Fleischfressende (carnivore) Dinosaurier

 

Fleischfressende Dinosaurier finden wir nach heutiger Kenntnis nur innerhalb der Gruppe der Theropoden. Besonders die riesigen Carnosaurier, die größten carnivoren Tiere, die jemals auf unserer Erde gelebt haben, üben seit ihrer Entdeckung in der Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder eine große Faszination auf Museumsbesucher und Wissenschaftler aus.

Aasfresser oder Jäger? Die meisten Raubdinosaurier besitzen einander sehr ähnliche Gebisse: Die kräftigen Kiefer säumen lange, vorn spitz zulaufende, dolchförmige Zähne, die leicht rückwärts gebogen und an ihren Hinterkanten fein gesägt sind. Oft werden sie daher mit einer Säge oder einem Fleischmesser verglichen. Sie eigneten sich nicht zum Zerkauen der Nahrung. Fleischliche Kost muß allerdings auch keine derartige mechanische Zerkleinerung erfahren wie die pflanzliche. Sie ist in der Regel recht leicht verdaulich, besser zusammengesetzt, läßt sich problemlos zerteilen und besitzt zudem einen höheren Energiegehalt. Infolge dessen muß sie nicht in dem gigantischem Maße aufgenommen werden wie Pflanzenkost. Raubtiere sind also nicht gezwungen, fast ununterbrochen zu "futtern", können es sich sogar leisten, den größten Teil des Tages anderen Beschäftigungen zu widmen, und sei es einfach nur, um zu schlafen.

Andererseits ist es bedeutend einfacher, stationäre Nahrungsobjekte, wie Pflanzen, abzuweiden, welche sich nicht durch eine rasche Ortsveränderung dem Zugriff der sie nutzenden Tiere entziehen können. Pflanzenfresser müssen daher nicht unbedingt schnell sein; ihre Nahrung läuft ihnen nicht davon. Dieses Problem besteht allerdings für die carnivoren Tiere, da sie sich hauptsächlich von dynamischen Nahrungsobjekten ernähren, welche auf Grund ihrer Fähigkeit zum Ortswechsel sich bereits bei den geringsten Anzeichen einer Gefahr "aus dem Staube machen" (flüchten) können oder aus anderen Gründen, beispielsweise einer besonderen Wehrhaftigkeit, schwer angreifbar sind.

Der Nahrungserwerb eines Raubtieres ist mit größeren Verlusten gekoppelt, die natürlich möglichst gering gehalten werden müssen. Ein bewegliches und schwer zu erlangendes Beutetier zu jagen, erfordert ein flexibles Verhalten, das schnell und wirksam wechselnden Bedingungen angepaßt werden kann, und damit auch ein höheres Maß an assoziativen Vorgängen, an Intelligenz, als z.B. für das Abrupfen und Abschlucken von Pflanzenteilen notwendig wäre. Es sei denn, das betreffende carnivore Lebewesen ernährt sich als Aasfresser allein von bereits, ohne sein Zutun verendeten Tieren. Kadaver verstorbener Tiere wehren sich nicht, laufen nicht weg. Sie müssen nur gefunden werden, was gut funktionierende Sinnesorgane, vor allem den Geruchssinn und den Sehsinn, erfordert. Einmal aufgespürtes Aas kann ohne besondere Verluste gefressen werden. Gelegentlich besteht jedoch die Notwendigkeit, die Beute gegen andere aasfressende Konkurrenten zu verteidigen.

Viele der größeren Carnosaurier wurden traditionell als ausschließliche Aasfresser gedeutet. Man glaubte, sie waren einfach zu groß und zu kraftlos, um sich ihre Beute selbst jagen zu können. Andererseits kongruieren ihre Dimensionen mit denen ihrer potentiellen Nahrungsobjekte (vor allem Sauropoden, Ornithopoden). Darüber hinaus ist es äußerst unwahrscheinlich, daß derart gigantische Tiere sich allein von Aas ernährt haben sollen. Eine Vielzahl an Dinosaurierleichen hätte die damaligen Landstriche bedecken müssen, um dem Nahrugsbedarf sämtlicher Carnosaurier gerecht werden zu können!

Eine gelegentliche Vertilgung aufgespürter Kadaver muß durchaus vermutet werden, da es die einfachere, wenig gefahrvollere Form des Nahrungserwerbs ist. Die meisten Carnosaurier, selbst Tyrannosaurus, werden ihre Beute jedoch aktiv gejagt haben. Dabei entwickelten sie sicherlich je nach den entsprechenden Bedingungen unterschiedliche Jagdstrategien, um ihre Beute schnell und effektiv zu schlagen, ohne selbst dabei verletzt zu werden (Paul, 1987).

Beutesuche. Zunächst einmal mußte die potentielle Beute aufgefunden werden. Die Nahrungssuche diente dabei der Herstellung eines sensorischen Kontaktes mit dem Nahrungsobjekt. Im einfachsten Fall drückte sie sich in einer allgemeinen Verstärkung der lokomotorischen Aktivität aus. Die Tiere wurden aktiver, unruhiger, und erhöhten damit die Chance, mit ihrer potentiellen Nahrung zusammenzutreffen. Einer derartigen ungerichteten Vorgehensweise fehlte eine besondere Suchstrategie. Lernprozesse könnten später zu gerichteten Suchstrategien geführt haben. So suchten die Carnosaurier sicherlich verstärkt Plätze auf, an denen nach ihren früheren Erfahrungen mit größerer Wahrscheinlichkeit Beutetiere anzutreffen waren.

Von besonderer Wichtigkeit bei der Nahrungssuche ist die Identifizierung des Nahrungsobjektes: Die Raubdinosaurier hielten nach bestimmten Reizmustern Ausschau, die die Anwesenheit ihrer Beutetiere verrieten. Zahlreiche Informationsparameter könnten zur Entdeckung des Nahrungsobjektes geführt haben, wie beispielsweise die Bewegungen der Beutetiere, Bewegungsgeräusche, bestimmte Laute, aber auch Fährten sowie das Verhalten anderer carnivorer Nahrungssuchender, welches als Zeichen der Anwesenheit einer Nahrung dienen konnte. Die Carnosaurier und alle anderen fleischfressenden Dinosaurier verfügten mit Sicherheit über ein sogenanntes Beuteschema, welches die wichtigsten Erkennungszeichen ihrer Nahrungsobjekte enthielt.

Eine denkbare Suchtaktik der Raubdinosaurier wäre die Ortswechselsuche: Der Räuber (Predator) verfolgte seine Beute, deren Anwesenheit er anhand bestimmter Reize (z.B. akustische Reize) wahrgenommen hatte, mit dem Ziel, sie recht schnell einzuholen und "zur Strecke zu bringen". Im Jahre 1938 entdeckte Roland T. Bird in den Kalksandsteinen der Glen Rose Formation (untere Kreide) vom Paluxy River, Texas, mehrere in eine Richtung verlaufende Sauropodenfährten (Pleurocoelus). Parallel daneben verlaufen die Spur eines Raubdinosauriers. Es kann natürlich ein reiner Zufall sein, daß die Fährten einander folgten, aber die Vermutung liegt nahe, daß hier ein Carnosaurier eine Gruppe von Sauropoden jagte. Dafür sprechen auch Analysen der Laufleistungen der Fährtenverursacher: Die Sauropoden bewegten sich mit 3,6 bis 4 km/h vorwärts, der sie verfolgende Raubdinosaurier jedoch mit doppelter Geschwindigkeit. Ein Teil dieser Spuren wurde im New Yorker American Museum of Natural History aufgestellt: die Sauropodenspur unter dem Skelett eines Apatosaurus, die Carnosaurierspur unter dem eines Allosaurus.

Eine andere Möglichkeit besteht in der sogenannten Wartesuche: Der Räuber lauerte hierbei in einem Versteck, beispielsweise in der Nähe von Wanderwegen, auf die sich ihm nähernden, noch ahnungslosen Beutetiere. So kann man sich gut vorstellen, wie z.B. ein Tyrannosaurus in einer gedeckten Stellung regungslos auf vorbeiziehende Tiere wartete, die er urplötzlich aus dem Hinterhalt heraus anfiel. Für die größten Carnosaurier war sicherlich das Auflauern der Beute von einem Versteck heraus eher erfolgversprechend als eine aktive Beutesuche. Sie lauerten vielleicht bevorzugt in Verschlägen in Ufernähe oder an anderen Wasserstellen und griffen blitzschnell unvorbereitete Tiere, die lediglich zum Trinken gekommen waren, an. Die Wartesuche konnte gelegentlich mit der Ortswechselsuche kombiniert werden (Wechsel-Wartesuche), indem der Ort der Wartesuche nach bestimmten Zeitabständen gewechselt wurde.

Raubtiere überwachen in der Regel das Verhalten ihrer potentiellen Beutetiere. Sie achten dabei besonders auf geringe Veränderungen in den Bewegungen eines Tieres oder auch auf andere, von der Norm mehr oder weniger stark abweichende Verhaltensweisen, welche ihnen anzeigen können, daß das betreffende Lebewesen nicht ganz in bester Verfassung ist und demzufolge leichter geschlagen werden kann. Schwäche und verminderte Fluchtfähigkeit anzeigende Tiere, insbesondere sehr junge und sehr alte, werden vorzugsweise gejagt, da sie bedeutend einfacher zu überwinden sind als gesunde, kräftige Tiere. Ebenso genau musterten sicherlich auch die Carnosaurier aus einem sicheren Versteck heraus ihre Beutetiere, konnten sich dadurch zugleich an die gegebene Situation besser anpassen, bevor sie zum eigentlichen Nahrungserwerb, dem Fangen und Überwältigen der Beute, übergingen.

Erfolg und Mißerfolg der Jagd hingen von einem blitzschnellen Angriff ab. Entdeckten die Beutetiere den Angreifer zu früh, flüchteten sie. Der Beutegreifer konnte zwar versuchen, sie einzuholen, aber die Chancen dazu waren gering. Gelang es ihm aber, die Opfertiere plötzlich und völlig unvorbereitet zu attackieren, hatte er gute Erfolgsaussichten. Mit weit aufgerissenem Maul stürzte sich der Predator seiner Beute entgegen. Seine scharfen Krallen und Zähne packten das Opfer, rissen es mit großer Wucht zu Boden. Die kompakte Schädelstruktur konnte die gewaltige Stoßwirkung beim Zusammenprall sicher kompensieren. Die langen, gebogenen Reißzähne gruben sich mühelos ins Fleisch ein und schlugen tiefe Wunden. Kleinere Zähne dienten als Widerhaken in der Beute. Wenn sich das geschlagene Beutetier nun zur Wehr setzte, drangen die überaus scharfen Zähne noch tiefer in sein Fleisch ein und vergrößerten seine Qualen.

Ein sich wehrendes Opfertier schwächt aber auch seinen Angreifer. Dieser sollte daher versuchen, die Beute möglichst schnell und effektiv zu töten. Rezente Reptilien halten ihre Beute mit den Zähnen solange fest, bis sie überwältigt und zu keiner Gegenwehr mehr fähig ist. Eine derartige Taktik könnte auch von den Raubdinosauriern angewandt worden sein, vielleicht schüttelten sie kleinere Beutetiere hin und her (Totschütteln), verbissen sich bei größeren Opfern in äußerst empfindliche Körperteile (z.B. Kehle, Genick) und führten so einen schnellen Tod herbei. Möglicherweise besaß das Opfer noch genügend Kraft, um sich selbst dagegen zu wehren. Dann ließ der Carnosaurier vielleicht vorerst ab, wartete bis die Wunden und der Blutverlust den Tod des Beutetieres herbeigeführt hatten, bevor er sich der Nahrungsaufnahme widmete.

Zu den bevorzugten Beutetieren der Carnosaurier gehörten die Sauropoden und die Ornithopoden. Sie akzeptierten sicherlich jede Beute, vor allem dann, wenn sie leicht genug zu erbeuten war. Hatten sie jedoch längere Zeit gehungert, waren sie auch wehrhafteren Formen, wie den Stegosauriern, Ceratopiern oder den Ankylosauriern, nicht abgeneigt, deren gefährlichen Verteidigungsmaßnahmen sie allerdings nur durch einen Überraschungsangriff auf die ungeschützten Körperteile begegnen konnten. Das ausgewählte Beutetier mußte beim ersten Angriff getötet werden. Eine zweite Chance gab es nicht. Mißlang jedoch der Blitzangriff, blieb dem Räuber nichts weiter übrig, als möglichst schnell das Weite suchen, um den nun folgenden Gegenangriffen seiner Opfertiere zu entgehen. So konnte sich beispielsweise auch ein Tyrannosaurus nicht auf einen kräfteraubenden Kampf mit einem wehrhaften Triceratops einlassen, der eventuell für ihn sogar tödlich ausgegangen wäre.

Tyrannosaurus war sicher ein geschickter Jäger, der allerdings nur in einem plötzlichen Angriff aus dem Hinterhalt heraus die einzige Möglichkeit besaß, ein wehrhaftes Beutetier effektiv zu schlagen und zu überwältigen. Ein getötetes Opfertier konnte er in aller Ruhe auffressen; er hatte keine Konkurrenten, die ihm die erbeutete Nahrung streitig machen konnten. Kleinere fleischfressende Theropoden beteiligten sich vielleicht als Beuteschmarotzer an der Mahlzeit des Tyrannosaurus, wurden jedoch schnell von ihm vertrieben.

Robert T. Bakker (1992) beschreibt eindrucksvoll wie ein kleinerer Carnosaurier, der Nanotyrannus, sich als Kadaverdieb an der Beute von Tyrannosauriern beteiligte: Während die eigentlichen Jäger mit vollem Magen neben den halbabgefressenen Kadaver ihrer Beutetiere in der Sonne dösen, prescht der etwa 6 m lange Beuteschmarotzer an die Tierleichen heran und taucht seine Schnauze hinein, um sich das noch an den Knochen anhaftende Fleisch einzuverleiben. Genau so schnell wie der Dieb gekommen war, verschwindet er nun wieder und läßt die "verdutzten" Tyrannosaurier hinter sich.

Carnosaurier waren in der Regel Schlinger, die ihre Beute in Stücke rissen und diese unzerkaut verschlangen. Im Unterkiefer beispielsweise des Tyrannosaurus-Schädels besteht eine gelenkige Verbindung des vorderen zahntragenden Abschnitts (Dentale) mit den hinteren Teilen (Angulare, Supraangulare). Somit war der Unterkiefer seitlich nach außen verschiebbar gelagert und ermöglichte ein Abschlucken selbst großer Fleischbatzen. Der starke, bewegliche Hals verlieh dem Kopf die Fähigkeit, durch heftiges Hin- und Herzerren mühelos große Fleischstücke aus der Beute herauszureißen, während sie mit den kräftigen Hinterbeinen am Boden festgehalten wurde. Bei Formen mit gut ausgebildeten Krallen nahmen diese an der Zerteilung teil.

Mitunter brachen den Carnosauriern bei derartigen Anstrengungen einige der langen Zähne aus, welche jedoch problemlos nachwuchsen. So konnte beispielsweise bei der Präparation des Skeletts eines Diplodocus longus im Frankfurter Senckenberg-Museum, eingekeilt zwischen zwei Wirbeln, der 10 cm lange Zahn eines Fleischfressers geborgen werden (Abel, 1935). An einem im Jahre 1877 in Wyoming gefundenen Apatosaurus-Skelett sind, besonders an den Schwanzwirbelknochen, unübersehbar die tief eingekerbten Spuren der Zähne eines Carnosauriers erhalten geblieben. Neben dem Skelett fanden sich zusätzlich einige ausgebrochene Zähne eines Allosaurus. Dieser verzehrte offensichtlich das Fleisch des Sauropoden. Es kann jedoch nicht entschieden werden, ob es sich um ein aktiv erjagtes oder ein natürlich verendetes Beutetier gehandelt hatte. Das New Yorker Naturhistorische Museum präsentiert in Anlehnung an diesen Fund das Skelett eines Allosaurus beim Verzehr einer zerstückelten Apatosaurus-Leiche.

Gruppenaktivität. Für die Überwältigung solch großer Beutetiere, wie die Sauropoden, war es sicher vorteilhaft, daß mehrere Tiere zusammen in einer Gruppe jagten. Durch vereinte Bemühungen könnten bei einer gemeinsamen Jagd die Erfolgsaussichten deutlich verbessert werden. Dies erfordert jedoch ein koordiniertes Zusammenspiel aller Rudelmitglieder: Eine Gruppe von vier oder fünf Raubtieren beispielsweise verteilt sich, wenn sie in die Nähe eines oder mehrerer Beutetiere kommt. Die Tiere in der Mitte des Rudels gehen dabei langsamer als die an den Seiten, so daß eine U-förmige Anordnung entsteht. In dem Moment, in dem ein Raubtier der Beute zu nahe kommt und diese zur Flucht bewegt, ist sie bereits von drei Seiten her umstellt. Rennen nun alle Tiere gleichzeitig los, ist die Chance, daß wenigstens einer der Räuber die Beute erwischt, erheblich größer als bei einer Einzeljagd. Zudem können gemeinsam größere Beutetiere angegriffen werden, an die sich gewissermaßen Einzeltiere nicht "herantrauen". Die gemeinschaftlich erledigte Beute wird danach mehr oder weniger friedlich unter den Beutegreifern aufgeteilt.

Die Vorteile, die eine gemeinsame Jagd zu bieten hat, läßt die Annahme von locker integrierten Theropodengruppen zu. Allosaurier jagten eventuell im Rudel. Sie umstellten ein Einzeltier, welches sich vielleicht zu weit von der Herde entfernt hatte und nun zu flüchten versuchte. Binnen kurzer Zeit rissen es dann die Allosaurier nieder. Die Vermutung, daß Allosaurus in Rudeln jagte, wird dadurch erhärtet, daß in der Cleveland-Lloyd-Grube (oberer Jura) in Zentral-Utah eine große Anzahl seiner Knochen zusammen mit wenigen anderen Dinosaurierarten gefunden wurde. Möglicherweise waren die Mitglieder eines Allosaurus-Rudels in dem damals sehr schlammigen Gebiet steckengeblieben und hatten so ihren Tod gefunden. Die Ansammlung kann aber auch dadurch erklärt werden, daß in den schlammigen Sedimenten zunächst ein herbivorer Dinosaurier versunken und gestorben war. Der Geruch des toten Körpers hatte dann mehrere Allosaurier unabhängig voneinander angezogen, die beim Versuch den Kadaver zu fressen selbst im Schlamm steckenblieben und verendeten. So wurden sie ihrerseits zu Lockmitteln für weitere Aasfresser (Czerkas & Czerkas, 1990).

Fährten, welche die Spuren von Sauropoden oder auch die von Ornithopoden in Verbindung mit denen mehrerer Carnosaurier zeigen, vermitteln ein deutlicheres Bild. Die Raubdinosaurier suchten kaum zufällig diesselbe Uferzone wie ihre Beutetiere auf, sondern kooperierten oftmals in gefährlichen Rudeln, wie aus dem Verlauf der Fährten zu schließen ist. Eine Fährte aus Bolivien beispielsweise weist die Spuren von 32 Theropoden aus, die an einer Meeresküste wahrscheinlich geschlossen eine Herde von Sauropoden verfolgten. Da die Spuren der Raubsaurier die der Sauropoden überlappen, müssen die Theropoden der Herde unmittelbar gefolgt sein (Leonardi, 1984). Gesteine der thailandischen Phu-Phan-Formation (untere Kreide) im Phu-Luang-Wildreservat konservierten die etwa gleichgroßen, eng nebeneinander, in dieselbe Richtung verlaufenden Fußabdrücke einer kleineren Gruppe von Carnosauriern, die gemächlich das Gebiet auf der Suche nach möglichen Beutetieren durchstreiften (Buffetaut & Ingavat, 1985).

Die ausgewachsenen, erfahrenen Carnosaurier waren sicherlich gute Jäger, von denen einige sich im Rudel selbst an weit größere Beutetiere "herantrauen" konnten. Wie ernährten sich jedoch die jungen, unerfahrenen Tiere? James O. Farlow (1976) vermutet, daß sie vorrangig von größeren Wirbellosen, kleineren Wirbeltieren und Aas lebten, also von einer Beute, die ihnen selbst kaum gefährlich werden konnte. Mit dem Älterwerden bejagten sie jedoch zunehmend größere Dinosaurier. Anzunehmen ist aber auch eine Betreuung des Nachwuchses durch die Eltern ähnlich wie bei den rezenten Säugern und Vögeln.

Carnosaurier fraßen nicht nur die anderen Dinosaurier ihrer Zeit, sondern hielten sich wohl an jede lohnende Beute. Man kann sich vorstellen, wie beispielsweise ein Tyrannosaurus an der Küste eines Meeres der Oberkreidezeit auf die großen Meeresschildkröten, wie die etwa 3,6 m lange Archelon, wartete, die jährlich um die gleiche Zeit in riesiger Zahl bestimmte Küstenstellen aufsuchten, um dort ihre Eier abzulegen. Mit unbeholfenen Bewegungen versuchten die erschöpften Schildkröten danach das Meer wieder zu erreichen. Ihre Panzer hatten sie in Anpassung an das marine Leben reduziert und waren so an Land völlig ungeschützt. Sie bildeten eine ideale Mahlzeit für die wartenden Beutegreifer, die zwischen ihnen gierig umherliefen. Die Räuber begannen vielleicht nicht gleich mit dem Freßakt, sondern versuchten zunächst, möglichst viele der eilig dem rettenden Wasser entgegenstrebenden Schildkröten auf den Rücken zu drehen. So wurden die Beutetiere an einer weiteren Flucht gehindert und konnten schließlich in aller Ruhe nach und nach aufgefressen werden.

Fischende Dinosaurier. Ein sehr eigentümlicher Carnosaurier ist der erst vor wenigen Jahren in den Gesteinen der unteren Kreide (Wealden) Englands entdeckte, etwa 9 m lange Baryonyx. Sein recht langer, flacher Schädel ähnelt in seiner Form dem eines Krokodils. An der Schnauzenspitze befinden sich einige sehr große Zähne, denen sich im hinteren Bereich sehr viele kleinere, kegelförmige Zähne anschließen, welche an ihren Kanten fein gesägt sind. Sie erinnern an die Zähne von Fischfressern. Möglicherweise besaß Baryonyx eine Nahrungspräferens für große Süßwasserfische, die er im Fluß aufstöberte und mit seinen extrem großen und kräftigen Krallen an den Vorderfüßen aufspießte oder einfach aus dem Wasser heraus auf festes Land schleuderte.

Glücklicherweise war der Mageninhalt des Baryonyx erhalten geblieben. Seine Analyse brachte die Überreste halbverdauter Fischschuppen und Zähne zum Vorschein, die einem etwa 1 m langen Fisch der Gattung Lepidotes zugeordnet wurden (Charig & Milner, 1986). Baryonyx konnte vielleicht sogar schwimmen und so seiner Beute nachjagen. Er war er aber auch größeren terrestrischen Tieren nicht abgeneigt. Möglicherweise lauerte er in einem Versteck an gut besuchten Plätzen auf ahnungslose Beutetiere, vielleicht auf vorbeiziehende Iguanodons, und preschte blitzschnell hervor, um sein Opfer niederzureißen und ihm mit den starken Krallen tödliche Verletzungen beizubringen. Baryonyx könnte auch als Aasfresser tätig geworden sein. Seine lange, niedrige Schnauze eignete sich sicherlich gut zum Herumstochern in der Leibeshöhle eines in Verwesung begriffenen Kadavers.

 

Wenn auch die Carnosaurier die größten jemals lebenden Landraubtiere waren, so wurden sie doch in puncto Gefährlichkeit von viel kleineren Formen deutlich übertroffen: den Deinonychosauriern. Bekanntester Vertreter dieser Gruppe ist der etwa 3 m lange Deinonychus (Familie Dromaeosauridae) aus der unteren Kreide Montanas. Die Kiefer seines recht großen, stabilen Schädels sind mit gefährlichen dolchförmigen, am Hinterrand gesägten Zähnen besetzt, die sich leicht in das Fleisch der Beutetiere eingruben. Kräftige Kiefermuskeln sorgten für einen starken Biß. Sein kurzer, äußerst beweglicher und muskulöser Hals war stark genug, um den Kopf beim Herausreißen von Fleischstücken aus der Beute kraftvoll hin- und herzuzerren. Damit gleicht Deinonychus den Carnosauriern, zusätzlich besaß er aber einige Spezialeinrichtungen, die ihn zu einem effektiveren Jäger machten.

Die Vorderextremitäten sind recht lang und konnten zum Ergreifen und Festhalten kleinerer Beutetiere eingesetzt werden. Lange, schlanke Beine und der im hinteren Abschnitt versteifte Schwanz zeichnen Deinonychus als einen schnellen, wendigen Läufer aus, dem seine Beutetiere nicht davonlaufen konnten. Die Klaue am zweiten Zeh ist als eine äußerst bewegliche Sichelkralle ausgebildet. Sie wurde beim normalen Laufen hochgehalten, um nicht beschädigt zu werden. Verwendung fand sie beim Schlagen der Beutetiere: Deinonychus führte mit seinen Beinen gezielt Trittbewegungen gegen besonders verletzliche Körperteile seiner Opfer aus, wobei die Sichelklaue wie ein Schnappmesser vorschnellte und fürchterliche Schnittverletzungen verursachte.

Zu den bevorzugten Beutetieren der Deinonychosaurier gehörten vor allem kleine Ornithopoden und die Jungen anderer Dinosaurier. Deinonychus stürzte sich blitzschnell auf seine Opfertiere, packte sie mit seinen kräftigen Armen, riß sie zu Boden und bearbeitete sie gleichzeitig mit den Hinterbeinen. Die Vorderextremitäten mit den Greifhänden hielten die Beute fest und brachten sie für den Einsatz der Sichelklauen in die richtige Position. Nun trat der gnadenlose Räuber nach dem weichen Bauch seiner Opfer, riß die Eingeweide heraus und begann mit dem Freßakt.

Beim Erlegen etwa gleich großer, vorüberlaufender Beutetiere stand der gefährliche Predator kurzzeitig sogar nur auf einem Bein und hielt lediglich mit dem langen versteiften Schwanz sein Gleichgewicht. Das andere Bein wurde kraftvoll nach dem Beutetier getreten. Derartige regelrecht akrobatische Bewegungen erfordern ein hohes Maß an Wendigkeit, Koordinationsvermögen und Balancegefühl. Dies kennzeichnet Deinonychus als einen perfekten, flinken Räuber, der darüberhinaus mit scharfen Sinnen, vor allem mit einem hervorragendem Sehvermögen, ebenso mit einem gut entwickelten Gehör, ausgestattet war.

Die Fundumstände des Deinonychus (mehrere Skelette wurden zusammen in einem Steinbruch in Südmontana gefunden) deuten auf Gruppenaktivität hin. Mehrere dieser recht kleinen Räuber machten im Rudel gemeinsame Jagd auch auf weit größere Beutetiere, wie beispielsweise dem Tenontosaurus. Zusammen mit den zerstückelten Skelettresten dieses Ornithopodens wurden Überreste von Deinonychus entdeckt. Die Beute wurde vielleicht verfolgt und umzingelt oder ihr im Hinterhalt aufgelauert. Mehrere Deinonychosaurier sprangen größere Opfertiere sicherlich an, eventuell auch von erhöhter Position aus, und umklammerten sie, bissen sich mit ihren scharfen Zähnen im Fleisch der Beute fest. Hände und Füße gruben ihre schrecklichen Klauen tief in den Körper der sich verzweifelt wehrenden Opfer ein, rissen große, stark blutende Wunden.

Um den Widerstand der Beute eher brechen zu können, hetzten die Deinonychosaurier sie vielleicht, bevor sie zum Nahkampf übergingen. Ebenso möglich ist es, daß sie größere Opfertiere gleich attackierten und tiefe Wunden rissen, sich dann jedoch zurückzogen und mit einem erneuten Angriff solange abwarteten, bis die verletzte Beute durch den starken Blutverlust ein schnelles Ende gefunden hatte.

Im Jahre 1992 wurde ein bisher unbekannter Deinonychosaurier in Gesteinen der unteren Kreide Utahs entdeckt: der Utahraptor. Dieser konnte nach vorläufigen Schätzungen bis 6 m, eventuell sogar 8 m lang werden. Er sprang noch gewaltigere Opfertiere als den Tenontosaurus an, verkrallte sich mit den Vorderkrallen im Fleisch seiner Beute und schlitzte ihr mit seiner 40 cm langen Reißklaue den Bauch auf.

Deinonychosaurier der späten Kreide griffen eventuell sogar wehrhafte Ceratopier an. Sie verletzten durch gezielte Fußschläge die Muskulatur an der Bauch- oder Rückenseite der Horndinosaurier und unterbrachen so den Spannungskreis, der für das Anheben des schweren Schädels nötig war. Der dadurch recht hilflose Ceratopier konnte nun relativ gefahrlos attackiert und "zur Strecke gebracht" werden.

Wenig Glück dabei hatte jedoch ein Velociraptor mongoliensis, der sich an den relativ harmlosen Horndinosaurier Protoceratops andrewsi herangewagt hatte, wie aus einem einmaligen, heute im mongolischen Zentralmuseum von Ulan-Bator zu besichtigenden Fund hervorgeht. Der Kampf der beiden, etwa gleichgroßen Gegner spielte sich vor etwa 80 Millionen Jahren ab und wurde für die Nachwelt in Stein verewigt. Die Knochen beider Dinosaurier befinden sich noch im Skelettverband.

Der Velociraptor liegt auf dem Rücken und hält mit den Klauen seiner linken Hand den Nackenschild des über ihm stehenden Protoceratops. Diesem gelang es, mit seinem spitzen und überaus kräftigen Hornschnabel den rechten Unterarm des Räubers zu umklammern. Vielleicht fügte er ihm zuvor auch eine gefährliche Brustkorbverletzung bei. Mit aller Kraft hatte der Velociraptor die sichelförmigen Krallen seiner Füße in den Körper des Horndinosauriers geschlagen und tiefe Wunden gerissen. Die große Sichelklaue seines linken Fußes verletzte dabei wahrscheinlich die Halsschlagader des Protoceratops, wie aus ihrer Lage an der Halswirbelsäule gleich hinter dem Nackenschild abzuleiten ist. Offensichtlich starb der Ceratopier in Folge dieser Verletzung. Der schwerverwundete Deinonychosaurier war jedoch zu schwach, um seinen rechten Arm aus der Umklammerung der kräftigen Kiefer zu befreien. Er schaffte es nicht, den auf ihn lastenden Horndinosaurier abzuwerfen oder unter ihm hervorzukriechen, und erlag kurz darauf seinen Wunden. Wüstensand bedeckte die Kadaver und konservierte sie, ineinander verkeilt, in ihrer Todeshaltung (Abb.).

Deinonychosaurier der Familie Troodontidae, wie der aus der obersten Oberkreide Nordamerikas bekannte Troodon (Stenonychosaurus), jagten aller Wahrscheinlichkeit nach häufiger mit ihren Händen als mit ihren Reißkrallen bewehrten Füßen. Sie besitzen ebenfalls scharfe Sichelklauen, die jedoch etwas schwächer als die der Dromaeosauriden ausgebildet sind. Ihre bevorzugte Nahrung bildeten möglicherweise kleine, nachtaktive Säugetiere, die mit den Greifhänden gefangen und im Ganzen verschluckt werden konnten. Dafür ist der Unterkiefer nur recht lose mit dem Schädel verbunden, ließ sich über ein Scharniergelenk nach außen bewegen und ermöglichte somit das Verschlingen großer Nahrungsbrocken.

In Anpassung an die Lebensgewohnheiten ihrer Beutetiere entwickelte Troodon große, nach vorn gerichtete Augen, die ihm dabei halfen, seine Beute in der Dämmerung bzw. Nachts schnell aufzustöbern. Die Sehfelder beider Augen überlappten sich und erlaubten somit ein räumliches Sehen, welches eine bessere Einschätzung von Entfernungen ermöglichte. Die große Nasenöffnungen am Schädel des Troodon deuten weiterhin auf einen guten Geruchssinn hin. Dale A. Russel (1969) vermutet bei diesen Formen sogar vogelähnliche Intelligenz.

 

Die kleinsten Theropoden, die Coelurosaurier besitzen in der Regel schmale Kiefer, die mit kleinen nadelförmigen Zähnen bestückt sind. Sie waren gut geeignet zum Aufbrechen der harten Chintinaußenschale von Käfern und anderen Insekten, die sie vom Boden mit ihren Greifhänden auflasen. Libellen erbeuteten sie im schnellen Lauf. Sie jagten aber auch andere Kleintiere, insbesondere Schnecken, Amphibien, Eidechsen und selbst Säugetiere.

In der Leibeshöhle eines gut erhaltenen Exemplares des etwa huhngroßen Compsognathus longipes aus dem Lithographenschiefer (oberer Jura) von Jachhausen in der Oberpfalz sind die Überreste eines kleinen, gefressenen Kriechtieres der Art Bavarisaurus macrodactylus erhalten geblieben (Abel, 1935, Ostrom, 1978). Knapp hinter dem Schultergürtel, im vorderen Teil der Leibeshöhle des Coelurosauriers liegen übereinander vier Abschnitte der auseinandergerissenen Wirbelsäule der verspeisten Echse. Dieser Fund zeigt, daß das Beutetier nicht unzerbissen verschlungen, sondern vor dem Abschlucken in kleinere Stücke zerteilt wurde.

Das Beutetier Bavarisaurus war eine bodenlebende Eidechse, deren Körperproportionen denen der heute im Südosten der Vereinigten Staaten von Amerika lebenden Sechsstreifigen Rennechse (Cnemidophorus sexlineatus) sehr ähnlich waren. John H. Ostrom vermutet daher, daß Bavarisaurus gleichermaßen wie ihr rezentes Gegenstück ein sehr wendiges und flinkes Beutetier gewesen ist. Da jedoch Jäger im allgemeinen nicht langsamer als ihre Beute sein dürfen, kann hieraus der Schluß gezogen werden, daß Coelurosaurier wie Compsognathus, Coelurus oder Ornitholestes ebenfalls schnelle und flinke Räuber waren.

Sicherlich betätigten sich viele Coelurosaurier gelegentlich als Beuteschmarotzer an der Mahlzeit größerer Theropoden und vertilgten zusätzlich die von den Carnosauriern übriggelassenen Kadaver. Von dem recht großen Dilophosaurus aus dem Unteren Jura Arizonas nimmt man auf Grund seines Habitus an, daß er vorwiegend von Aas gelebt hatte. Denkbar ist auch eine räuberische Ernährung von kleineren Beutetieren, wie dem Scutellosaurus. Getötet wurde das erjagte Opfertier eher durch die dreifingrigen, mit scharfen Krallen versehenen Hände als durch den Einsatz der Zähne (Wells, 1984). Einige recht wagemutige Vorstellungen sehen in Dilophosaurus sogar einen giftigen Dinosaurier, der auch größere Tiere anfiel, ihnen sein Gift injizierte und dann auf den bald eintretenden Tod der Opfertiere wartete, um sie nun gemächlich verzehren zu können. Der Beweis dieser Vermutungen steht allerdings noch aus.

Auf Grund der Funde mehrerer Skelette von Dilophosaurus wird angenommen, daß diese Tiere in kleineren Gruppen zusammenlebten. Auch von anderen Coelurosauriern sind Gruppenfunde bekannt geworden. In den Forest Sandsteinen Simbabwes konnten die wirr durcheinander liegenden Überreste von fast zwei Dutzend Individuen der Gattung Syntarsus geborgen werden. Von dem etwa 3 m langen Coelophysis fand man in Gesteinen der oberen Trias bei Ghost Ranch in New Mexico mehrere Tausend Skelette, von denen sehr viele ausgezeichnet erhalten geblieben sind. Es handelt sich um die Überreste männlicher und weiblicher Tiere, selbst Jungtiere waren darunter. Warum organisierten sich diese Tiere in so riesigen Herden? Gingen sie vielleicht gemeinsam auf die Jagd? Wahrscheinlicher aber suchten sie unabhängig voneinander Orte auf, die besonders viel Nahrung boten. Kooperative Jagd war daher nicht erforderlich.

Eine Sonderstellung innerhalb der Theropoden nehmen die Ornithomimiden, die Vogelnachahmer, ein. Ihre Kiefer sind völlig zahnlos und trugen beim lebenden Tier sicherlich einen scharfen Hornschnabel. In ihrem Äußeren ähneln sie den rezenten Straußen, und man ist geneigt, auch Parallelen zwischen der Lebensweise beider Gruppen zu ziehen. Möglicherweise waren die Ornithomimiden Allesfresser. Sie verschluckten prinzipiell alles, was dafür klein genug war: vom Boden aufgelesene Weichtiere, im Lauf gefangene Insekten, kleine erbeutete Wirbeltiere, aber auch wohlschmeckende Früchte und Samen. Mit ihren zangenartig ausgebildeten Händen konnten sie die Enden fruchtbeladener Zweige herabziehen (Abel, 1922). Nach Nopcsa (1922) fraßen sie selbst die Eier anderer Dinosaurier.

Im Jahre 1924 beschrieb Henry Fairfield Osborn einen etwa 2,5 m langen Dinosaurier aus Gesteinen der Djadokhta Formation (Oberkreide) der Mongolei, dessen unvollständige Überreste neben dem Nest eines Protoceratops gefunden wurden. Es sah fast so aus, als ob dieser kleine Räuber in die Nestkolonie der Horndinosaurier eingedrungen war, um sich über die Eier herzumachen. Vielleicht wurde der Eierdieb von einem erwachsenen Protoceratops entdeckt und überwältigt. Osborn nannte diesen kleinen Coelurosaurier daher Oviraptor, zu deutsch "Eiräuber".

Oviraptor gleicht den Ornithomimiden in der Ausbildung eines Hornschnabels, welcher jedoch in seiner Form nicht lang und schmal, sondern eher kurz und breit ist und so in überraschender Weise dem Schnabel eines rezenten Flamingos ähnelt. Seine hakenartig gebogene Form ermöglichte es dem Oviraptor, starke Kräfte auf die vom ihm erbeuteten hartschaligen Eier auszuüben. Die Kiefer sind fast zahnlos, verfügen nur noch über zwei kurze, kegelförmige, am Dach der Mundhöhle gelegene Gaumenzähne, die vorzüglich dazu dienten, Eischalen aufzubrechen. Der nahrhafte Inhalt der Eier wurden danach ausgesaugt und die leere Schale ausgespuckt (Barsbold, 1977). Darüber hinaus könnten sie auch zum Aufknacken anderer hartschaliger Nahrungsobjekte, wie beispielsweise Muscheln, benutzt worden sein. Vielleicht watete Oviraptor auf der Suche nach Mollusken mit seinen langen Beinen und den recht breiten Füßen im Wasser umher (Currie & Russel, 1988). Denkbar ist weiterhin eine zusätzliche Aufnahme wohlschmeckender Früchte.

 

Weit problematischer in ihrer Deutung sind die nur fragmentarisch erhalten gebliebenen Überreste solcher Formen wie Deinocheirus, Therizinosaurus oder die Segnosaurier. Nach der Form des überlieferten Materials des Deinocheirus könnte es sich um einen riesenhaften Ornithomimiden handeln. Vermutet wurde sogar eine herbivore Lebensweise, allerdings eigneten sich die gigantischen Klauen besser zum Zerreißen der Beutetiere als zum Herabziehen von Ästen und Zweigen.

Der "Sensendinosaurier" Therizinosaurus aus der Oberkreide der Mongolei wurde nach den enorm langen sichelförmigen Klauen benannt, die seine mehr als 2,4 m langen, leider nur teilweise erhaltenen Arme bewehrten. Es sind mit einer Länge von 80 cm die gewaltigsten Krallen, die je gefunden wurden. Der Rest des sicherlich riesigen Tieres ist noch völlig unbekannt, ebenso wie seine Lebensweise.

Zu den Segnosauriern gehören die aus der Oberkreide der Mongolei und zum Teil Nordamerikas erst seit Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts beschriebenen Gattungen Segnosaurus, Erlikosaurus und Engimosaurus. Es handelt sich zweifellos um Saurischier, da sie über kein Praedentale verfügen. Sie besitzen jedoch ein ornithischierähnliches Becken, welches genügend Raum für ein eventuell vergrößertes Verdauungssystem schuf. Der vordere Teil der Schnauze ist zahnlos und trug vielleicht sogar einen scharfen Hornschnabel. Die kleinen spatel- bis stiftförmige Zähne, die die ganze übrige Kieferlänge säumten, ähneln denen herbivorer Saurischier. Es liegt daher nahe, in den Segnosauriern recht große (für Segnosaurus wird eine Länge bis 9 m angegeben), biped laufende Pflanzenfresser zu sehen. Andere Vorstellungen sprechen jedoch von räuberisch lebenden Fischfressern, die ihrer Beute sogar schwimmend nachjagen konnten.

 

Abschließend zu diesem Thema machen sich einige Bemerkungen zum Verhältnis der Raubtiere zu ihren Beutetieren erforderlich, da dieses 1980 von Robert T. Bakker als Argument für die Endothermie der Dinosaurier angeführt wurde. "Warmblütige" Tiere benötigen auf Grund ihres wesentlich höheren Energieumsatzes auch größere Mengen an verfügbarer Nahrung als "Kaltblüter". So muß beispielsweise ein endothermer Löwe in einer reichlichen Woche sein eigenes Körpergewicht an Fleisch fressen, wogegen ein großes ectothermes Reptil, wie der Komodowaran, mit der gleichen Menge fast zehn mal so lange auskommt. Mit anderen Worten können sich von einer bestimmten, in einem Ökosystem zur Verfügung stehenden Menge Fleisch wesentlich weniger endotherme Carnivore ernähren als ectotherme Fleischfresser. Demzufolge müßte in von Säugern beherrschten Regionen die Anzahl der carnivoren Tiere deutlich geringer sein, als in vergleichbaren, jedoch von Reptilien dominierten Gebieten. Nach Bakker würde das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Beutegreifern und Beutetieren einer bestimmten zeitlichen Epoche und Region Aussagen darüber erlauben, ob das untersuchte Gebiet von endothermen oder ectothermen Tieren beherrscht wurde.

Bakker analysierte also die Zahlen der registrierten Fossilien von Raub- und Beutetieren aus dem Paläozoikum (Perm), dem Mesozoikum und dem Känozoikum. Paläozoische Faunen wiesen demnach ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen fleischfressenden Formen und deren Opfertieren, allesamt "Kaltblüter", auf. Etwa die gleiche Anzahl an Beutetieren wie an Raubtieren konnte gezählt werden. In känozoischen Säugerfaunen beträgt der Carnivorenanteil, in Abhängigkeit von den vorherrschenden ökologischen Bedingungen, 1 bis 5 Prozent. Ähnliches läßt sich von mesozoischen Regionen berichten, die von Dinosauriern dominiert wurden. Damit ist nach Bakker ein neuer Beweis für die "Warmblütigkeit" der Dinosaurier erbracht.

Andere Bearbeiter, wie Farlow (1980) oder Béland & Russel (1980), stimmen durchaus dem theoretischen Prinzip dieses Ansatzes, dem geringeren prozentualen Anteil endothermer Carnivorer innerhalb einer Fauna auf Grund ihres höheren Nahrungsbedarfes, zu. Dieses recht gut durchdachte Konzept hat jedoch einen Haken: Es ist praktisch kaum durchführbar. Sämtliche Berechnungen der Biomasse sind mit größeren Unsicherheiten belastet. Die damaligen Nahrungsketten sind nur sehr unvollständig bekannt. Entsprechende Analysen können sich lediglich auf fossil überliefertes Material stützen, welches durch seine Lückenhaftigkeit hierfür einfach zu unzureichend ist. So haben beispielsweise bestimmte Tiere größere Chancen für eine Erhaltung als andere, insbesondere solche mit massiven Knochen, denen unterschiedliche Umwelteinflüsse nur wenig anhaben konnten. Weiterhin bestehen gewisse Abhängigkeiten von der Lebensdauer und der Fortpflanzungsrate der betreffenden Tiere. Darüber hinaus ergaben sich bei der Analyse der nahezu komplett vorliegenden Funde des oberkreidezeitlichen "Dinosaur Provincial Park" von Alberta recht große Differenzen bei den Berechnungen, welche nur mit Vorbehalt als Argumente für eine mögliche Endothermie der beteiligten Dinosaurier angesehen werden können.