Fortpflanzung

 

Die Angehörigen einer Art sind einerseits Konkurrenten um lebenswichtige Ressourcen ihres Lebensraumes, andererseits sind sie aber auch Partner. Selbst absolute Einzelgänger müssen mindestens zum Zwecke der Fortpflanzung (Reproduktion) mit dem gegengeschlechtlichen Artgenossen zusammentreffen. Die Fortpflanzung dient dem Überleben der Art über den Tod des Einzellebewesens hinaus. Um sie zu garantieren, ist es notwendig, daß beide Sexualpartner zunächst zueinander finden und sich als solche nach Art und Geschlecht erkennen. Schließlich müssen sie ihr Verhalten so aufeinander abstimmen, daß eine erfolgreiche Paarung (Kopulation) möglich wird.

Sämtliche Lebewesen sind darauf bedacht, sich mit dem größtmöglichen Erfolg fortzupflanzen. Dieser spiegelt sich in der Anzahl ihrer Nachkommen wieder. Es ist jedoch nicht die pure Anzahl der Nachkommen ausschlaggebend, sondern die Zahl der selbst wieder zur Fortpflanzung kommenden Abkömmlinge. Die meisten Individuen verfolgen zwei unterschiedliche Strategien, um einen möglichst großen Fortpflanzungserfolg zu erzielen: Bei sämtlichen Wirbeltieren ist die Reproduktion an Geschlechts- oder Keimzellen (Gameten) gebunden, die aus einem besonderen, extra darauf spezialisierten Gewebe entstehen.

Unter der Annahme, daß gleiche Mengen an Ausgangsmaterial für die Gametenbildung vorhanden sind, kann ein Individuum sich auf die Produktion einer enormen Menge an Geschlechtszellen spezialisieren, um eine möglichst große Anzahl von Nachkommen erzeugen zu können. Diese Keimzellen sind dann entsprechend klein und nährstoffarm. Ihr Erzeuger setzt also auf Massenproduktion, auf Quantität, weniger auf Qualität. Er rechnet dabei ein, daß viele der Keimzellen verloren gehen werden und investiert demnach in jede Geschlechtszelle nur sehr wenig Energie. Je höher die Anzahl an Abkömmlingen, um so höher die Wahrscheinlichkeit eines großen Fortpflanzungserfolges. Nährstoffarme Geschlechtszellen haben jedoch von Anfang an schlechtere Erfolgsaussichten als solche, die reich an Nährmaterial sind. Und damit sind wir bei der zweiten Strategie zur Optimierung des Fortpflanzungserfolges. Individuen, die diese Strategie verfolgen, produzieren große und somit nährstoffreiche Geschlechtszellen. Dies geht natürlich auf Kosten der Menge. Das Elternindividuum bildet nur wenige Keimzellen, in die es jedoch viel Energie investiert und deren Verlust sich tragisch auf den Fortpflanzungserfolg auswirken wird. Es setzt also vielmehr auf Qualität.

Interessanterweise sind bei den Vertretern einer Tierart beide Strategien anzutreffen. Das Männchen produziert eine Unmenge an Spermien mit einem minimalen Energieaufwand pro Keimzelle. Das Weibchen erzeugt dagegen nur wenige Eizellen, investiert dafür viel mehr Energie in die Reproduktion als ihr Geschlechtspartner.

Damit es aber zur Fortpflanzung überhaupt erst kommen kann, müssen Eizelle und Spermium miteinander verschmelzen. Voraussetzung dafür ist eine erfolgreiche Kopulation (Begattung). Dazu müssen beide Geschlechtspartner einvernehmend zusammenkommen. Doch nun offenbart sich die unterschiedliche Grundausstattung, geht es beiden Partnern doch darum, einen möglichst großen Fortpflanzungserfolg zu erreichen. Für das Männchen ist es im Sinne eines maximalen Reproduktionserfolges ratsam, mehrere Kopulationen mit mehreren Weibchen durchzuführen. Die Männchen nehmen daher jede sich bietende Kopulationsmöglichkeit wahr. Sie können alle Chancen nutzen und selbst Spermien an ungeeignete Partnerinnen verschwenden, da sie bei einer Fehlpaarung nur einen Bruchteil ihrer Fortpflanzungskapazität einbüßen. Weibchen erhöhen ihren Fortpflanzungserfolg jedoch nicht dadurch, daß sie sich von mehr als einem Männchen begatten lassen. Die wenigen Eier, die das Weibchen produziert, müssen außerdem optimal entwickelt werden. Der Aufwand, den das Weibchen in sie investiert, darf einfach nicht auf's Spiel gesetzt werden. Der Verlust der Eizelle wiegt somit schwerer als der Verlust vieler Spermien. Und so muß ein Weibchen viel wählerischer sein, spröde und zurückhaltender in der Paarung.

Ein männliches Individuum kann mehrere Weibchen begatten und so steigt sein Fortpflanzungserfolg, wenn er andere Männchen an ihrer eigenen Fortpflanzung hindert. Unter den Männchen besteht damit eine unausweichliche Konkurrenz um die begrenzte Fortpflanzungskapazität der Weibchen. Dieser Konkurrenzkampf nimmt unterschiedliche Ausmaße an: Er besteht zum Beispiel im Abdrängen und im Bekämpfen von Rivalen, oder auch im Übertreffen in der Werbung. Infolge dessen sind häufig die männlichen Individuen einer Art prachtvoller und auffälliger ausgestattet als ihre schlichteren Weibchen. Es bestehen demnach mehr oder weniger deutliche Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern, die der Biologe unter dem Begriff des "Sexual- oder Geschlechtsdimorphismus" zusammenfaßt.

Läßt sich auch bei den Dinosauriern ein derartiger Unterschied zwischen den Geschlechtern nachweisen? Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts führten Paläontologen des American Museum of Natural History New York unter der Leitung von Roy Chapman Andrews und Walter Granger im Südwesten der Mongolei bei Bain Dzak Grabungen in den bräunlichen bis orangeroten Oberkreidesandsteinen der sogenannten "Flammenden Klippen" (Djadokhta-Formation) durch. Die fossilen Überreste zahlreicher Individuen der Art Protoceratops andrewsi konnten auf engem Raum beieinanderliegend geborgen werden. Interessanterweise zeigen sie deutliche Unterschiede in der Gestaltung ihrer Schädel, die eine Einteilung in zwei Gruppen ermöglichen: Die Schädel der einen Gruppe sind recht robust und besitzen durch den breiten, spangenartig aufgebauten Nackenkragen ein recht hohes Profil. Deutlich tritt oberhalb der Nase ein höckerartiges Gebilde zum Vorschein. Rauhigkeiten finden sich auch über den Augenhöhlen. Länglicher und flacher sind die Schädel der zweiten Gruppe. Sie sind etwas graziler und verfügen über einen kleineren, schmaleren Knochenkamm. Der Höcker oberhalb der Nasenregion ist weniger stark ausgeprägt, ebenso die rauhen Stellen über den Augen (Brown & Schlaikjer, 1940).

Die unterschiedlichen Merkmale, welche die zahlreichen Schädel offenbaren, deuten nach Peter Dodson (1976) auf Sexualdimorphismus bei Protoceratops hin. Dinosaurier, welche zur gleichen Zeit im selben Gebiet zusammenlebten und nur geringfügig in ihren Skelettmerkmalen variieren, müssen einfach Männchen und Weibchen einer Art sein. Die kräftigeren Schädel mit dem hohen Nackenkragen und dem deutlicheren Nasenhöcker werden den Männchen, die grazileren mit flacherem Nackenkragen dagegen den Weibchen zugeordnet.

Hinweise auf Geschlechtsdimorphismus bei späteren Ceratopiern ergeben sich aus der Größe und Anordnung ihrer Hörner sowie der Ausdehnung der Nackenschilder. Bei Chasmosaurus stehen die Hörner an den Schädeln männlicher Tiere aufrecht, während sie bei weiblichen Individuen seitlich auseinandergehend mehr nach vorn gerichtet sind. John H. Ostrom & Peter Wellnhofer (1986) führen sämtliche bisher beschriebene Triceratops-Arten auf Sexualvarianten einer einzigen Art zurück.

Auch mehrere Arten einiger Hadrosauriergattungen wie Corythosaurus, Lambeosaurus oder Parasaurolophus beruhen aller Wahrscheinlichkeit nach auf Geschlechtsdimorphismus (Ostrom, 1961; Dodson, 1975). Beispielsweise besitzen demnach die Männchen des Parasaurolophus lange, nach hinten gestreckte Kämme (P. walkeri), während die Kämme der Weibchen kürzer und deutlich eingebogen sind (P. cyriocristatus).

Auf Grund der verschiedenartigen Gestalt der zur Lautgebung dienenden Schädelauswüchse sind bei den Weibchen und Männchen der Hadrosaurier auch unterschiedliche Rufe zu erwarten. Die männlichen Individuen waren dabei zur Erzeugung tieferer Töne befähigt als die weiblichen.

Viele andere Dinosaurier besitzen Merkmale, die als Geschlechtskennzeichen angesehen werden können. Oftmals reichen aber die fossilen Belege nicht dafür aus, den Geschlechtsdimorphismus eindeutig zu belegen. Die charakteristischen Fangzähne des Heterodontosaurus könnten als männliche Geschlechtsmerkmale gedient haben. Schädel, denen diese offensichtlich nicht zur Ernährung dienenden Zähne fehlen, würden dann weiblichen Individuen zuzuordnen sein. Bei Dilophosaurus fallen die zwei dünnen Knochenkämme auf, die sich parallel über fast die gesamte Länge der Schädeldecke entlangziehen. Vielleicht handelt es sich hier um Imponierorgane, mit denen die Männchen um die Gunst der Weibchen warben. Einige der bekannten Schädel des kleinen Eierdiebes Oviraptor zeigen in ihrer Nasenregion helmartig erweiterte Knochenkämme, die anderen fehlen. Möglicherweise liegen auch hier geschlechtstypische Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen einer Art vor.

Erst kürzlich gelang anhand von fossilen Hautabdrücken der Nachweis eines von verhornten Dornen ausgehenden, gezackten Rückenkamms bei dem Sauropoden Diplodocus. Vermutlich waren die die Rückenhaut spannenden Stacheln beweglich gelagert, so daß der Kamm in seiner Größe variiert werden konnte, um Geschlechtsgenossen zu imponieren. Es ist daher denkbar, daß nur die Sauropoden-Männchen über einen derartigen Rückenkamm verfügten.

Prinzipiell ist die Unterscheidung von Männchen und Weibchen bei fossilen Tieren problematisch, da hierfür die längst verwesten Weichteile der Geschlechtsorgane nötig sind. Peter Larson (1994) löste dieses Problem am Beispiel des Tyrannosaurus durch Vergleiche mit rezenten Krokodilen. Hier zeigt sich der "kleine Unterschied" in der Anordnung der gabelförmigen Haemalbögen der ersten Schwanzwirbel. Sitz des männlichen Kopulationsorganes ist die Region zwischen dem ersten und zweiten Haemalbogen. Beide Knochen sind daher im männlichen Geschlecht gut ausgebildet. Beim Weibchen fehlt dagegen der erste Haemalbogen und der zweite fällt zusätzlich viel kleiner aus. Grund hierfür ist der dadurch größere Genitalkanal, durch den die Eier problemlos ins Freie gelangen können. Bei der sich anschließenden Untersuchung sämtlicher verfügbarer Schwanzwirbelsäulen von Tyrannosaurus zeigten sich ähnliche Verhältnisse, die eine eindeutige Zuordnung zu männlichen bzw. weiblichen Individuen ermöglichten (Abb.). Die Körper der Tyrannosaurier-Kühe waren zudem größer und länger als die der Bullen. Im Schädelbau, vor allem im Bereich der Augenhöhlen, erwiesen sich die Weibchen als deutlich robuster. Ihre imposante Stirnpartie deutet Robert T. Bakker (1995) als soziales Rangabzeichen.

 

Tiere, welche nicht in Gruppen mit ihren Artgenossen zusammenleben, müssen zum Zwecke der Fortpflanzung mitunter über recht große Entfernungen einander finden. Oftmals locken dann die Männchen die Geschlechtspartnerinnen an. Viele Vögel nutzen dazu akustische Signale. Der Gesang der Singvögelmännchen dient zum einen dazu, ein bestimmtes Revier als Grundbesitz des Sängers zu deklarieren und Rivalen abzustoßen, zum anderen übt er aber auch eine anziehende Wirkung auf die Weibchen aus. Da bei vielen Dinosauriern Lautgebung ebenfalls angezeigt ist, könnten auch sie zur Paarungszeit Lockrufe, ja vielleicht sogar ganze Lockgesänge, ausgestoßen haben. In Gruppen lebende Dinosaurier hatten mit Sicherheit weniger Probleme bei der Partnerfindung als Einzelgänger.

Haben sich Männchen und Weibchen als Geschlechtspartner identifiziert, stellt sich ihnen jedoch ein neues Problem. Immerhin ist der Artgenosse Träger sowohl anziehender, wie auch abstoßender, aggressionsauslösender Signale, welche einer weiteren Annäherung eine enorme Barriere setzen. Aufgabe des Balzverhaltens ist es nun, die aktivierte Kontaktscheu und Aggression wieder abzubauen und beide Geschlechtspartner in ihren Fortpflanzungsbemühungen genau aufeinander abzustimmen. Beschwichtigende Gebärden helfen dabei. Aggressionsauslösende Signale oder Waffen werden weggewendet, mitunter übergibt das Männchen der Partnerin Geschenke, z.B. Futter oder Nestmaterial, oder zeigt kindliche Verhaltensweisen, die Aggressionen hemmen und Zuwendung auslösen. Die Balz bietet darüberhinaus dem Weibchen die Möglichkeit, sich aus dem Angebot der verfügbaren potentiellen Geschlechtspartner den besten zu erwählen. Generell kann wohl davon ausgegangen werden, daß die Dinosaurier ebenso wie die heutigen Vögel in einem großem Maße Farben zur Werbung um den Geschlechtspartner einsetzten. Folglich waren die Dinosaurier-Männchen sicher zur Fortpflanzungszeit auffälliger gefärbt als ihre Weibchen.

Robert T. Bakker (1995) vermutet bei Tyrannosaurus allerdings, daß mehrere Weibchen gegeneinander zum Schaukampf antraten und in allerbester Bergschaf-Manier "krachend ihre gutgepolsterten Köpfe" aufeinandergeschlagen haben, um die "Gunst eines noch unverheirateten" Männchens zu erwerben. Der Gedanke, daß Weibchen untereinander um die Männchen kämpften, ist insofern ungewöhnlich, da es doch in der Regel die männlichen Individuen sind, die um den Zutritt zu den Weibchen, dem biologisch wertvolleren Geschlecht, konkurrieren. Diese Männerkonkurrenz ist eine Folge der typisch männlichen Fortpflanzungsstrategie beruhend auf der Promiskuität: Da Männchen viel häufiger zu einer Paarung bereit sind als Weibchen, gibt es zwangsläufig ein Überangebot an paarungswilligen männlichen Tieren.

Natürlich kann die Partnerwahl von beiden Seiten ausgehen: Männchen können sich ihr Weibchen wählen, wie auch Weibchen sich ihr Männchen aussuchen können. Geschlechtsgenossen sind dabei untereinander prinzipiell Gegner. Wählen sie selbst, sind sie Rivalen im Kampf um den besten Partner; werden sie dagegen gewählt, stehen sie im Wettstreit um die wirkungsvollsten Eigenschaften.

Wenn Männchen ihre Weibchen wählen, dann kämpfen sie untereinander um das beste Weibchen, wobei sie Mittel einsetzen, die die Rivalen beeindrucken und zur Aufgabe bewegen sollen. Wählen dagegen die Weibchen, wetteifern die Männchen unter Anwendung von Mitteln, die die Weibchen beeindrucken (beispielsweise prachtvoll gefärbte Gefieder, bestimmte Gesänge u.a.).

Natürlich besteht auch die Möglichkeit, daß das Weibchen ein Wahlverfahren einleitet, die Gegner kämpferisch den Sieger unter sich ausmachen und dieser schließlich vom Weibchen als Paarungspartner akzeptiert wird. Bei dieser indirekten Wahl erhält das Weibchen unter Umständen aber einen Partner, der noch nicht einmal ganz bestimmte Mindestanforderungen erfüllt, denn die Qualitäten des Partners hängen enorm vom Wettbewerberangebot ab. Selbst der Sieger aus einer Gruppe von Schwächlingen ist nicht unbedingt erstrebenswert und so sollte ein Weibchen besser selber den Bewerber testen, insbesondere wenn das Paar längere Zeit beeinander bleibt und gemeinsam Jungenaufzucht betreibt.

Von den beschriebenen Strategien gibt es natürlich Ausnahmen. Bei bestimmten Vogelarten (z.B. Wasserfasan, Odinshühnchen) überlassen die Weibchen den Männchen vollständig die Brutpflege und produzieren selbst ein Gelege nach dem anderen. So viele Eier, wie ein Weibchen dieser Arten hervorbringt, kann ein Männchen allein zwar theoretisch befruchten, aber keinesfalls bebrüten. Hier vergrößert das Weibchen seinen Fortpflanzungserfolg, in dem es mehrere Männchen für sich einspannt und so deren Fortpflanzungskapazitäten mindert. Damit hat sich praktisch der Spieß gedreht und das männliche Geschlecht wird zum biologisch wertvolleren. In diesen Fällen besitzen dann auch die Weibchen das buntere Gefieder und werben um die in ihrer Anzahl limitierten Brutmännchen. Es besteht also tatsächlich eine gewisse Möglichkeit, daß Tyrannosaurier-Weibchen gegeneinander antraten, um die Gunst eines Brutmännchens zu erringen.

Bakker schließt aus der Tatsache, daß die Tyrannosaurier-Weibchen größer als ihre Männchen waren, auf deren dominierende Stellung. Der Vorteil der größeren Weibchen gegenüber den kleineren besteht jedoch darin, daß sie mehr Eier produzieren, größere Nachkommen haben, ihre Jungen besser beschützen, transportieren und ernähren können. Dies mag zu einer Entwicklung geführt haben, die große Weibchen begünstigte. Ein weiteres Indiz für die weibliche "Kampfeslust" sieht Bakker in der derberen Ausgestaltung des Schädels der Weibchen, den er mit dem "gut gepolsterten Helm eines amerikanischen Footballspielers" vergleicht. Hinzu kommt die als Rangabzeichen wirkende imposante Stirnpartie, die Bakkers Meinung stützt, da derartige Signale gerade bei den Männchen zu erwarten wären, wenn diese gegeneinander um die Weibchen kämpften. Wie wir bereits gesehen haben, wägen rezente Tiere genau zwischen dem möglichen Kampfaufwand, einschließlich der zu erwartenden Verletzungen, und dem zu erzielenden Erfolg ab, ob sich eine kämpferische Auseinandersetzung mit einem anderen Männchen lohnt oder nicht. Es ist für sie wichtig zu wissen, wieviel der Gegner eventuell bereit ist, zu riskieren. Dies kann durch bestimmte Rangsymbole signalisiert werden.

 

Aussagen zum Balzverhalten der Dinosaurier bleiben insgesamt in starkem Maße spekulativ, ebenso wie die Vorstellungen, die zur Begattung der Dinosaurier entwickelt wurden. Analog zu den Krokodilen und einigen Vögeln (Enten, Straußen) ist bei Dinosauriern das Vorhandensein eines z. T. enormen Penis im männlichen Geschlecht anzunehmen, auch wenn dieser der überwiegenden Mehrzahl der Vögel fehlt. Der Penis der männlichen Schreckensechsen war, um der Gefahr von Verletzungen vorzubeugen, in einer speziellen Hauttasche, der Kloake, versteckt und wurde nur zum "Liebesakt" aus seiner Höhle durch kräftige Muskeln hervorgeholt. Im Prozeß der Kopulation wird der erigierte Penis des Männchens in die Kloake des Weibchens eingeführt, um die Spermienübertragung zu gewährleisten. Dabei reitet häufig das Männchen der Partnerin von hinten auf. In ähnlicher Weise haben dies wohl auch sämtliche Dinosaurier getan. Der Schwanz des Weibchens wurde dabei zur Seite weggedreht, um dem Männchen den Zugang zur Kloake zu ermöglichen.

Die Sauropoden vollführten vielleicht eine Art Paarungsmarsch: Das Weibchen lief vor dem Männchen her, wobei letzteres mit einem seiner Vorderbeine den Schwanz der Partnerin berührte und so das Zeichen für die bevorstehende Kopulation gab. Das weibliche Tier blieb stehen und wendete seinen Schwanz zur Seite. Daraufhin erhob sich der Elefantendinosaurierbulle in den tripodialen Stand und legte seinen Vorderkörper sanft auf den seiner Partnerin ab. Nun konnte er die Begattung vollziehen, welche sicherlich dennoch mit einigen Schwierigkeiten verbunden war (Abb.).

Die Ceratopier werden sich ähnlich den rezenten Nashörnern begattet haben (Abb.). Bei den Carnosauriern erfolgte die Paarung nach Robert T. Bakker (1995) in bipeder Haltung. Auf Grund des enormen Körpergewichtes des Männchens ist wohl eher anzunehmen, daß das Weibchen sich während der Kopulation in eine liegende Position begeben hatte (Abb.). Die Ornithopoden kopulierten möglicherweise ebenfalls in liegender Position, wobei das Weibchen mit weggedrehtem Schwanz unter ihrem Partner am Boden lag. Auf Grund der eigenartigen Panzerung aus Knochenstacheln und -platten kann man sich kaum vorstellen, wie sich die Stegosaurier paarten. Hier mußte sich die Kuh möglicherweise seitlich auf den Boden legen, während der Bulle sie nun von oben nahm (Abb.).

Bei vielen Tierarten, bei denen sich beide Geschlechter an der Aufzucht der Nachkommen beteiligen, treten auch noch nach der Kopulation beschwichtigende Paarungsnachspiele auf. Sie helfen dabei, die nach der Begattung wieder aufkommenden aggressiven Tendenzen zu überwinden und ermöglichen somit ein Zusammenbleiben der Geschlechtspartner.

 

Die geäußerten Vorstellungen zur Balz und Paarung der Dinosaurier sind hochgradig hypothetisch. Fossile Belege zum Fortpflanzungsverhalten der Schreckensechsen liegen lediglich als Ei- und Nestfunde vor. Die ersten bedeutenden Funde von Dinosauriereiern gelangen den amerikanischen Paläontologen Roy Chapman Andrews und Walter Granger vom New Yorker Naturhistorischen Museum in den oberkreidezeitlichen Sandsteinen der Djadokhta-Formation von Bain Dzak (Wüste Gobi, Mongolei). Die circa 15 cm langen, ovalen Eier lagen aufrecht in einer runden nestartigen Kuhle zu etwa 20 Stück und mehr, in konzentrischen Ringen angeordnet, nebeneineinander. Die Lage der Eier zueinander läßt darauf schließen, daß das Muttertier sich beim Legen im Kreis gedreht hatte. Daran anschließend wurde das Gelege möglicherweise sorgfältig mit lockerem Sand zugedeckt, welcher sich in der Sonne gut aufheizte und so die in ihm befindlichen Eier ausbrütete. Die rauhe, warzige Oberfläche der Eischalen verhinderte ein Verstopfen der für die Atmung des Embryos nötigen Poren. Vielleicht wurden die Eier von den Elterntieren in Abständen ausgegraben und gewendet, um eine gleichmäßige Bebrütung zu gewährleisten.

In Nachbarschaft der Eier kamen die Skelettüberreste mehrerer Individuen unterschiedlicher Entwicklungsstadien der Art Protoceratops andrewsi zum Vorschein. So schien es daher sehr wahrscheinlich, die gefundenen Gelege dieser Ceratopier-Art zuzurechnen (Brown & Schlaikjer, 1940). A.V. Sochava (1969) stellte jedoch diese Einordnung auf Grund des begrenzten Vorkommens der Skelettreste im Gegensatz zu dem Eityp in Frage; als Verursacher könnten auch Hadrosaurier in Frage kommen. Dennoch blieb die ursprüngliche Deutung der Nester als Protoceratops-Gelege bis in unsere Tage allgemein anerkannt. Kürzlich (1993) gelang jedoch einer mongolisch-amerikanischen Forschergruppe rund 300 km von Bain Dzak entfernt bei Ukhaa Tolgod im westlichen Teil der Wüste Gobi der Fund eines vermeintlichen Protoceratops-Eies, welches in seinem Innern noch das gut erhaltene Skelett des Embryos enthielt. Anhand von Skelettmerkmalen konnte der Embryo allerdings Coelurosauriern aus der Gruppe der Oviraptoriden zugeordnet werden (Novacek et al., 1995). Damit muß die ursprüngliche Zuordnung der Eifunde zu Protoceratops revidiert werden. Bei den gefundenen Gelegen handelt es sich vielmehr um die Nester kleiner Oviraptor-ähnlicher Theropoden.

Zwischen den Oviraptoriden-Eiern und deren Schalenstücken fanden sich in dem jüngst entdeckten Gelege auch zwei winzige Schädel junger, wenn nicht sogar frisch geschlüpfter Deinonychosaurier (eventuell Velociraptor). Michael J. Novacek, Mark Norell, Malcolm C. McKenna & James Clark (1995) geben mehrere mögliche Erklärungen für dieses Nebeneinander der Reste verschiedener Arten in einem Nest: So könnten beispielsweise die Deinonychosaurier bereits in sehr jungem Alter auf Nestraub gegangen sein. Die Nester der Dinosaurier übten generell auf viele räuberische Formen eine besondere Anziehungskraft aus. Kleine fleischfressende Deinonychosaurier gruben die Gelege aus und plünderten sie. Vielleicht bewachten die erwachsenen Oviraptoriden ihre Nester und schützten sie, wie auch ihre Nachkommen, vor den Angriffen dieser Nesträuber. Die gefundenen Schädel stammen demnach von beim Nestplündern überraschten Deinonychosaurierjungen.

Es wäre aber genauso denkbar (und möglicherweise wahrscheinlicher), daß die Oviraptoriden-Eltern junge Deinonychosaurier erbeuteten und diese an ihren frisch geschlüpften Nachwuchs verfütterten. Schließlich kann sogar die Deutung nicht ausgeschlossen werden, wonach zumindest einige Deinonychosaurier ähnlich wie der heutige Kuckuck Brutparasitismus betrieben. In diesem Fall hätten die Weibchen dieser Deinonychosaurier ihre Eier den Oviraptoriden zum Ausbrüten und eventuell sogar Aufziehen der Jungtiere untergeschoben.

 

Im Jahre 1978 entdeckten die Paläontologen John R. Horner und Robert Makela in Gesteinen der oberen Kreide der Two Medicine Formation (Willow-Creek-Sattel) Montanas die Gelege verschiedener Dinosaurierarten. Eines dieser ausgedehnten Nestvorkommen konnte dem kleinen Hypsilophodonten Orodromeus makeli zugeordnet werden. Die meisten Gelege des Orodromeus besitzen Durchmesser von circa 1 m und enthalten 12 bis 24, etwa 15 cm lange, ovale Eier, die mehr oder weniger aufrecht in einer präzisen Spiralform arrangiert sind. Sie stecken mit ihrem schmaleren Ende im Sediment. Das Ei in der Mitte des Nestes, welches mit Sicherheit als erstes gelegt wurde, ragt vollkommen senkrecht aus dem Eierhaufen hervor. Während der Eiablage beschrieb das Muttertier daher langsam einen Kreis und deponierte Schritt für Schritt ein Ei nach dem anderen in den weichen Untergrund des Nestes.

Nun wurde das Gelege durch Pflanzenmaterial sorgfältig abgedeckt. Die erwachsenen Orodromeus bebrüteten ihre Eier nicht wie die Vögel direkt, sondern überließen dies der Wärme, welche sich im Prozeß des Verrottens des darüber angehäuften pflanzlichen Abdeckmaterials entwickelte. Sicherlich überwachten sie den Brutvorgang und sorgten mit gelegentlichen Lockerungen des Pflanzenhaufens dafür, daß sich in seinem Innern eine möglichst optimale Bebrütungstemperatur einstellte (Horner, 1984).

Insgesamt konnten zehn Nester des Orodromeus ausgegraben werden, welche auf recht engem Raum jeweils in einem regelmäßigen Abstand von nur circa 2 m voneinander entfernt lagen. Offensichtlich schlossen sich die erwachsenen Hypsilophodonten zu größeren Brutkolonien zusammen, und legten ihre Nester gemeinsam in einer Hackdistanz, welche in etwa ihrer eigenen Körperlänge entsprach, nebeneinander, ähnlich wie es von vielen Vögel bekannt ist. Durch das gemeinsame Brüten in einer Brutkolonie bestand für sie ein größerer Schutz vor Nesträubern. Zum einen sank die Wahrscheinlichkeit eines Übergriffs, da der Plünderer eine größere Auswahl hatte. Zum anderen konnten sich die brütenden Tiere beim Vertreiben der Räuber gegenseitig unterstützen.

Besonders die Plätze im Zentrum der Kolonie waren am besten geschützt, die an den Rändern dagegen weniger. Und so haben sicherlich die Hypsilophodonten bei der Anlage ihrer Brutkolonien miteinander um die besten Brutplätze gekämpft und diese danach als Grundbesitz auf Hackabstand verteidigt. Wie nach dem Abstand der Nester zueinander zu schließen ist, blieben die Alttiere in Nestnähe, umsorgten und bewachten ihre Gelege.

Viele der Orodromeus-Nester enthielten geöffnete Eier. Ihre unteren Hälften sind unversehrt erhalten geblieben. Die Jungen schlüpften durch die Spitzen ihrer Eier. Nach dem Schlüpfen blieben sie nicht länger im Nest, verließen es sofort, vielleicht unter der Führung der Alttiere, die ihnen bereits beim Ausschlüpfen behilflich waren. Sie trampelten nicht weiter auf ihren Eierschalen herum, so daß diese bis auf die aufgesprengten Spitzen völlig intakt blieben. Diese Beobachtung führte die Wissenschaftler etwa 80 Millionen Jahre später zu der Vermutung, daß die jungen Hypsilophodonten Nestflüchter waren.

Die Alttiere betreuten ihre fast selbständigen Jungen außerhalb des Nestes weiterhin. Sobald ihre Nachkommen geschlüpft waren, verließen sie zusammen mit ihnen die Nistkolonie und zogen weiter. In unmittelbarer Nähe der Brutkolonie konnten die fossilisierten Skelette von 20 bis 25 Jungtieren des Orodromeus geborgen werden. Sie besaßen Längen von 0,5 bis 1,5 m. Ausgewachsene Tiere erreichten maximal Längen von etwa 3 m. Die frühe Selbständigkeit der Jungen läßt sich auf die recht geringe Körpergröße der Erwachsenen zurückführen. Diese konnten sich und ihre Brut innerhalb der Brutkolonie zwar gegen kleinere Freßfeinde erfolgreich schützen, hatten jedoch gegen größere Räuber kaum eine Chance. Sie versteckten sich bei drohenden Gefahren im Dickicht oder suchten ihr Heil in einer schnellen Flucht. Sobald die Jungen ausgeschlüpft waren, mußten sie demnach ihren Eltern ins verbergende Unterholz folgen, um nicht den gefräßigen Predatoren zum Opfer zu fallen, die sich eine derart leichte Beute sicher nicht entgehen ließen.

Auf Grund der Vielzahl der in Nestnähe gefundenen, unterschiedlich alten Jungtiere ist jedoch eine sofortige Abwanderung der Hypsilophodonten aus dem Nistgebiet unwahrscheinlich. Nach John R. Horner (1984) blieben die Jungen im Nistbereich in Gruppen zusammen, wie es von einigen bodenbrütenden Vögeln bekannt ist.

Neben Gelegen mit geöffneten Eiern fanden sich auch einige, welche völlig intakte Eier aufwiesen. Vielleicht enthielten diese Eier sogar noch die Embryonen? Der Einsatz moderner Technik, wie beispielsweise die Computer-Tomographie, ermöglichte es den Paläontologen, Blicke in das Innere dieser Eier zu werfen. Und tatsächlich konnten die winzigen Knochen des schlupfbereiten Embryos ausgemacht werden. Seinen Kopf hielt der Embryo, der Brust aufliegend, zwischen seinen angelegten Armen. Die Beine waren ebenfalls eng an den Körper herangezogen, während der Schwanz den Leib des Embryos umfaßte.

Horner und seine Mitarbeiter präparierten den Embryo aus dem Ei heraus und untersuchten seinen Knochenaufbau. Die stabilen Beinknochen waren bereits so hervorragend ausgebildet, daß sie problemlos das Gewicht des kleinen Tieres tragen konnten.

Die genaue Analyse der Fundumstände der Nestkolonie des Orodromeus ergab, daß diese Hypsilophodonten ihre Gelege relativ geschützt auf kleinen bewachsenen Inseln inmitten flacher Seen anlegten. Dennoch wurden die Kolonien gelegentlich von den verschiedendsten Räubern aufgesucht, deren verstreute Überreste, insbesondere Zähne und Kieferfragmente, ebenfalls zutage gebracht wurden. Den heutigen Waranen ähnliche Reptilien legten unbewachte Nester frei und plünderten sie aus. Kleine mesozoische Säugetiere fielen ebenfalls über die Eier her. Sie hatten sicherlich einige Mühe damit, die recht großen Eier aufzubrechen, um an den heißbegehrten Inhalt heranzukommen. Vielleicht vergriffen sie sich auch an den frischgeschlüpften Jungtieren. Auch einige räuberische Dinosaurier nutzten die Chance, leichte Beute zu machen. Der intelligente Troodon hielt sich in der Nähe der Kolonie auf, und wartete darauf, unbeaufsichtigte Orodromeus-Jungen erbeuten zu können. Selbst große Carnosaurier, wie Albertosaurus, drangen in die Brutkolonie ein. Die recht wehrlosen Hypsilophodonten flüchteten ins schützende Unterholz. Geschlüpfte Jungtiere, die nicht rechtzeitig das rettende Dickicht erreichten, wurden gefressen. Riesige Pterosaurier, wie beispielsweise Quetzalcoatlus, observierten sicherlich die Nistkolonien aus der Luft und stießen blitzschnell herab, um unaufmerksame Jungtiere zu erbeuten.

 

"Der Fuchs im Hühnerstall?" Neben den länglichen Eiern der Hypsilophodonten fanden sich eigenartige ellipsoide, etwa 10 cm lange Eier, welche, in Paaren angeordnet, horizontal im Sediment lagen. Sie wurden nicht in Nestern abgelegt, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach einfach im Boden verscharrt. Die Bebrütung erfolgte wohl über die Wärme des die Eier umgebenden, in der Sonne erhitzten Erdreichs. Eine Zuordnung dieser Eifunde zu einer bestimmten Dinosaurierart ist noch nicht möglich. Selbst mit dem Einsatz der Computer-Tomographie konnten keine embryonalen Knochenstrukturen im Innern der Eier festgestellt werden. Möglicherweise befinden sich die Embryonen noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium.

Horner (1984) vermutet, daß es sich um Gelege des kleinen Räubers Troodon handelt. Dieser nutzte wohl die relative Sicherheit des Nistplatzes für seine eigenen Eier. Die Nachkommen dieses flinken Theropodens würden außerdem in ihrer Umgebung einen "reichlich gedeckten Tisch" vorgefunden haben, der ihrem Nahrungsbedarf hervorragend gerecht wurde. Allerdings müßte gerade bei dem intelligenten Troodon Aufzucht und Betreuung der Jungen angenommen werden.

 

Das zweite aus der Two Medicine Formation Montanas bekannte, ausgedehnte Nestvorkommen stammt von Hadrosauriern der Gattung Maiasaura. Es handelt sich um im Durchmesser circa 2 m große und im Zentrum etwa 1 m tiefe Nestgruben, welche von einem schützenden Erdwall umgeben sind. Zehn derartige, in einem regelmäßigen Abstand von 6 bis 7 m auseinanderliegende Nestmulden konnten bislang im gleichem Horizont ausgegraben werden.

Analog dem Hypsilophodonten Orodromeus nistete Maiasaura ebenfalls in Brutkolonien. Auch hier waren die Nistbereiche klar abgesteckt und wurden gegen Eindringlinge verteidigt. Die etwa einer Maiasaura-Länge entsprechenden Nestzwischenräume ermöglichten den Alttieren einen ausreichenden Bewegungsspielraum.

Die Maiasaura-Weibchen polsterten ihre in den lehmartigen Boden gescharrten Nestmulden mit weicher Vegetation aus, bevor sie 20 bis 25 der etwa 20 cm langen Eier hineinlegten. Die einzelnen Eier, in einem weiten Kreis plaziert, berührten einander nicht. Auf Grund des enormen Gewichtes der Alttiere (3 t) konnten sie nicht wie die Eier rezenter Vögel direkt bebrütet werden. Die Hadrosaurier nutzten daher die gleiche Methode, die wir bereits bei Orodromeus kennengelernt haben: Sie häuften über ihr Gelege verrottendes Pflanzenmaterial, dessen Gärungswärme das Ausbrüten der Eier übernahm. Regelmäßig kontrollierten sie sicherlich die Temperatur im Innern des Bruthaufens und beugten beispielsweise bei sehr starker Sonneneinstrahlung einer Überhitzung der Eier vor, indem sie mit ihren Schnäbeln oder den Händen Teile der oberen Pflanzenschichten abtrugen. Vielleicht richteten sie sich zusätzlich so auf, daß ihre Körper Schatten auf die Nester warfen.

Interessanterweise enthalten die Nester der Maiasaura im Gegensatz zu denen des Orodromeus keine halbwegs intakten Eierschalen mehr. Die Schalen sind in eine Vielzahl kleiner Trümmer zerbrochen, fast so als ob auf ihnen herum getrampelt wurde. Blieben die Jungtiere etwa auch nach dem Schlupf noch im Nest?

In einigen der ausgegrabenen Nester waren selbst noch die Überreste der Jungtiere erhalten geblieben. Alle Maiasaura-Küken eines Nestes besitzen dabei praktisch die gleiche Größe und damit den gleichen Entwicklungsstand. Frisch geschlüpfte Tiere sind nur etwa 30 bis 35 cm lang und wogen mit ihren ca. 200 g etwa 1/16 000 des Gewichtes der Alttiere. Aber auch Jungtiere, die bereits eine Länge von fast 2 m erreicht haben, finden sich noch in einem Nest. Die geschlüpften Jungen verließen demnach im Unterschied zu denen des Orodromeus nicht sofort das Nest. Sie waren vermutlich Nesthocker, die allein auf sich gestellt, zu hilflos waren, um ihre eigenen Lebensansprüche selbst wahrnehmen zu können.

Wie die Analyse der noch sehr schwach ausgeprägten Beingelenke frisch geschlüpfter Maiasaura-Küken zeigt, konnten diese auch nicht besonders gut laufen und so kaum das schützende Nest verlassen. Sie bedurften daher der Fürsorge ihrer Eltern. Die Alttiere mußten ihre Nachkommen ausreichend mit hochwertiger Nahrung versorgen und sie vor den Übergriffen von Freßfeinden bewahren. In den Gelegen fanden sich die Überreste vorverdauter Beeren und Blätter, welche offensichtlich von den Eltern zum Nest gebracht worden waren. Erwachsene Maiasaura sammelten vielleicht die für ihren Nachwuchs bestimmte Nahrung vorgekaut in ihrem Kropf und würgten sie im Nest wieder hervor. Eine Fütterung Schnabel zu Schnabel kann angenommen werden, wenngleich sie durch den gewaltigen Größenunterschied beider Strukturen wenig wahrscheinlich erscheint.

Dinosaurier, welche in großen Kolonien nisteten und zudem derart für ihre Nachkommen sorgten, müssen in der Lage gewesen sein, das eigene Nest und die eigenen Jungen unter vielen anderen exakt wiederzufinden. Vielleicht erkannten die Alttiere ihren Nachwuchs individuell an bestimmten Rufen, die die Jungen von sich gaben.

Ohne Zweifel kümmerten sich die erwachsenen Maiasaura sehr intensiv um ihren Nachwuchs, betrieben also eine ausgedehnte Brutpflege. Aber welche Signale der Jungtiere lösten diese Zuwendungen überhaupt aus? Antwort auf diese Frage geben vergleichende Betrachtungen der Schädelproportionen junger und erwachsener Individuen. Die Schädel adulter Maiasaura verfügen über eine recht flache, langgestreckte Schnauze und relativ kleine Augen, die der Jungtiere sind dagegen recht kurz, zeigen ein hohes Profil und auffallend große Augen. Der Kopf der Jungen besitzt daher eine typisch kindliche Form. Er ist niedlich, er paßt in das sogenannte Kindchenschema, welches bei vielen rezenten Vögeln und Säugern Verhaltensweisen der Brutpflege aktiviert.

Histologische Untersuchungen des Knochenquerschnittes der Nestlinge belegen weiterhin, daß die Maiasaura-Jungen über eine ungewöhnlich hohe Wachstumsgeschwindigkeit verfügen mußten. Innerhalb weniger Wochen nach ihrem Schlupf erreichten sie eine Körperlänge von fast 2 m. Nun konnten sie bereits gelegentlich das Sicherheit gewährende Nest verlassen und die nähere Umgebung erkunden. Derartige Nestausflüge waren jedoch sehr gefährlich. Die unterschiedlichsten Raubtiere warteten sicherlich in unmittelbarer Nähe der Nistkolonie nur darauf, kleine, wehrlose und noch unerfahrene Jungtiere zu schlagen. Um eine gefährliche Konfrontation mit einem Räuber zu vermeiden, blieben die jungen Hadrosaurier deshalb wohl eher in der Reichweite des Nestes. Bei drohender Gefahr konnten sie so schnellstens zum Nest zurückkehren. Vielleicht begleiteten die Alttiere ihre Jungen sogar auf deren Ausflügen. In gefährlichen Situationen sendeten die Kleinen möglicherweise einen Notruf aus, auf dessen Signal hin die Erwachsenen jeden angriffen, der sich am Nachwuchs vergriff.

Junge Maiasaura, welche eine Länge von 2,5 bis 3 m erreicht hatten, verließen nun endgültig ihr Nest und folgten ihren Eltern bei deren Wanderungen zu neuen Weidegründen. Es wird nach eingehenden Computersimulationen davon ausgegangen, daß die Jungen erst nach etwa 10 bis 15 Jahren erwachsen und damit geschlechtsreif wurden.

Maiasaura-Herden von etwa 10 000 Individuen unterschiedlichster Entwicklungsstadien durchzogen vor 80 Millionen Jahren die Landstriche Nordamerikas. Jahr für Jahr, vielleicht im Frühling, kehrten die erwachsenen Tiere jedoch zur Fortpflanzung zu ihren alten Nistplätzen in den trockenen Hochlandregionen des damaligen Montanas zurück. Hier angekommen, kämpften die Männchen miteinander um die besten Brutplätze innerhalb der Kolonie. Nur derjenige, der ein möglichst gut gelegenes Nistrevier erkämpfen und behaupten konnte, hatte überhaupt eine Chance, ein fortpflanzungsbereites Weibchen zu finden und sich mit ihm zu paaren. Danach legte das Weibchen, eventuell unterstützt durch das Männchen, ein Nest an. Möglicherweise wurden aber auch bereits vorhandene Nestmulden des Vorjahres erneut benutzt, nur etwas ausgebessert und mit neuem Pflanzenmaterial ausgelegt, bevor das Weibchen seine 20 bis 25 Eier darin ablegte.

Im Unterschied zu Orodromeus bevorzugten die Maiasaura die trockneren Bergländer zum Nisten. Von hier aus konnten die wachsamen Erwachsenen die weiten Ebenen gut überschauen. Ankommende Räuber wurden so schnell erspät und vielleicht sogar gemeinsam vertrieben. Es ist darüber hinaus durchaus annehmbar, daß jüngere, vielleicht noch nicht geschlechtsreife Tiere, bei ihren Eltern blieben und ihnen bei der Aufzucht der Geschwister halfen. Eine derartige Unterstützung durch Bruthelfer ist von vielen höheren Wirbeltieren bekannt, bleibt natürlich im Rahmen der Dinosaurier reine Spekulation.

 

Ein generelles Problem bei den Funden von Dinosauriereiern ist deren Zuordnung zu einer bestimmten Art. Die Eier des Orodromeus wurden durch die in ihrem Innern enthaltenen Embryonen sicher identifiziert. Bei Maiasaura erlaubten die im Nest vorhandenen, bereits geschlüpften Jungtiere eine einwandfreie Bestimmung. Die aus der Oberkreide der Mongolei bekannten länglich ovalen Eier wurden zunächst zu den Skeletten des Protoceratops gerechnet, da beide Fossilien in den gleichen Schichten unmittelbar benachbart aufgefunden wurden. Embryonen, die eine sichere Identifikation als Oviraptoriden-Eier erlaubten, konnten erst 1995 nachgewiesen werden. Ein ähnliches Problem ist mit den aus der Oberkreide Südfrankreich beschriebenen Eifunden verknüpft (u.a. Breton, Fournier & Watte, 1986).

Es handelt sich um kugelige (sphärische) Eier, die einen Durchmesser von maximal 24 cm erreichen können. Ihr Rauminhalt wurde auf 1 610 bis 5 200 cm3, ihr Gewicht auf 1 755 bis 5 665 g berechnet. In einigen Fällen liegen vier bis fünf derartige Eier nebeneinander, in anderen sogar bis zu 12 regellos in einer 1,2 ´ 0,7 m großen und 0,7 m tiefen nestartigen Kuhle. Das Vorhandensein mehrerer Gelege nebeneinander deutet auf große Nistkolonien hin.

Man ist geneigt, diese Eifunde dem etwa 12 m langen Titanosauriden Hypselosaurus zuzuschreiben (u.a. Ginsburg, 1980) - ein direkter Nachweis, z.B. in Form überlieferter Embryonen oder frisch geschlüpfter Tiere, die das Nest noch nicht verlassen hatten, steht jedoch bislang aus.

Andere Sauropodeneier werden in den mitunter sehr ausgedehnten Vorkommen der indischen Lameta-Formation, der chinesischen Provinz Shandong sowie der Oberkreide Argentiniens und Uruguays vermutet. Eindeutige Nachweise fehlen auch hier. Robert T. Bakker (1986) zweifelt daher berechtigterweise die Zuordnung dieser Eifunde zu den Sauropoden an. Lebensfähige Sauropodenembryonen waren nach seiner Meinung einfach zu groß, um sich im Ei entwickeln zu können. Viel eher brachten die Elefantenfußdinosaurier ihre Jungen gar lebend zur Welt. Wie aus dem relativ weitem Beckenkanal vieler Skelette hervorgeht, war dies ohne weiteres möglich. Aber auch hier fehlt der eindeutige Nachweis in Gestalt der in der Beckenregion überlieferten Überreste ungeborener Jungtiere.

Auch bei einigen anderen Dinosauriern, z.B. bei den Pachycephalosauriern und den Ornithomimiden, wird von den verschiedensten Autoren Viviparie (Lebendgeburt) erwogen (Russel, 1972; Maryanska & Osmolska, 1974). In einigen der unzähligen Skelette des Theropoden Coelophysis bauri, die aus einer einzigen Fossilgrube, der Ghost Ranch New Mexicos (obere Trias) bekannt sind, finden sich zwischen den Rippen die Überreste viel kleinerer Artgenossen. Handelt es sich hierbei etwa um ungeborene Jungtiere, welche eine mögliche Viviparie bei der betreffenden Dinosaurierart beweisen könnten?

In diesem Fall müßten sich die Überreste unversehrt im hinteren Teil der Bauchhöhle und nicht im Bereich des Brustkorbes befinden. Zusätzlich drängt sich hier der Eindruck auf, die Skelette der Jungtiere seien zerstückelt und möglicherweise bereits teilweise verdaut. Wahrscheinlicher ist es daher, daß dieser etwa 3 m lange Coelurosaurier gelegentlich die Jungtiere der eigenen Art verschlungen hatte.

Kannibalismus kann unterschiedliche Ursachen haben (Wickler & Seibt, 1990): Sind zuviel Junge vorhanden, als unter den gegenwärtigen Bedingungen aufgezogen werden können, beispielsweise bei einem nicht ausreichenden Nahrungsangebot, werden einige von ihnen häufig durch die Mutter getötet und damit die Anzahl der zu versorgenden Nachkommen auf ein akzeptables Maß herabgesetzt.

Mitunter enthält ein Gelege jedoch zu wenige Jungtiere und dennoch kommt es zum Kannibalismus. In diesem Fall frißt die noch recht junge Mutter ihre Jungen auf, um möglichst schnell zu einem nächsten vollzähligen Gelege zu kommen. Je älter das Muttertier allerdings wird, um so weniger kann sie mit einem späteren Gelege rechnen. Unter diesen Umständen nimmt sie auch ein unvollständiges Gelege an und zieht ihre Jungen auf.

Beide Erklärungen für den Kannibalismus des Coelophysis setzen den Nachweis eventueller Brutpflege voraus. Aus der gewaltigen Ansammlung dieser Coelurosaurier kann jedoch lediglich auf einen bevorzugten Lebensraum geschlossen werden, eventuell sogar auf Gruppenaktivität. Vielleicht verschlangen die Alttiere des Coelophysis aber auch einfach alles, was sich bewegte und die richtige Größe dafür hatte.

Bei anderen Coelurosauriern glaubt man den Nachweis erbracht zu haben, daß sie Eier legten. In den zehn rundlichen, im Bereich der Bauchseite gelegenen, dunklen Gebilden des Fundes von Compsognathus longipes aus dem Solnhofer Schiefer vermutet Matthias Mäuser (1983) die Eier dieses Coelurosauriers. Zuvor ging man allgemein davon aus, es handle sich um die Kelche der häufig in den Plattenkalken zu findenden, freischwimmenden Seelilie Saccocoma. Mäuser konnte jedoch keines der für diese Tiere charakteristischen Anzeichen von Armen bzw. der fünfstrahligen Symmetrie erkennen. Darüber hinaus besitzen die halbkugeligen Objekte auch einen größeren Durchmesser als die Seelilienkelche.

Handelt es sich bei diesen Gebilden wirklich um Eier, dann wäre dieses Compsognathus-Exemplar ein erwachsenes Weibchen gewesen. Demgegenüber steht jedoch ein zweiter Skelettfund aus dem oberen Jura von Südfrankreich (Nizza). Dieses französische Exemplar ist mit einer Länge von 1,05 m etwa 50 Prozent größer als der bayerische Compsognathus. Dennoch wird es von einigen Wissenschaftlern zur selben Art (C. longipes) gerechnet. Dies würde bedeuten, daß es sich bei dem Solnhofener Fund nicht um ein ausgewachsenes Individuum handelt. Infolgedessen wäre auch die Deutung der gewölbten Objekte als Dinosauriereier hinfällig. Die Entdecker des französischen Exemplares beschrieben indes ihren Fund unter einem anderen Artnamen: C. corallestris (Bidar, Demay & Thomel, 1972)

 

Hinweise auf das Fortpflanzungsverhalten der Dinosaurier liefern, wie wir bereits an einigen Beispielen gesehen haben, auch die Überreste junger Individuen, selbst dann, wenn fossile Eier fehlen. Allerdings gehören die Reste der "Baby-Dinosaurier" auf Grund ihrer noch recht zarten Knochenstruktur und der daraus resultierenden geringeren Erhaltungschancen zu den paläontologischen Raritäten.

Von Protoceratops andrewsi sind seit den legendären amerikanischen Expeditionen in die Wüste Gobi unter der Leitung von Roy Chapman Andrews und Walter Granger wiederholt zahlreiche Skelette in den Schichten der Djadokhta-Formation entdeckt und ausgegraben worden. Neben männlichen und weiblichen Erwachsenen fanden sich auch die Reste jugendlicher und selbst die frisch geschlüpfter Tiere. Zum ersten Mal gelang es den Paläobiologen, durch das Studium der Veränderung der Körperproportionen das Wachstum einer Dinosaurierart zu verfolgen. Die größten Proportionsänderungen während der Individualentwicklung erfuhr der Schädel des Protoceratops: Die Schädel junger Individuen besitzen nur ein recht kurzes Nackenschild. Das Nasenbein ist vollkommen flach. Im Verlauf der Ontogenese wird der Nackenkragen zunehmend breiter und steiler. Bei den männlichen Tieren entwickelt sich nun auch ein recht kräftiger Höcker auf dem Nasenbein (Nasale).

Das gemeinsame Auffinden vieler Skelette des Protoceratops, die zudem unterschiedliche Altersstadien repräsentieren, läßt auf ein reges soziales Treiben innerhalb von Familienverbänden schließen.

Das New Yorker American Museum of Natural History ist im Besitz mehrerer jugendlicher Exemplare der Art Psittacosaurus mongoliensis, welche Körperlängen zwischen etwa 25 bis 39,5 cm aufweisen (Coombs, 1980, 1982). Die Zähne der winzigen Tiere zeigen bereits gewisse Abnutzungserscheinungen, die darauf hindeuten, daß die Kleinen bereits wenige Tage nach ihrem Schlupf gelebt hatten, bevor sie um's Leben kamen und fossilisiert wurden. Nach der gut entwickelten Knochenstruktur der Jungen zu urteilen, handelte es sich um Nestflüchter. Sicherlich lebte Psittacosaurus ähnlich Protoceratops in kleineren Familienverbänden. Die Eltern übernahmen dabei den Schutz ihrer Nachkommen.

Brutpflegehandlungen wurden durch die typischen Kindchenmerkmale der Psittacosaurus-Jungen ausgelöst. Wie an den etwa 3 bis 4 cm langen Schädeln deutlich erkennbar ist, verfügten die Kleinen über große Augen und runde Kopfformen. Während der Individualentwicklung verlängerte sich deutlich die Schnauzenregion und der Schädel nahm eine flachere Form an. Die Augenhöhlen wuchsen jedoch nicht im gleichem Maße wie der übrige Schädel. Ihr Wachstum war stark verlangsamt, so daß sich ihre relative Größe zunehmend verringerte.

Die charakteristischen Merkmale des Kindchenschemas (recht große Augenhöhlen und eine kurze, runde Gesichtsform) zeigen auch die aus der oberen Trias Argentiniens beschriebenen juvenilen Exemplare des Mussaurus (Bonaparte & Vince, 1979). Die etwa 20 bis 30 cm langen, noch im Gelenkverband befindlichen "Dinosaurier-Babys" wurden auf engem Raum beieinanderliegend gefunden. Vermutlich handelt es sich dabei um das Nest dieses Prosauropodens. Einige der Jungen lagen mit angezogenen Beinen auf ihrem Bauch, andere dagegen "alle Viere von sich gestreckt" auf der Seite.

Von dem Sauropoden Camarasaurus sind einige juvenile Exemplare beschrieben worden. Im Gegensatz zu den Alttieren haben die Jungen einen relativ großen Kopf mit den typischen Kindchenmerkmalen, der auf einem recht kurzen Hals sitzt. Auch der Schwanz ist im Verhältnis zu dem der Erwachsenen nicht besonders lang. Dementsprechend konnten Hals und Schwanz auch nicht die Körperwärme der mit Sicherheit endothermen Jungen übermäßig abstrahlen. Mit dem Größerwerden setzte in steigendem Maße die Strategie der Massenhomoiothermie ein und trat der notwendig werdenden Abkühlung des infolge gesteigerter körperlicher Aktivitäten überhitzten Körpers entgegen. Nun mußten größere Abstrahlflächen geschaffen werden, die dabei halfen, die Körpertemperatur auf einen Optimalwert zu halten. Hals und Schwanz wuchsen zunehmend in die Länge und übernahmen diese Funktion.

Juvenile Lambeosaurine, wie die aus der obersten Oberkreide Albertas bekannten, etwa 60 cm langen Individuen des Hypacrosaurus oder des Parasaurolophus, besitzen an ihren das Kindchengesicht zeigenden Schädeln noch nicht die charakteristischen Knochenkämme der Alttiere. Demzufolge verfügten sie auch nicht über die ausgedehnten Resonanzkammern in deren Innern, welche die lauten tiefen Töne erzeugten, mit denen die erwachsenen Männchen zur Fortpflanzungszeit ihren Revieranspruch deutlich machten und miteinander konkurrierend um die Weibchen warben. Die Männchen fielen sicher jedes andere Tier an, welches nur irgendwie nach einem Rivalen klang bzw. den das Geschlecht kennzeichnenden Kopfschmuck trug. An den Schädeln der Jungtiere läßt sich daher ein stark verlangsamtes Kammwachstum feststellen. Die Kleinen gaben eher recht hohe, quieckende Laute von sich, die bei den adulten Artgenossen eher Hilfebereitschaft aktivierten als Kampfbereitschaft. Die hohe Stimmlage schützte sie so vor den Angriffen erwachsener arteigener Männchen, zumindest solange sie noch nicht geschlechtsreif waren.

Von Stegosaurus sind ebenfalls Skelette juveniler Individuen bekannt (Galton, 1982). Sie erreichen Körperlängen von 1,5 und 2,6 m. Auffällig an ihnen ist das Fehlen der ansonsten für die Stegosaurier so typischen Panzerstrukturen entlang der Hals-, Rücken- und vorderen Schwanzpartie. Lediglich die eindeutig der Verteidigung dienenden Schwanzstacheln konnten nachgewiesen werden. Vielleicht stellten die dekorativen Knochenplatten Signale dar, welche die Geschlechtsreife des Trägers und dessen Geschlecht bekannt gaben. Möglicherweise besaßen weibliche Stegosaurier kleinere Platten als ihre männlichen Artgenossen, eventuell unterschieden sich Männchen und Weibchen aber auch in der Färbung dieser Strukturen. Kleine Stegosaurier fanden darüberhinaus bei Bedrohung durch einen Raubfeind sicherlich leichter Unterschlupf in deckungsbietenden Umgebungstrukturen, benötigten daher auch keine schwere und damit eine schnelle, vielleicht sogar bipede Flucht behindernde Körperpanzerung.

Aber auch an die Thermoregulation muß hierbei gedacht werden: Kleinere Tiere besitzen ein verändertes Volumen-Oberflächen-Verhältnis, d.h. verfügen über eine recht große relativ Körperoberfläche, welche ein schnelleres Abkühlen bedingt. Ein überhitztes Stegosaurus-Junge benötigte daher keine die Oberfläche vergrößernde Strukturen, um überschüssige Körperwärme optimal abführen zu können. Andererseits würde sein kleiner Körper beim Vorhandensein thermoregulatorisch aktiver Knochenplatten zu schnell auskühlen.

Fossil überlieferte Jungtiere kennt man auch von den Ankylosauriern. Mehrere Pinacosaurus-Junge wurden erst kürzlich im chinesischen Nei-Mongol von einer chinesisch-kanadischen Forschergruppe unter der Leitung von Philip Currie ausgegraben. Dieser Fund beweist unter anderem, daß die Ankylosaurier, entgegen der früheren Meinung, gesellig lebten. Interessanterweise fehlten den etwa schafsgroßen Jungtieren ähnlich wie bei den Stegosauriern noch die für die Erwachsenen typischen Knochenpanzer und Schwanzkeulen. Vielleicht flüchteten sie biped vor ihren Freßfeinden, anstatt wie ihre Eltern den Angriff im Vertrauen auf die eigene Wehrhaftigkeit relativ gelassen abzuwarten.

In Asien wurde eine Vielzahl juveniler Dinosaurier unterschiedlichster Arten ausgegraben. Neben den bereits vorgestellten Formen wie Protoceratops, Psittacosaurus und Pinacosaurus fanden sich auch die der Theropoden Gallimimus und Tarbosaurus. Anscheinend wuchsen auch die Jungen der Carnosaurier in Familienverbänden auf, wie der Fund einer kleineren Gruppe aus zwei unterschiedlich großen adulten Individuen, einem Halbwüchsigen und einem Baby zeigt. Vielleicht waren die Rudel sogar größer. Während einige Rudelmitglieder gemeinsam zur Jagd gingen, blieben andere als Wächter und Betreuer der Jungen zurück. Interessanterweise besitzen lediglich adulte Raubdinosaurier jene charakteristischen Überaugenwülste, die als Signale der Artzugehörigkeit zu Beginn dieses Kapitels Erwähnung fanden.

Monogame Dinosaurier. Nach Robert T. Bakker (1995) handelt es sich bei Tyrannosaurus um einen monogamen Dinosaurier, der in kleineren Familienverbänden die Landstriche des westlichen Nordamerikas zur Zeit der obersten Oberkreide bevölkerte. Bei der erst kürzlich gefunden Gruppe Tyrannosaurier, bestehend aus zwei unterschiedlich großen Erwachsenen, einem Halbwüchsigen und einem Jungtier, könnte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine der von Bakker beschriebenen Familiengruppen handeln. Das größere der beiden erwachsenen Tiere müßte dann nach Larsons Untersuchungen als Weibchen angesehen werden, das kleinere dagegen als Männchen.

Der Vermutung Bakkers, die Tyrannosaurier hätten eine intensive Brutpflege betrieben, kann vorbehaltlos zugestimmt werden, auch wenn der fossile Nachweis derzeit noch fehlt. Bei fleischfressenden Raubdinosauriern ist Brutpflege in Analogie zu den heutigen räuberisch lebenden Vögeln und Säugetieren regelrecht zu fordern.

Nach Bakker saß das Tyrannosaurus-Weibchen auf seinem Gelege und brütete die darin befindlichen Eier aus. Dieser Ansicht muß widersprochen werden, da das Gewicht des Muttertieres ein direktes Bebrüten der Eier nicht zugelassen hätte. Als mögliche Alternative könnte das Weibchen, ähnlich wie wir es bei den Ornithopoden gesehen haben, verrottendes Pflanzenmaterial über das Gelege gehäuft haben, dessen Gärungswärme das Ausbrüten übernahm. Der brutpflegende Elternteil kontrollierte eventuell von Zeit zu Zeit die Bebrütungstemperatur und regulierte diese beispielsweise durch Abtragen der oberen Schichten des Bruthaufens. Daneben kam ihm natürlich auch die Aufgabe zu, das Nest vor dem Zugriff von Nesträubern zu schützen.

Nach dem Schlupf der Jungtiere mußten diese mit "Babynahrung", möglicherweise bestehend aus Insekten und andere Kleintieren, versorgt werden. Es ist anzunehmen, daß die frischgeschlüpften Tiere nicht sofort für sich selbst sorgen konnten, da das Fangen tierischer Beute ein gewisses Maß an Erfahrung und Geschicklichkeit verlangt, welches die Jungtiere erst im Laufe ihrer Kindheit entwickeln konnten.

Für eine optimale Betreuung der Jungtiere ist ein Zusammenspiel beider Elternteile anzunehmen. Zusätzlich könnten noch nicht ausgewachsene Geschwister, wie beispielsweise das gefundene halbwüchsige Individuum, als Bruthelfer den Eltern zur Hand gegangen sein. Sie könnten beispielsweise den Schutz und die Betreuung ihrer jüngeren Verwandten übernommen haben, während die Eltern auf der Jagd waren. Dies sind zwar reine Spekulationen, aber ihre Annahme erweist sich im Sinne der Selektionstheorie vorteilhaft und daher wahrscheinlich.

Bakkers Annahme der Monogamie bei Tyrannosaurus stützt sich auf die engen phylogenetischen Beziehungen, die zwischen den theropoden Dinosauriern und den heutigen Vögeln bestehen. Allgemein werden etwa 80 % aller rezenten Vogelarten als monogam bezeichnet und einigen von ihnen wird seit jeher eine besondere Treue zum Sexualpartner bescheinigt: Sie gehen lebenslange Bindungen mit einem einzigen Partner ein. Der Grund dafür wird in den verbesserten Möglichkeiten bei der Aufzucht der Nachkommen gesehen. Gestützt wird diese Aussage u.a. durch Langzeitstudien an Möwen, bei denen Paare, die nach einer erfolgreichen Brut weiterhin zusammenblieben, im folgenden Jahr eine größere Anzahl flügge werdender Junge haben als gleichaltrige Tiere, die den Partner wechselten.

Nach Bakker war bereits der Tyrannosaurus-Bulle der "treue Partner, der nur bei seiner eigenen Frau zur Sache kam". Aber Untersuchungen an heutigen monogamen Vogelarten belegen dagegen, daß Monogamie in reiner Form kaum (wenn überhaupt) vorkommt: Wird beispielsweise das Männchen eines solchen Vogelpaares sterilisiert, legt das Weibchen dennoch erstaunlich oft befruchtete Eier (Bray, Kennelly & Guarino, 1975). Der Grund hierfür besteht in den unterschiedlichen Strategien, die Männchen und Weibchen einer Tierart zur Maximierung des eigenen Fortpflanzungserfolges entwickelt haben (siehe S. 163).

Insbesondere das Weibchen hat ein gewisses Interesse an einer festen und verläßlichen Bindung an ein Männchen, das ihr bei der Brutpflege zur Seite steht. Dieser "Wunsch" nach Paarbildung seitens des Weibchens steht nun aber ganz und gar im Widerspruch zur männlichen Promiskuität. Wie bekommt also ein Weibchen das Männchen dazu, sich an der Brutpflege zu beteiligen?

Beispielsweise kann das Weibchen während der Balz gewisse Vorleistungen vom Männchen fordern, wie die Errichtung eines Territoriums, eines Nestes oder von Futtervorräten. Damit ist das Männchen gezwungen, seinerseits mehr Energie und Zeit in die Fortpflanzung zu investieren, die im Falle einer Werbung um ein weiteres Weibchen erneut aufgebracht werden müßten. Da dies in der Regel sehr aufwendig ist, bleibt das Männchen "wohl lieber" bei seinem ersten Weibchen und hilft diesem, die gemeinsame Brut zu pflegen. Dies hindert dennoch das Männchen nicht unbedingt daran, auch bei anderen Weibchen, die weniger Vorleistungen fordern oder bereits andersweitig verpaart sind, sein Glück zu versuchen und somit dem anderen Männchen, seinem Konkurrenten, den eigenen Nachwuchs unterzuschieben. Ein "verheirateter" Tyrannosaurus-Bulle könnte also dennoch die Kuh eines anderen begattet und damit befruchtet haben.

Bakker nimmt jedoch zusätzlich an, daß die Tyrannosaurier-Kühe ähnlich wie die Weibchen des Odinshühnchens oder des Wasserfasans gegeneinander antraten, um die Gunst eines Brutmännchens zu erringen (siehe S. 167). Wenn dem so wäre, müßte jedoch die Behauptung der Monogamie fallen gelassen werden, da der Bulle nach dem Ablegen der Eier die Brutpflege allein übernahm und die Kuh sich zugleich auf die Suche nach dem nächsten Geschlechtspartner begab. Die Familiengruppen der Tyrannosaurier wären dann sogenannte Vaterfamilien gewesen, da der Vater allein mit den Jungen zusammenblieb.

 

Gerade im Bereich des Fortpflanzungsverhalten existiert im Tierreich eine enorme Mannigfaltigkeit der Erscheinungen. Selbst innerhalb einer rezenten Tierart können häufig verschiedene Taktiken zu beobachten sein, so daß es äußerst schwierig (wenn überhaupt möglich) ist, daraus für fossile Tiere verläßliche Aussagen abzuleiten. Überlegungen zum Fortpflanzungsverhalten der Dinosaurier sind insofern möglich, wenn sie allgemeingültige Aussagen betreffen, die auf der Analyse heutiger Verhältnisse beruhen. Während Krokodile als entfernte Verwandte der Dinosaurier, Vögel als deren Abkömmlinge (zumindest als Nachfahren der Theropoden-Linie) sich als Referenzobjekte dafür eignen, können selbst Säugetiere hierfür genutzt werden, da sie einigen Dinosauriern entsprechende Lebensformtypen entwickelt haben. Dennoch muß auf den spekulativen Charakter dieser Überlegungen hingewiesen werden. Vielleicht können künftige Funde darüber mehr Aufschlüsse bringen, aber letztlich werden wir doch wohl ohne derartige Spekulationen nicht auskommen können, zumal sie recht reizvoll sein können.

 

Die Beschreibung des Sozialverhaltens der Dinosaurier bleibt letztlich sehr lückenhaft und spekulativ. Wesentliche Fragen finden keine endgültige Klärung. Dennoch hinterlassen die vorgestellten fossilen Belege für eine Gruppenbildung, Kommunikation über Lautgebung und optische Signale oder auch die verschiedenen Formen der Brutpflege den Eindruck, daß viele Dinosaurierarten über sehr komplexe soziale Verhaltensweisen verfügten, wenn diese auch im Einzelfall heute, nach mehreren Millionen von Jahren nur bedingt nachvollziehbar sind. Die Dinosaurier ähneln auch hier wieder deutlicher den endothermen Vögeln als den ectothermen Reptilien, für die sie lange Zeit ausschließlich gehalten wurden.