapitels sein sollen.

 

Die Bewohner deckungsreicher Biotope (z.B. Wälder), leben in der Regel als Einzelgänger oder nur in kleineren Gruppen, während Tiere, deren Heimat offene, übersichtliche Räume (z.B. Steppen) sind, dazu neigen, sich zu großen Verbänden zusammenzuschließen. Insbesondere dann, wenn eine entsprechende Körpergröße ein "Sich Verstecken" unmöglich macht, bietet ein Leben in Herden einen besseren Schutz. Eventuell auftretende Gefahren können von den Mitgliedern einer solchen Gemeinschaft viel schneller wahrgenommen werden. Viele Augen sehen immerhin entsprechend mehr. In Gruppen auftretende Tiere brauchen deshalb nicht ständig ihre Tätigkeiten, beispielsweise die Nahrungsaufnahme, zu unterbrechen, um in die Runde zu schauen und Aussicht nach Freßfeinden zu halten. Einzelne Gruppenmitglieder können arbeitsteilig das Sichern übernehmen, während die anderen ruhig ihrem Nahrungserwerb nachgehen.

Die Gruppe bietet aber auch einen größeren Schutz bei einer direkten Bedrohung durch einen Räuber. Die Verluste, welche durch Angriffe von Raubfeinden auf eine Herde zu erwarten sind, verteilen sich auf eine größere Anzahl von Tieren. Damit sinkt gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit einer Attacke für jedes Herdenmitglied, so daß in der Gruppe die Überlebenschancen der Individuen steigen.

Einzeln lebende Tiere können von einem Predator schneller fixiert und gefangen werden. Bei Herdentieren ist dies nicht so einfach möglich. Bevor der Beutegreifer ein Tier "ins Auge fassen kann", ist dieses bereits zwischen anderen untergetaucht und er muß sich auf ein neues Opfertier einstellen. Der ständige Wechsel der Zielpunkte verwirrt den Verfolger, macht ihn konfus. Dieser Konfusionseffekt, den eine größere Anzahl von Beutetieren auf einen Räuber ausübt, schützt seine potentiellen Opfer. Um dennoch sein Ziel zu erreichen, muß der Predator unter Zuhilfenahme besonderer Jagdtechniken einzelne Tiere von der Herde absondern oder aber er belauert abseits stehende Gruppenmitglieder, die sich zu weit von der schützenden Menge entfernt haben.

Gerade Jungtiere sind durch Freßfeinde extrem gefährdet. Sie sind noch nicht ausgewachsen, verfügen noch nicht über die zur erfolgreichen Gegenwehr nötigen Körperkräfte, und so haben Raubtiere mit ihnen "leichtes Spiel". Bei in Gruppen lebenden Tieren können die Erwachsenen den Schutz ihrer Nachkommen übernehmen. Herden sind also in erster Linie Schutzverbände, die jedoch nicht nur den Individuen einer Art Sicherheit gewähren können, sondern mitunter auch denen anderer Arten. So suchen viele Tiere Schutz in der Nähe anderer, wehrhafterer Arten.

Von vielen herbivoren Dinosauriern, insbesondere den Riesen unter ihnen, wird vermutet, daß sie in zum Teil recht großen Herden zusammenlebten und innerhalb der Gemeinschaft einen größeren Schutz genossen. Fossillagerstätten, die die Überreste mehrerer Individuen fast ausschließlich einer Art beherbergen, können als Beweise für die Gruppenaktivität einiger Dinosaurier angeführt werden.

Die Entdeckung des Massengrabes der Iguanodonten bei Bernissart, Belgien (siehe Kap. 2.2. Körperbau der Ornithopoden), läßt beispielsweise vermuten, daß Iguanodon in Herden gelebt hatte. Eine derartige Gruppe könnte möglicherweise in eine tiefe Schlucht gestürzt oder bei einer Hochwasserkatastrophe zugrunde gegangen sein. Die Überreste der Tiere hätten in diesem Fall in einer nur wenige Meter umfassenden Gesteinsschicht dicht beieinander liegen müssen. Wie allerdings bereits E. Dupont im Jahre 1897 feststellte, fanden sich die Skelette keineswegs in der selben Schicht, sondern vielmehr in verschiedenen aufeinanderfolgenden Ablagerungen. Sie waren in dem grauen mergeligen Ton zwischen 322 und 356 m Tiefe verteilt; einzelne Skelette voneinander sogar durch fossilienarme Schichten von 2 bis 3 m Mächtigkeit getrennt. Dies deutet auf eine langzeitige Anhäufung der Überreste, vielleicht über zehn bis hundert Jahre, hin (Norman, 1987). Die Tiere wurden erst nach ihrem Tod zusammengeschwemmt. Ihre Kadaver gerieten wohl in einen Hochwasser führenden Fluß und wurden von ihm mitgerissen. An einer Stelle, an der das Wasser nur recht ruhig floß und zudem relativ flach war, blieben die Leichen hängen. Schlammschichten bedeckten sie, während weitere Hochwasser neue Kadaver heranführten. Die vorwiegend noch im Skelettverband befindlichen Überreste großer, ausgewachsener Individuen der Gattung Iguanodon aus dem Wealden von Bernissart repräsentieren daher keine natürliche Lebensgemeinschaft, sondern eine Totengemeinschaft. Ihr Massenvorkommen kann folglich nicht als Beweis für eine Herdenbildung bei Dinosauriern angesehen werden. Eine natürliche Gruppe dürfte sich darüberhinaus auch nicht nur aus Individuen eines Entwicklungsstadiums rekrutieren. Neben den Überresten einer größeren Anzahl erwachsener (adulter) Tiere sollten auch die einiger Jungtiere anzutreffen sein.

In Gesteinen des Wealdens von Brilon-Nehden (Westphalen, Deutschland) fanden sich die diffus verteilten Reste vieler Entwicklungsstufen der Arten Iguanodon bernissartensis und vor allem I. mantelli (I. atherfieldensis). Hier wurde eine natürliche Gemeinschaft kleinerer und größerer Individuen offenbar von einer Flut erfaßt und in einer Fossilienfalle abgelagert. Dieser Fund beweist, daß Iguanodon in Herden die Landstriche der Unterkreidezeit bevölkerte. Neben den etwa 1 400 Iguanodon-Resten, die in Brilon-Nehden ausgegraben wurden, fand sich auch ein Wirbelknochen, welcher möglicherweise den Hypsilophodontiden (z.B. Hypsilophodon) zugerechnet werden muß. Es ist daher denkbar, daß diese kleinen Ornithopoden in der Nähe der Iguanodon-Herde Schutz suchten.

Auch von dem Prosauropoden Plateosaurus konnten gut erhaltene Überreste vieler Individuen aus Gesteinen der oberen Trias Westeuropas geborgen werden. In einer Ziegeltongrube in der Nähe von Halberstadt beispielsweise wurden zwischen 1909 und 1938 die Fragmente von fast 50 Individuen gefunden, darunter mehrere vollständige bzw. fast vollständige Skelette. Die großen Plateosauriergrabungen bei Trossingen brachten die Überreste von circa 100 Individuen zum Vorschein. Derartige Massenvorkommen führten hier ebenfalls zur Annahme von Plateosaurus-Herden.

Friedrich von Huene (1928, 1929) schilderte in sehr anschaulicher Weise seine Vorstellungen vom Leben der Plateosaurier-Herden (Abb. mit ZITAT). Nach seiner Auffassung zogen die Plateosaurier in jahreszeitlichen Rhythmen von einem am Ufer eines damaligen Binnenmeeres gelegenen Weidegebietes zu einem anderen, auf einer Hochebene befindlichen Futterplatz. Auf ihrer Wanderung mußte die Herde ein über 100 km breites Wüstengebiet, die "Keuperwüste", durchqueren. Da es den Plateosauriern tagsüber zu heiß war, benötigten die Tiere nach von Huenes Berechnungen für das Durchwandern der Wüste zwei Nächte, wobei sie mit einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 7,2 km/h vorwärtskamen. Während dieser kräftezehrenden Märsche fanden viele Tiere, wenn nicht sogar ganze Herden, den Tod. Vielleicht wurden sie Opfer von Stauborkanen. Überwältigt und begraben unter Tonnen von Wüstensand blieben sie als Fossilien bis in unsere Tage erhalten.

Der Weg durch die Wüste führte die Tiere jedoch auch an gefährlichen Senken vorbei, die einst durch Regengüsse mit Wasser gefüllt waren. Auf Grund der unterlagernden wasserundurchlässigen Lehmschichten blieb das Wasser in den Bodensenken stehen und die Sonne trocknete die Tümpel nach und nach aus. Auf diese Weise entstanden halbausgetrocknete Schlammlöcher, die der Wind mit dem Sand der Wüste zuwehte und die somit für die Plateosaurier nachts als solche nicht erkennbar waren. Derartige mit zähen Lehm angefüllte Senken dienten als regelrechte "Plateosaurierfallen", da sie die hineingeratenen Plateosaurier gefangen nahmen. Mit ihren Bemühungen, sich aus dem tückischen Schlamm zu befreien, erreichten die Tiere das genaue Gegenteil und sanken immer tiefer ein.

Diese Vorstellungen vom Tod der Plateosaurier wurden, in stimmungsvolle Gemälde umgesetzt, über viele Jahrzehnte in zahlreichen populären wie wissenschaftlichen Publikationen verbreitet, obwohl von Huenes Theorie bereits kurz nach ihrer Veröffentlichung heftiger Kritik ausgesetzt war. Friedrich von Huene geht von der Grundannahme aus, daß die Plateosaurus enthaltenen Ablagerungen (Knollenmergel) unter wüstenhaften Klima durch vom Wind abgelagerten Sand gebildet wurden. David B. Weishampel (1984) analysierte die Schichtenfolge und Verteilung der Trossinger Funde und kam dabei zu dem Ergebnis, daß die Keuperablagerungen offenbar unter feuchteren Bedingungen und vor allem unter Beteiligung von Wasser entstanden waren. Die Plateosaurus-Reste lagen innerhalb einer Schichtenfolge von 10 Metern in zwei voneinander durch eine 0,3 bis 2,2 Meter dicke Knollenmergellage getrennten Schichten vor: In der unteren, ca. 2 m umfassenden, rotgefärbten Schicht fanden sich die Überreste von fast 50 etwa gleichaltrigen, erwachsenen Individuen. Die obere, dunkelrot bis grünlich gefärbte Lage enthält dagegen nur wenige Skelettreste. Die Anhäufung der Skelettfunde in der unteren Knochenschicht erklärt Weishampel durch Schlammrutschungen an damaligen Wasserstellen, die Plateosaurier gleichen Alters mit sich gerissen hatten. Die Fundstücke der oberen Knochenlage scheinen dagegen ein normales Ende gefunden zu haben.

Eine weitere Deutungsmöglichkeit der Trossinger Funde vertritt Rupert Wild (1987). Nach seiner Einschätzung lebten die Plateosaurier südöstlich von Trossingen im sogenannten "Vindelizischen Hochland" (Vindelicien), einer obertriassischen Hochebene, die sich im heutigen Bereich zwischen Donau und den Alpen bis nach Böhmen erstreckte. Eine riesige Überflutung soll nach dieser Theorie die Plateosaurier von ihrer Vindelizischen Heimat in die Ebene bei Trossingen gespült haben, wo es zur Ablagerung und Einbettung der Kadaver kam. Demnach wären die Plateosaurier nicht an Ort und Stelle gestorben, sondern erst durch gewaltige Wassermassen zu ihrem Einbettungsort transportiert worden.

Demgegenüber steht jedoch die Tatsache, daß viele der ausgegrabenen Skelette nicht in einer horizontalen Ausrichtung, sondern eher in aufrechter Haltung vorgefunden wurden. Es fällt dabei auch auf, daß die vorderen Körperhälften gegenüber den hinteren Skelettpartien deutlich unterrepräsentiert sind. Zudem waren die hinteren Partien häufiger noch im ursprünglichen Skelettverband erhalten. Diese Befunde, die bereits 1922 Reinhold Seemann, dem Leiter der dritten Trossinger Plateosaurier-Grabung, auffielen, können als Beweise dafür angesehen werden, daß die Tiere durch Überflutungen nicht verfrachtet wurden, sondern an Ort und Stelle starben. Martin P. Sander (1991) greift in seiner Deutung des Todes der Plateosaurier-Herden wieder auf die bereits von Friedrich von Huene angenommenen Schlammfallen zurück und erklärt zugleich, weshalb jüngere Tiere in den Plateosaurier-Knochenlagern fehlen. Auf Grund ihres geringeren Körpergewichtes gelang es den Jungtieren, sich aus dem Schlamm zu befreien. Möglicherweise aber versanken sie erst gar nicht.

Sander gelang es auch, bei den Trossinger Plateosaurus-Funden den ausgefallenen Zahn eines Theropodens (wahrscheinlich Liliensternus oder Halticosaurus) aufzuspüren. Einzelne Funde von Theropodenzähnen sind auch aus Halberstadt beschrieben worden. Offenbar wurden die in ihren Schlammfallen festsitzenden, hilflosen und entkräfteten Plateosaurier von den kleineren Theropoden angegriffen, die auf Grund ihres geringeren Körpergewichtes die Schlammfallen nicht zu fürchten brauchten. So erklärt sich auch der gegenüber den hinteren Skelettpartien schlechtere Erhaltungszustand der Vorderkörper. Während Oberkörper und Schädel der Plateosaurier frei lagen und demnach abgefressen wurden, waren die im Schlamm versunkenen Teile, Beckenregion und Schwanz, für Theropoden unzugänglich.

Eine endgültige Klärung der Todesumstände der Plateosaurier-Herde steht noch immer aus. Ganz gleich wie die Plateosaurier-Knochenlager auch entstanden sein mögen, aus ihnen läßt sich zumindest mit einiger Gewißheit schlußfolgern, daß Plateosaurus in größeren Herden Europa zur Zeit der oberen Trias durchquerte.

Die Sauropoden waren ebenfalls wandernde Tiere, die ständig auf der Suche nach neuen Futterquellen die damaligen Landgebiete durchstreiften. Der Gefahr von hungrigen Carnosauriern angegriffen zu werden, begegneten sie, indem sie sich zu großen Herden zusammenschlossen. Ausgrabungen in der Howe Grube in Wyoming brachten eine gewaltige Ansammlung wild durcheinander gewürfelter, oft zerbrochener Barosaurus-Knochen zum Vorschein. Allem Anschein nach war auf ihnen herumgetrampelt worden. Wie zur Bestätigung dieser Vermutung fanden sich inmitten der losen Knochenüberreste zwölf aufrechtstehende, gut erhaltene, ja selbst noch im Gelenkverband befindliche Beinskelette. Was war passiert? Einige Mitglieder einer Barosaurus-Herde blieben wahrscheinlich beim Überqueren einer schlammigen Ebene im zu tief mit Wasser gesättigten Morast stecken. Panikartig strebten die Tiere festem Boden zu, doch jegliche Befreiungsversuche waren vergeblich. Statt den rettenden Untergrund zu erreichen, sanken die Tiere immer tiefer ein, starben an Erschöpfung und wurden von nachdrängenden Gruppenmitgliedern als eine Art Brücke benutzt.

Zur Zeit der höchsten Kreide besiedelten mehrere Horndinosaurier weite Landstriche Nordamerikas. Allein in den zahlreichen Knochenbetten ("Bonebeds") des "Dinosaur Provincial Park" im kanadischen Bundesstaat Alberta wurden die reichhaltigen Überreste der Gattungen Centrosaurus, Anchiceratops, Chasmosaurus, Monoclonius, Pachyrhinosaurus und Styracosaurus ausgegraben. Interessanterweise liegen die etwa gleichzeitig existierenden Formen in den verschiedenen "Bonebeds" im allgemeinen voneinander getrennt vor. Jede Ceratopier-Art hat sozusagen ihre eigene Knochenlagerstätte, die die Überreste von oftmals mehreren Hundert Individuen der betreffenden Spezies birgt, darunter Angehörige fast aller Entwicklungsstufen. Reste anderer Arten sind in ihnen kaum anzutreffen. Die Individuen einer Art lebten demnach in riesigen Herden zusammen (Currie & Dodson, 1984). Möglicherweise kamen sie bei dem Versuch, einen hochwasserführenden Strom zu überqueren, um's Leben.

Ähnliche Begebenheiten kennt man von rezenten herdenbildenden Säugern wie z.B. den Karibus. Dem Herdentrieb folgend, stürzte sich ein Tier nach dem anderen in die reißenden Fluten. Mit aller Kraft versuchten sie das rettende Land zu erreichen, kämpften gegen die übermächtige Strömung an, gerieten dabei in Panik und trieben dann in völliger Erschöpfung ab. Die ertrunkenen Ceratopier spülte der Fluß schließlich ans Ufer. Langsam begannen die Kadaver zu verwesen. Der typische Geruch lockte daraufhin aasfressende Räuber an, welche beim Fressen ihre Bißspuren an den Knochen hinterließen. Anschließend wurden die Knochen vom Sediment überdeckt. Nach John H. Ostrom & Peter Wellnhofer (1986) existieren ähnliche Knochenkonzentrationen der Gattung Triceratops in der Lance Formation des Niobrara County von Wyoming.

 

Wie groß waren die Gruppen, in denen die Tiere lebten? Nach den Massengräbern der Ceratopier zu schließen, gehörten den im Fluß zugrunde gegangenen Herden mindestens 300 Individuen an, vielleicht waren es sogar weit mehr, etwa 400 bis 500. Viele Gruppenmitglieder können durchaus das rettende Ufer erreicht haben.

In der Two Medicine Formation (Campan) Montanas wurden die Überreste einer riesigen Herde des Hadrosauriers Maiasaura ausgegraben. Offenbar fielen die Tiere vor etwa 80 Millionen Jahren einem gewaltigen Vulkanausbruch zum Opfer und starben demnach gleichzeitig. Repräsentanten fast aller Entwicklungsstadien sind vertreten: etwa 7 m lange Erwachsene ebenso wie circa 3 m lange Jungtiere. Lediglich noch jüngere und frisch geschlüpfte Tiere fehlen. Vorsichtige Schätzungen der Anzahl der Individuen sprechen von etwa 10 000.

Es ist allerdings sehr unwahrscheinlich, daß diese Dinosaurier ständig in derart großen Herden zusammenlebten. Wahrscheinlicher ist die Annahme kleinerer Gruppen mit vielleicht 15 bis 50 Individuen, welche sich erst dann zu einer solch riesigen Herde zusammenschlossen, wenn weite Wanderungen beispielsweise zu neuen Weidegründen oder zu bevorzugten Eiablageplätzen notwendig waren.

 

Eine andere Möglichkeit zu beweisen, daß einige Dinosaurier gesellig in Herden lebten, besteht in der Auswertung fossiler Fußspuren. So deutet eine große Anzahl von Fährten, die sämtlichst in die gleiche Richtung ziehen, auf Herden hin und ermöglichen sogar Rückschlüsse auf deren Struktur. Recht häufig konnten die Spuren von Sauropoden nachgewiesen werden, die über eindeutige Anzeichen von Gruppenaktivitäten verfügten. Beispielsweise zeigt eine Fährtenfolge vom Purgatoire River in Colorado die in parallelen Bahnen zueinander verlaufenden Trittsiegel mehrerer Elefantenfußdinosaurier, die vor etwa 150 Millionen Jahren auf einer schlammigen Ebene am Ufer eines ausgedehnten Gewässers entlang wanderten. Einige größere Herdenmitglieder liefen sogar im Wasser und sackten tiefer im weichen Boden ein als ihre an Land gehenden Artgenossen. Unterhalb ihrer Fußeindrücke blieben selbst die von ihnen zertretenen Muschelschalen erhalten (Czerkas & Czerkas, 1990).

Die einige Millionen Jahre jüngeren Sauropodenfährten aus der unteren Kreide Münchehagens (Berrias) lassen ebenfalls erkennen, daß die Tiere einer Herde während ihrer Wanderungen geordnet nebeneinander liefen (Töneböhn & Kulle-Battermann, 1989). In diesem Gebiet sind zusammenhängende, mehr oder weniger parallel verlaufende Fährtenfolgen von mindestens sieben Elefantenfußdinosauriern auf Längen von 30 bis 100 m dokumentiert (Abb.). Zwei dieser Fährten (in der Abbildung mit Nummer 2 und 3 gekennzeichnet) fallen besonders auf: Eine gewisse Zeit lang verlaufen beide mit einem größeren Abstand parallel zueinander. Plötzlich ändert jedoch Fährte 3 ihre Richtung und nähert sich gefährlich der Fährte 2. Obwohl nun beide sehr nahe beeinanderliegen, überkreuzen sie sich nicht, verlaufen vielmehr von da an wieder gemeinsam in eine Richtung.

Interessant sind auch die aus der unteren Kreide der Glen Rose Formation von Bandera County, Texas, beschriebenen Sauropodenfährten, die von einer Herde, bestehend aus insgesamt 23 Individuen unterschiedlicher Entwicklungsstadien, hinterlassen wurden. Die größeren Tiere wateten im Flachwasser, während die Jungen offensichtlich mehr oder weniger schwammen. An einer Stelle schließlich begaben sie sich ans Ufer, wie u.a. aus einem einzelnen Schwanzabdruck zu entnehmen ist. Andere Fährten dieses Gebietes lassen vermuten, daß die jüngeren Tiere bei Wanderungen geschützt in der Mitte der Herde liefen, während die kräftigen Erwachsenen an den Rändern gingen und so die Herde absicherten, sie regelrecht mit einem lebenden Schutzwall umgaben (Bird, 1953). Für Raubdinosaurier, die der Gruppe in der Hoffnung folgten, kleinere oder kranke Tiere schlagen zu können, bestand bei einem Angriff ständig die Gefahr, von den mächtigen Alttieren zertrampelt zu werden.

Eine ähnliche Strategie verfolgten sicherlich auch die Ceratopier. Wurden sie beispielsweise von einem Rudel hungriger Carnosaurier umzingelt, bildeten sie wahrscheinlich, Schulter an Schulter, einen Kreis, indem sie ihre mit Hörnern und Nackenschildern bewaffneten Köpfe den Angreifern entgegenhielten ("Igelstellung"), und nahmen ihre Jungen in die Mitte der so entstandenen "Verteidigungsanlage". Die stark bewehrten Schädel bewegten sie dabei drohend hin und her, jederzeit bereit, aktiv den attackierenden Räubern entgegenzutreten. In ähnlicher Weise begegnen heute Moschosochsenherden den Angriffen von Wolfsrudeln.

Im Jahre 1922 entdeckte Charles M. Sternberg in Sedimentgesteinen der Kootenai Formation (Barreme, untere Kreide) vom Peace River Canyon in British Columbia, Kanada, eine der bedeutendsten Fährtenvorkommen der Welt. Wie sich später herausstellte, hinterließen u.a. etwa zehn Dinosaurierarten in diesem Gebiet ihre Spuren (Currie, 1975). Aufschlußreich sind insbesondere die Fährten von Ornithopoden, vielleicht von frühen Hadrosauriern oder deren Vorfahren, die unter dem Namen Amblydactylus beschrieben wurden. Auffallend viele der diese Spuren verursachenden Tiere marschierten damals zur gleichen Zeit in die selbe Richtung. Zweifelslos, wie aus dem Verlauf der Fährten ableitbar ist, zogen diese Ornithopoden in Herden durch weite Landstriche der Unterkreidezeit. Einzelne Individuen liefen dabei zeitweilig nebeneinander her. Dies ist z.B. deutlich erkennbar an den parallel zueinander verlaufenden Fährten von mindestens vier Tieren. Den Spuren nach zu urteilen, trotteten die vier Ornithopoden zunächst in Richtung Süden, schwenkten jedoch plötzlich nach Osten ab, um schließlich wieder die ursprüngliche Richtung einzuschlagen. Was war passiert? Was veranlaßte die Tiere zu diesem Richtungswechsel? Vielleicht versperrte ihnen ein natürliches Hindernis den Weg und sie waren gezwungen, ihm auszuweichen. Wie jedoch eine geradewegs von Norden nach Süden verlaufende Fährte zeigt, war der Weg völlig frei. Offenbar kollidierte hier ein Tier am Ende der Vierergruppe mit seinem Nachbarn, worauf die anderen drei ihm auswichen, um weitere Zusammenstöße zu vermeiden.

Viele Skelettfunde und Fußspuren beweisen deutlich, daß zumindest einige pflanzenfressende Dinosaurier gesellig in größeren Gruppen lebten. Natürlich könnte der konzentrierte Nachweis einer großen Anzahl von Individuen einer Art bzw. deren Lebensspuren lediglich auf den bevorzugten Lebensraum der betreffenden Tiere hindeuten, ohne daß diese dabei in engerer Beziehung zueinander standen. Aber angesichts der Fülle derartiger Funde, insbesondere aber auch der mit ihnen zusammenhängenden, und von Paläontologen in mühevoller Kleinarbeit rekonstruierten Begebenheiten, kann heute Gruppenaktivität für viele Arten sämtlicher Hauptgruppen der Dinosaurier als gesichert betrachtet werden.