Katastrophales Aussterben

 

Die Theorie eines katastrophalen Aussterbens basiert auf den grundlegenden Arbeiten eines Forschungsteams der kalifornischen Lawrence-Berkeley-Universiät, bestehend aus Luis W. und Walter Alvarez, Frank Asaro und Helen V. Michel, Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts. Bei der chemischen Analyse von Gesteinsproben aus dem Grenzbereich Kreide/Tertiär nahe der italienischen Stadt Gubbio stellten die Wissenschaftler ungewöhnlich hohe Konzentrationen des Elementes Iridium (Ir) fest.

Die Iridium-Anomalie und die Impact-Theorie. Die Kreide/Tertiär-Grenze tritt in diesen Gesteinen als eine etwa 2 cm dicke Tonschicht zutage, die zwei Lagen marinen Kalkgesteins durchtrennt. Wie die in beiden Kalkschichten enthaltenen Fossilien zeigten, stammt die obere Schicht aus der frühesten Stufe des Alttertiärs (Danium), während die untere zur Zeit der ausgehenden Oberkreide (Maastricht) abgelagert wurde. In der Tonschicht zwischen den beiden Kalklagen waren keinerlei Lebensspuren erhalten geblieben, dafür hatte sich hier im Vergleich zu den Gesteinslagen ober- und unterhalb dieser Grenze eine etwa 30 mal höhere Menge an Iridium angereichert (Alvarez et al., 1980). Ähnliche Verhältnisse fanden sich auch in anderen Gesteinsfolgen an verschiedenen Stellen rund um den Erdball wieder, in denen der Kreide/Tertiär-Übergang repräsentiert ist (z.B. Dänemark, Spanien, Neuseeland). Mittlerweile sind weltweit über 50 Vorkommen bekannt, die über eine derartige Iridium-Anomalie verfügen. Man findet sie in allen Sedimentlagen, von Überflutungsablagerungen des Festlandes bis zu Meeresbodensedimenten.

Was hat die rund um den Globus in Grenzgesteinen zwischen Kreide und Tertiär nachgewiesene Iridium-Anomalie zu bedeuten? Hängt sie etwa mit dem zur gleichen Zeit feststellbaren Massensterben der Dinosaurier und anderer für das Erdmittelalter typischer Tiergruppen zusammen?

Das chemische Element Iridium gehört in die Gruppe der Platinmetalle. Es ist in der Erdkruste außerordentlich selten anzutreffen; lediglich im Erdkern sowie in kleineren Himmelskörpern, wie Meteoriten, kommt es in größeren Mengen vor. Es liegt also nahe, das Vorliegen einer Iridium-Anomalie durch den Aufprall (Impact) eines Himmelskörpers am Ende der Kreidezeit zu erklären (Alvarez et al., 1980). Beruhend auf der bei Gubbio und anderen Stellen gefundenen Iridium-Konzentration sowie der Kenntnisse über die Zusammensetzung von Meteoriten berechnete das Berkeley-Team die Ausmaße des besagten Himmelskörpers: Er soll einen Durchmesser von schätzungsweise 10 km (± 4 km) gehabt und dabei etwa 100 Milliarden Tonnen gewogen haben. Welche Folgen hätte der Einschlag eines solchen Himmelskörpers auf der Erde nach sich gezogen?

Fanden in der jünsten Vergangenheit ähnliche Ereignisse statt, die bei der Klärung dieser Frage behilflich sein könnten? Der bekanntester Vorfall dieser Art ereignete sich am 30. Juni 1908 im Becken der Steinigen Tunguska, einem Nebenfluß des Jenissej, im Zentralsibirischen Bergland. Am frühen Morgen dieses Tages konnten Augenzeugen am südöstlichen Horizont ein über den wolkenlosen Himmel in Nordwest-Richtung rasendes Objekt sichten, welches kurz darauf blendend explodierte. Eine Feuer- und Rauchsäule stieg dem Himmel empor und ging in einen typischen Wolkenpilz über. Große Mengen Staub wurden in die Atmosphäre gewirbelt, die erst einige Wochen nach der Katastrophe wieder niedergingen.

Das Tunguska-Phänomen wurde erst im Jahre 1927 durch russische Wissenschaftler unter der Leitung von Leonid Kulik eingehend untersucht. Die Analyse ergab, daß ein sehr kleiner massereicher Himmelskörper von etwa 40 m Durchmesser mit einer Geschwindigkeit von circa 60 km/s in die Erdatmosphäre eingetreten war und in einer Höhe von ungefähr 8,5 km über der Erdoberfläche explodierte. Die bei der Detonation freigewordene Energie wurde auf einen Gegenwert von 10 Millionen Tonnen Trinitrotoluen (TNT) geschätzt. Sie äußerte sich in einer enormen Druckwelle, welche innerhalb eines Radius von 30 bis 40 km sämtliche Bäume entwurzelte und sie radial vom Zentrum der Explosion "wegblies". Starke Brände wüteten im Umkreis von 18 km, deren Spuren noch zwanzig Jahre nach dieser Katastrophe deutlich sichtbar waren.

Größere Bruchstücke des detonierten Himmelskörpers konnten nicht gefunden werden. Statt dessen enthielten die Bodenproben dieses Gebietes kleine, fast kugelförmige (sphärische) Gebilde, die an Tektite erinnerten, jene millimetergroßen, schwarz-glasige Kügelchen, die im allgemeinen als Hinterlassenschaft von Meteoriteneinschlägen gedeutet werden. In der Regel entspricht die chemische Zusammensetzung dieser Tektiten der des umgebenden Gesteines. Beim Aufprall des Himmelskörpers werden sie durch die entstehende enorme Hitze geschmolzen und aus dem Einschlagskrater emporgeschleudert. Während des Fluges erstarren sie in ihrer Tropfenform.

Die Tektite aus dem Tunguska-Gebiet entsprachen dagegen in ihrer chemischen Zusammensetzung eher kosmischen Staub als erstarrten Gesteinsschmelztropfen. Sie stammen daher direkt von dem explodierenden Objekt und waren als kosmischer Fallout auf die Erde herabgeregnet (Hsü, 1986).

Im Vergleich zu dem Himmelskörper, der nach Alvarez und seinen Mitarbeitern gegen Ende der oberen Kreide auf der Erde eingeschlagen haben soll, war das Objekt, dessen Detonation die enorme Verwüstung des Tunguska-Gebietes hervorgerufen hatte, ein regelrechter Winzling. Die Folgen des Aufpralls eines gigantischen Himmelskörpers mit einem Durchmesser von etwa 10 km sind daher schier unvorstellbar. Von verschiedenen Wissenschaftlern wurden dennoch auf der Basis ausgeklügelter Computersimulationen Modelle entwickelt, die das Ausmaß der Katastrophe abschätzen helfen.

Es muß von einem sehr komplexen Folgegeschehen ausgegangen werden, dessen einzelne Elemente eine enorme Umweltzerstörung zur Folge hatten. Auf Grund des begrenzten Rahmens dieses Buches ist es nur möglich, ein recht grobes Bild dieser globalen Veränderungen zu skizzieren.

Es muß zunächst festgestellt werden, daß die Einschlagsmechanik eines derart gigantischen Objektes kaum mit der eines bedeutend kleineren Körpers vergleichbar ist (O'Keefe & Ahrens, 1981). Während kleinere Himmelskörper beim Eintritt in die Atmosphäre verglühen oder zerfallen, erreichen größere auf jeden Fall die Erdoberfläche und prallen mit großer Geschwindigkeit auf ihr auf. Riesige Krater entstehen. Die dabei freiwerdenden Energien bringen das Gestein am Grund der Einschlagstelle zum Schmelzen, schleudern es und viele andere Materialien weit in die Atmosphäre.

Ein Objekt in der Größenordnung von 10 km Durchmesser würde darüberhinaus ein riesiges Loch in die Lufthülle unseres Planeten reißen, welches im Moment des Aufschlages noch nicht wieder geschlossen wäre. Infolge dessen entstünde ein enormer Sog, welcher die durch den Impact aus dem Krater herausgeschleuderten Aufschlagstrümmer jeglicher Größenordnung ansaugen würde. Eine im Durchmesser viele Kilometer umfassende Rauchsäule aus verdampfter Meteoritenmaterie, glühendem Felsgestein, Wasserdampf und Luft würde in Richtung Himmel steigen und bereits nach etwa einer halben Minute in der Stratosphäre eine Höhe von 30 km erreicht haben. Hier müßte sich die Rauchsäule allseitig ausbreiten und die typische Pilzform annehmen, welche leider von den Bildern der ersten Atombombenversuche allseits bekannt sein dürfte.

Sehr feines Auswurfmaterial könnte gar eine Höhe von 100 km erreichen. Während größere Partikel wieder in der Fallinie des Meteoriten auf die Erde zurückfielen, blieben solche mit einem Durchmesser von weniger als 1 m m so lange in der Atmosphäre, um sich über den gesamten Erdball zu verteilen und ihn für eine gewisse Zeit in eine gigantische Staubwolke einzuhüllen. Nach und nach würde der Staub allmählich wieder zur Erdoberfläche als feiner Regen herabfallen und sich hier in einer iridiumreiche Tonschicht ablagern, welche dann, wie bei dem mutmaßlichen Ereignis am Ende der Kreidezeit, im geologischen Beleg zutage träte.

Die Menge des vor 65 Millionen Jahren durch den Impact eines im Umfang circa 10 km betragenden Himmelskörpers emporgeschleuderten Materiales muß enorm gewesen sein. Wie Richard A.F. Grieve (1981) berichtete, kann ein gewöhnlicher Meteorit aus Stein und Eisen etwa das 100fache seiner eigenen Masse an terrestrischen Auswurfmaterial freisprengen. Das Alvarez-Objekt, welches auf etwa 100 Milliarden Tonnen geschätzt wird, hätte demnach einen Auswurf von 10 Trillionen Tonnen Felsgestein zur Folge gehabt. Dem widerspricht jedoch die hohe Iridium-Konzentration der Grenzschicht in vielen Gesteinen des Kreide/Tertiär-Überganges. Sie belegt, daß der Einfall der zur Erde zurückkehrenden Staubpartikel vorwiegend kosmischen statt terrestrischen Ursprunges gewesen sein muß. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß durch die enorme Gewalt des Aufpralles fast reine Meteoritenmaterie in die Stratosphäre zurückgeschleudert wurde.

Vielleicht stürzte der Himmelskörper aber auch in den Ozean. In diesem Fall hätte er ebenfalls nur wenig terrestrisches Material emporwerfen können. Zum Auswurf kämen dann jedoch ungeheure Mengen Wasserdampf hinzu. Wie Steven Croft (1981) darlegt, würde das Alvarez-Objekt eine dem 100fachen seines eigenen Volumens entsprechende Wassermasse zum Verdampfen bringen (1000 bis 5 000 km3 mit einem Gewicht von 1 bis 5 Trillionen Tonnen). Der Ozean würde rund um die Einschlagsstelle herum schlagartig beginnen, zu kochen.

Die in Richtung Himmel steigende Wasserdampfsäule könnte im Durchmesser 20 bis 30 km betragen und bereits eine Minute nach dem Impact eine Höhe von 10 km erreicht haben. Dichte Wolken mit Anteilen von Meteoritenstaub würden sich schließlich über den gesamten Erdball ausbreiten und ihn umhüllen.

Bei der chemischen Analyse iridiumreicher Sedimente des Kreide/Tertiär-Grenzbereiches von Dänemark, Spanien und Neuseeland stellten die Chemiker Edward Anders, Wendy S. Wolbach & Roy S. Lewis (1985) Zusammenballungen hochporöser Graphitkohle (Ruß) fest, die von ihnen als Rückstände gewaltiger Brände gedeutet wurden. Die Brände könnten in unmittelbarer Folge des Meteoriteneinschlages aufgetreten sein. Selbst ein über dem Meer niedergehender Himmelskörper von der Größe des Alvarez-Objektes dürfte eine Hitzewelle bewirkt haben, welche stark genug ist, um noch in einer Entfernung von einigen tausend Kilometern größere Brände zu entfachen. Es wird davon ausgegangen, daß mehr als 10 % der weltweit vorhandenen Biomasse den Flammen zum Opfer fiel. Ungeheure Mengen an Rauch, Ruß und anderen Schmutzpartikeln wurden mit den durch das Feuer hervorgerufenen Luftströmungen in die Atmosphäre getragen und über den ganzen Globus verbreitet.

Welche Auswirkungen hätte eine infolge des Impacts eines gigantischen Himmelskörpers entstehende erdumspannende Staub- und Rußwolke? Wie Untersuchungen von Siegfried Gerstl & Andrew Zardecki (1981) belegen, würde sich der Einfall des Sonnenlichtes durch die in der Stratosphäre schwebenden Staubteilchen enorm verringern. Beim Ausbruch des Vulkans Krakatau im Jahre 1883 wurden etwa 100 Millionen Tonnen Aerosole (in der Luft schwebende Teilchen) in die Stratosphäre geschleudert. Daraufhin verringerte sich der Lichteinfall um 10 bis 25 %. Die auf dieser Basis erhobenen Modellberechnungen zeigen, daß bereits circa 40 Milliarden Tonnen Staub in der Atmosphäre völlig genügen würden, damit die Sonneneinstrahlung auf 1/1 000 ihres Lichtwertes zurückgeht. Der Tag würde damit zur Nacht werden. Etwas salopp ausgedrückt, könnte man von einer "Finsternis am hellichten Tage" sprechen (Hsü, 1986).

Aber wie lange würde eine derartige Verfinsterung dauern? Wie schnell würde sich der Staub wieder absetzen? Kalkulationen von Brian Toon (1981) legen nahe, daß bereits nach drei Monaten der Himmel wieder so hell sein würde wie in einer klaren Vollmondnacht. Kleinere Staubpartikel würden sich zu größeren Aggregaten zusammenklumpen und fielen dann nach relativ kurzer Zeit wieder zu Boden. Die Dunkelheit, die vor 65 Millionen Jahren dem vermeintlichen Meteoriteneinschlag folgte, dauerte demnach nur ein paar Monate und keinesfalls mehrere Jahre. Unter der Annahme, daß das Objekt ins Meer gestürzt ist, muß eventuell sogar eine kürzere Verfinsterungsphase in Betracht gezogen werden. Der die Stratosphäre mit Feuchtigkeit übersättigende Wasserdampf würde schnell kondensieren und als Regen oder Schnee zur Erde fallen. Die einsetzenden Niederschläge hätten die Atmosphäre rasch entstaubt und die Rückkehr des Sonnenlichtes ermöglicht.

Obwohl unmittelbar nach dem Einschlag des Alvarez-Objektes in vielen Regionen der Erde großflächige Brände tobten und ihrerseits zur Verfinsterung beitrugen, führte das Fehlen des Sonnenlichtes zu einer enorm schnellen Abkühlung der Erdoberfläche. Nach Toon (1981) sank die Temperatur in vielen Regionen der Erde unterhalb des Gefrierpunktes. Es stellten sich die gleichen Klimaeffekte ein, welche auch nach einem weltweiten Atomkrieg herrschen würden und demnach unter dem Begriff des "nuklearen Winters" eine traurige Bekanntheit erreichten. Die bei einem eventuellen Einschlag des Himmelskörpers ins Meer in die Atmosphäre geschleuderten Wassermassen würden unter diesen Temperaturen als Schnee zur Erde gefallen sein und sie über weite Teile mit einer meterdicken Schneeschicht bedeckt haben. Selbst nachdem der Himmel die ersten Sonnenstrahlen wieder ungehindert hindurchließ, setzte erst nach und nach eine Erwärmung der Erdoberfläche ein. Ein großer Teil der ankommenden Sonnenstrahlen wurde zunächst durch das schneebedeckte Land ungenutzt in den Weltraum zurückreflektiert. Nur zögernd begann der Schnee zu schmelzen. Langsam stiegen die Temperaturen wieder an und erreichten erst nach vielleicht hundert Jahren den Wert vor der Katastrophe.

Das infolge der Verdunklung fehlende Sonnenlicht führte jedoch auch zu starken Beeinträchtigungen der grünen Pflanzen sowohl auf dem Lande als auch im Meer. Ihre Photosynthese kam für mindestens drei Monate zum erliegen. Dabei beeinflußte die Katastrophe die Pflanzengesellschaften auf Nord- und Südhalbkugel unterschiedlich, da sich beide zur gleichen Zeit in verschiedenen Lebenszyklen befanden. Unter der Annahme, die Finsternis hätte im April begonnen, müßten die Auswirkungen auf die Vegetation der südlichen Erde weniger drastisch gewesen sein als die Schäden im Pflanzenbestand der Nordhemisphäre. Auf der Südhalbkugel beginnt im April der Winter. Die dort ansässigen Pflanzen waren mit Sicherheit auf die kommende Jahreszeit entsprechend vorbereitet gewesen und hatten ausreichend Reservestoffe gespeichert, die ein Überdauern der ungünstigen Umweltbedingungen des Winters ermöglichten. Die etwa drei bis vier Monate andauernde Dunkelheit fiel für sie genau in die Zeit ihrer Winterruhe. Wenn dann im September der Frühling wieder einkehrte, war auch die Zeit der Finsternis überstanden, die Pflanzen beendeten ihre inaktive Lebensphase gingen in die aktive Wachstumsperiode über. Ihr Lebensrhythmus wurde durch die Phase der Dunkelheit nicht gestört. Vollkommen anders erlebten jedoch die Pflanzen der Nordhalbkugel dieses Ereignis. Im April hatten sie ihre Winteruhe beendet und wären nun in die aktive Wachstumsperiode übergegangen. Sämtliche Reserven, die sie sich vor dem letzten Winter angelegt hatten, waren verbraucht. Nun kam es darauf an, Photosynthese zu betreiben. Dies ließ jedoch die infolge des Impactes herrschende "Finsternis am hellichten Tage" nicht zu - enorme Verluste waren vorprogrammiert. Wie statistische Untersuchungen der die Kreide/Tertiär-Grenze überlebenden Pflanzenarten in verschiedenen Regionen der Erde belegen, nimmt das Ausmaß der Zerstörung nach Noren hin zu. Dies legt nahe, daß der Himmelskörper zu einer Zeit auf der Erde einschlug, als auf der südlichen Hemisphäre gerade Herbst war und auf der nördlichen soeben der Frühling begann (Hsü, 1986).

Im Ozean erfolgte ein enormer Rückgang des pflanzlichen Planktons (Phytoplankton). Darauf weisen Kohlenstoffisotopen-Analysen in Meeressedimenten des Kreide/Tertiär-Überganges hin. Bereits im Jahre 1978 veröffentlichte Nick Shackleton seine Untersuchungen über die Isotopenzusammensetzung des Kohlenstoffs (C) in den aus Calciumcarbonat (CaCO3) bestehenden Foraminiferen-Skeletten der frühesten känozoischen Sedimente. Zum Aufbau ihrer äußeren Schalen entnehmen die kleinen Planktonorganismen dem sie umgebenden Meereswasser gelöstes Calcium (Ca) und Kohlendioxid (CO2). Im Kohlendioxid kommt der Kohlenstoff in zwei stabilen Isotopen, 12C und 13C, vor, welche zueinander in einem bestimmten Verhältnis stehen. Dieses Kohlenstoffisotopen-Verhältnis unterscheidet sich jedoch im Kohlendioxid des Wassers der Meeresoberfläche von dem der unteren und mittleren Meeresschichten. Diese Unterschiede lassen sich auf die Tätigkeit des Phytoplanktons zurückführen, deren Zellen ebenfalls Kohlendioxid dem Wasser entnehmen, um damit im Prozeß der Photosynthese organische Substanzen aufzubauen. Dabei bevorzugen die photosynthetisch wirksamen Organismen jedoch das Isotop 12C und beeinflussen auf diesem Wege die Isotopenzusammensetzung des Wassers, in dem sie leben. Da Photosynthese nur bei Anwesenheit von Licht möglich ist, können die Lebewesen des Phytoplanktons lediglich in oberflächennahen Wasserschichten des Meeres aktiv werden. Infolge ihrer Bevorzugung des Isotopes 12C verarmt das Oberflächenwasser an diesem Bestandteil, weist jedoch einen höheren 13C-Anteil auf. In den Schalen von planktonischen Foraminiferen müßten demnach ebenfalls erhöhte 13C-Anteile nachzuweisen sein.

Shackleton konnte jedoch in den fossilen Skeletten der von ihm untersuchten frühtertiären Foraminiferen keine Anreicherung von 13C feststellen. Dies kann nach Kenneth J. Hsü (1986) nur darauf zurückzuführen sein, daß einfach viel zu wenig Phytoplankton vorhanden war, um eine Anreicherung des Isotops 13C in den oberflächennahen Wasserschichten vorzunehmen. In diesem Zusammenhang spricht Hsü von einem sogenannten "Strangelove-Ozean", einem Meer, welches fast ohne Leben ist.

Weiterhin wird daraufhingewiesen, daß der Rückgang des Planktons keineswegs allein durch eine drei bis vier monatige Dunkelheit ausreichend erklärt werden kann. Der enorme Temperaturrückgang infolge des fehlenden Sonnenlichtes könnte ebenfalls das Sterben der Planktonorganismen beschleunigt und eine neue Entfaltung nach dem Absetzen der Staubwolke erheblich behindert haben.

An dieser Stelle muß auf eine weitere unmittelbare Auswirkung des Impactes hingewiesen werden, die ebenfalls schwere Umweltschäden hervorgerufen hatte: der saure Regen. Wie Untersuchungen im Zusammenhang mit Blitzschlägen, Nuklearwaffentests oder kleineren Meteoriteneinschlägen (z.B. Tunguska-Phänomen) ergaben, führen derartige Ereignisse zu einer schockartigen Erhitzung der Atmosphäre, in deren Folge sich der Stickstoff (N2) und der Sauerstoff (O2) der Luft miteinander zu Stickstoffmonoxid (NO) verbinden. John Lewis (1981) berechnete, daß bei dem Impact eines steinernen Meteoriten von einigen Milliarden Tonnen und einer Einschlagsgeschwindigkeit von 14 km/s eine Milliarde Tonnen Stickstoffmonoxid gebildet werden könnte. Unter der Annahme einer höheren Geschwindigkeit von 40 km/s würden sogar 100 Milliarden Tonnen dieses stark giftigen Gases entstehen.

Stickstoffmonoxid wird durch den atmosphärischen Sauerstoff und das Ozon der Stratosphäre zu anderen Stickoxiden (NO2 u.a. Varianten von NOx) oxidiert. Diese Verbindungen würden sich bereits wenige Monate nach dem betreffenden Meteoriteneinschlag innerhalb der Atmosphäre über den gesamten Globus verbreitet haben und mit dem Regen als Salpetersäure (HNO3) oder salpetrige Säure (HNO2) zur Erde gelangen. Im Ozean würde sich dadurch der pH-Wert des Wassers deutlich in den sauren Bereich verschieben. Gerade aber die Planktonorganismen reagieren auf derartige chemische Veränderungen sehr sensibel. Eine Versauerung des Ozeans kurze Zeit nach dem Impact vor 65 Millionen Jahren könnte daher ein enormes Planktonsterben ausgelöst haben.

Bei der Bildung der Stickoxide wird darüberhinaus der Atmosphäre Ozon (O3) entzogen. Der Aufschlag eines gigantischen Himmelskörpers vom Umfange des Alvarez-Objektes würde also auch noch ein riesiges "Ozonloch" zur Folge gehabt haben. Im Zuge des Tunguska-Ereignisses wurden etwa 30 Millionen Tonnen Stickoxide gebildet. Wie Berechnungen von Brian Toon und seinen Mitarbeitern zeigen, muß dabei ein Ozonabbau von etwa 30 % erfolgt sein. Werden diese Ergebnisse auf den Impact eines Meteoriten mit dem Gewicht von einer Milliarde Tonnen übertragen, so muß von einem Ozonrückgang von 90 % ausgegangen werden. Die Ozonschicht der Stratosphäre besitzt jedoch eine sehr große Bedeutung für das Leben auf der Erde. Sie schirmt nämlich zu einem großen Teil die harte ultraviolette Strahlung der Sonne ab. Ein Abbau der Ozonschicht würde viele Organismen der Erde ungeschützt dieser ungemein lebensfeindlichen Strahlung aussetzen.

Der Rückgang der pflanzlichen Photosynthese auf dem Land, vor allem aber das Absterben des Phytoplanktons im Meer ließ den Anteil des Kohlendioxides in Atmosphäre und Ozean in wenigen Jahrzehnten enorm ansteigen und im Zuge dessen setzte allmählich ein Treibhauseffekt ein. Das in der Atmosphäre vorhandene Kohlendioxid wirkte dabei wie das Glasdach eines Gewächshauses: Es ließ die zur Erde gelangenden Sonnenstrahlen ungehindert hindurch, verhinderte jedoch, daß die von der Erde reflektierten Wärmestrahlen nach außen, in den Weltraum, dringen konnten. Nach und nach heizte sich der Globus auf. Die Temperaturen, welche zuvor noch infolge des "nuklearen Winters" um den Gefrierpunkt lagen, erreichten nun Werte, die jene vor dem katastrophalen Impact bei weitem übertrafen. Eine Rückkehr zu normalen Temperaturen war erst dann möglich, als der Ozean wieder von einer Vielzahl photosynthetisch aktiver Planktonorganismen bevölkert wurde. Sie verbrauchten durch ihre Stoffwechselvorgänge das angereicherte Kohlendioxid und führten somit zu einem Rückgang des Treibhauseffekt.

 

Der vermutete Impact eines Himmelskörpers vor 65 Millionen Jahren induzierte eine Reihe unterschiedlichster Folgeerscheinungen, die in ihrer Summe zu enormen Umweltstreßereignissen führten, denen viele an die günstigen Lebensbedingungen des Mesozoikums angepaßten Tiere auf die Dauer nicht gewachsen waren. Welche einzelne Faktoren dabei nun das Aussterben der Dinosaurier bewirkten, kann heute nicht mehr zweifelsfrei festgestellt werden. Dazu ist ihre Physiologie noch viel zu unbekannt.

Möglicherweise brachen infolge der unterbrochenen Photosynthese und anderer Impactfolgen sämtliche Nahrungsketten an Land und im Meer zusammen, so daß viele deren höher organisierten Mitglieder ihrer Nahrungsgrundlage beraubt wurden. Im Meer folgte auf das Sterben des Phytoplankton das der Foraminiferen, Belemniten, Ammoniten und der marinen Reptilien (insbesondere Plesiosaurier, Mosasaurier). An Land traf es zunächst die pflanzenfressenden Dinosaurier, die unmittelbar von der im Zuge des Impactes zerstörten Vegetation abhängig waren. Doch mit ihrem Verschwinden wurde das Sterben der größeren Fleichfresser besiegelt. Kleinere Landtiere, unter ihnen die damaligen Säugetiere, überstanden die Katastrophe, da sie sich von Insekten, Früchten, Samen und verlaulender Vegetation ernährten. Die Säuger selbst waren infolge ihres wärmeisolierenden Fells sowie ihrer nachtaktiven Lebensweise zudem hervorragend vor den Auswirkungen des "nuklearen Winters" und der ultravioletten Strahlung (bedingt durch das "Ozonloch") geschützt.

Möglicherweise setzte der einschlagende Himmelskörper eine nicht unerhebliche Menge hochgiftiger Verbindungen frei, wie Anreicherungen der Elemente Osmium, Ruthenium, Arsen, Selen und Antimon in den Gesteinen des Kreide/Tertiär-Überganges zeigen. Diese könnten sich über die Nahrungskette in den Körpern der Dinosaurier angereichert und so deren Tod verursacht haben (Hsü, 1986).

Es wurden verschiedentlich die Auswirkungen größerer Temperaturschwankungen auf die Fortpflanzung von Reptilien erörtert. Diese Überlegungen beruhen auf der Entdeckung, daß das Geschlecht des noch ungeschlüpften Embryos entscheidend durch die Bebrütungstemperatur des Geleges bestimmt wird. Bei einer Bruttemperatur von 32 °C entstehen in Gelegen von Krokodilen etwa gleich viele männliche wie weibliche Individuen. Liegt die Temperatur jedoch wenige Grade unter- bzw. oberhalb 32 °C entwickeln sich entweder nur Weibchen bzw. nur Männchen. Diese Erkenntnisse wurden einfach auf Dinosaurier übertragen. Infolge eines globalen Temperaturrückganges würden demnach sämtliche Nachkommen der Schreckensechsen dem gleichen Geschlecht angehören - die Dinosaurier gingen zugrunde, da sie keinen Nachwuchs mehr zeugen konnten.

Heinrich Erben (1972, 1979) untersuchte die aus den Schichten der obersten Oberkreide Frankreichs bekannten fossilen Dinosaurier-Eier hinsichtlich ihrer Schalenstruktur. Dabei stieß er auf pathologische (krankhafte) Erscheinungen: Einige der Eischalen waren extrem dünn, andere besaßen dagegen mehrere Schalenschichten übereinander. In keinem dieser Eier konnte sich der Embryo bis zum Schlupf entwickeln. Die einen führten infolge des geringen Schutzes vor Austrocknung zum vorzeitigen Absterben des Keimlings. Die anderen ließen nicht genügend Sauerstoff in ihr Inneres hinein, so daß der darin befindliche Embryo einfach erstickte. Als Ursache für diese Erscheinungen gibt Erben Störungen im Hormonhaushalt der Schreckensechsen an, vielleicht hervorgerufen durch zunehmenden Umweltstreß.

Andere Untersuchungen jedoch lehnen einen Zusammenhang zwischen den aufgefundenen Schalentypen und dem Aussterben der Dinosaurier eindeutig ab (Williams, Seymour & Kerourio, 1984; Penner, 1985). Die genannten pathologische Bildungen können an den Eifunden nicht bestätigt werden. Eventuelle Unterschiede in der Schalendicke werden dabei als Anpassungen an verschiedene Umweltfaktoren des Nestmilieus interpretiert.

 

Aussterbeperiodizität. Angeregt durch die Diskussionen um ein extraterrestrisch ausgelöstes katastrophales Aussterben der Dinosaurier am Ende der Kreidezeit führten 1983 die Geologen David M. Raup & J. John Sepkoski eine statistische Analyse von Aussterbeereignissen im marinen Bereich innerhalb der letzten 250 Millionen Jahre durch. Dabei stellten sie fest, daß insgesamt 12 kleinere und größere Häufigkeitspunkte des Massensterbens in der betrachteten Zeitspanne stattgefunden haben. Interessanterweise erschienen diese Aussterbeereignisse regelmäßig über die Zeitachse verteilt. Die Auslöschungen folgten einander in gleichmäßigen Zeitabständen, traten aller 26 Millionen Jahren auf. Das letzte Ereignis dieser Art liegt dabei etwa 11,3 Millionen Jahre zurück.

Auf ein periodisches Aussterben machten bereits Alfred G. Fischer & Michael A. Athur im Jahre 1977 aufmerksam. Sie arbeiteten damals jedoch mit einer älteren erdgeschichtlichen Datierung der mesozoischen und känozoischen Gesteine und kamen somit auf einen Aussterbezyklus von 32 Millionen Jahren. Mittlerweile wurden die Datierungsmethoden entschiedend präzisiert, so daß der Unterschied von 6 Millionen Jahren zwischen den beiden Zyklen allein dadurch erklärt werden kann. M.R. Rambino & R.B. Stothers unterzogen 1984 die Aussterbestatistik einer Neuberechnung und erhielten dabei einen 30 Millionen-Jahre-Zyklus. Andere Bearbeiter (Schwartz & James; Whitmire & Jackson; Davis, Hut & Muller sowie Alvarez & Muller, alle 1984) bestätigten dagegen den 26 Millionen-Jahre-Turnus. Wie dem auch sei - diese Untersuchungen legen sämtlichst nahe, daß Aussterbeereignisse sich in einem Abstand von 26 bis 30 Millionen Jahren häufen. Diese Periodizität verlangt nach einer Erklärung!

Nach Sepkoski (1984) lassen sich die exakt gleichen Intervalle zwischen den Aussterbeereignissen am einfachsten mit der Annahme der Einwirkung eines extraterrestrischen Faktors erklären. Sämtliche Massensterben der vergangenen 250 Millionen Jahre werden damit als Folgeerscheinungen von Meteoriteneinschlägen auf der Erde erklärt. Infolge dessen müßte sich auch eine Periodizität im Alter der größeren Einschlagskrater nachweisen lassen. Wie Walter Alvarez & Richard A. Muller (1984) anhand eines Kraterverzeichnisses darlegen, stehen die Einschlagsstellen tatsächlich in einem regelmäßigen Abstand von 28 Millionen Jahren zueinander. Nach Rambino & Stothers (1984) ergibt sich in den Altersabständen von Einschlagskratern eine statistisch signifikante Periodizität von 31 Millionen Jahren.

Was veranlaßte jedoch die Himmelskörper, in regelmäßigen Zeitabständen auf der Erde einzuschlagen?

Zur Erklärung periodischer Meteoriteneinschläge im Laufe der Erdgeschichte werden mittlerweile drei Vorstellungen diskutiert (Raup, 1986):

Die Astrophysiker M.R. Rambino & R.B. Stothers sowie R.D. Schwartz & P.B. James (1984) nehmen als mögliche Ursache die Bewegung der Sonne senkrecht zur Hauptachse des Milchstraßensystems an. Unsere Galaxie befindet sich in schneller Rotation. Es rotiert in seiner flachen Hauptebene um seinen Kern herum. Bei dieser Bewegung durchquert unser Sonnensystem die Hauptachse des galaktischen Systemes, pendelt folglich diese durchschneidend auf- und abwärts. Für das Durchlaufen eines vollen Zyklus, d.h. vom Wendepunkt oberhalb der Hauptebene zu dem unterhalb und wieder zurück zur Ausgangsposition, benötigt es schätzungsweise 62 bis 67 Millionen Jahre. Dementsprechend kreuzt die Sonne alle 31 bis 33 Millionen Jahre die Hauptachse des Milchstraßensystems. Hier ist die gas- und staubförmige interstellare Materie unheimlich stark verdichtet, so daß eine Annäherung an diesen Bereich erhebliche Veränderungen der kosmischen Verhältnisse in den Randgebieten unseres Sonnensystems verursachen würde. Gerade hier befindet sich jedoch eine enorme Meteoritenansammlung, die Oort´sche Wolke. Infolge der Annäherung an die Hauptebene der Galaxis treten Störungen innerhalb der Meteoriten-Wolke auf, die zu Bahnablenkungen der in ihr integrierten Himmelskörper führen. Viele der Objekte werden aus dem Sonnensystem herauskatapultiert, andere jedoch in Richtung Sonne, und damit mit dem Kurs Erde, abgelenkt. Daraus resultiert eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Einschlägen extraterrestrischer Objekte auf unserem Planeten, in deren Folge Fälle von Massensterben ausgelöst werden können.

D.P. Whitmire & A.A. Jackson und M. Davis, P. Hut & R.A. Muller postulieren als Ursache für periodische Aussterbeereignisse die Existenz eines bislang noch nicht gesichteten Begleitstern unserer Sonne, welcher nach allgemeinen Dafürhalten auf den Namen der griechischen Göttin der Rache Nemesis getauft wurde. Nemesis soll sich auf einer stark exentrischen Bahn um die Sonne bewegen und sie in einem Zyklus von 26 Millionen Jahren umlaufen. Im sonnennahen Bereich nähert sich der Sonnenbegleiter der Oort´sche Wolke und ruft auf Grund seiner Gravitation bei den dortigen Himmelskörpern irreguläre Bahnabweichungen hervor. Im Endeffekt wird auch hier die Erde einem Meteoritenbombardement ausgesetzt.

D.P. Whitmire & J.J. Matese (1985) erklären die aufgefundene Periodizität bei den verschiedenen Aussterbeereignissen und dem Alter von Einschlagkratern mit der Annahme eines zehnten Planeten jenseits der Umlaufbahn des Plutos. Bereits viele Jahre früher fielen den Astrophysikern eigenartige Diskrepanzen zwischen den vorausberechneten und den tatsächlich beobachteten Umlaufbahnen der Planeten Uranus und Neptun auf. Sie führten die festgestellten Abweichungen auf die Existenz eines noch unbekannten Planeten X am äußersten Rand unseres Sonnensystems zurück. Nun wird der Planet X als grundlegende Ursache der Massensterben auf der Erde in Betracht gezogen. Seine Umlaufbahn soll in Abständen von 28 Millionen Jahren regulären Schwankungen unterliegen, in deren Folge ein außerhalb der Neptunbahn gelegener Meteoritenring gestört wird. Die dabei aus ihrer Bahn geworfenen Himmelskörper nehmen Kurs in Richtung Erde und bewirken dort ein Werk der Zerstörung.

Von den drei vorgestellten Erklärungsversuchen erlangte vor allem die Annahme des Sonnenbegleiters Nemesis eine größere Popularität. Bei dem Begleiter unserer Sonne soll es sich um einen sehr lichtschwachen, kalten Zwergstern mit einem Gewicht von 1/10 der Sonnenmasse handeln. Astronomen vom kalifornischen Berkeley-Laboratorium begannen sogleich mit der systematischen Suche nach Nemesis. Da über deren mögliche Position am Sternenhimmel keinerlei Voraussagen möglich sind, suchen die Wissenschaftler unter schätzungsweise einer Million Sternen niedriger Helligkeit. Nemesis unterscheidet sich möglicherweise nur durch eine winzige Bewegung vor dem Hintergrund entfernter Sterne. Gelingt es, den Sonnenbegleiter ausfindig zu machen, wäre dies ein deutlicher Beweis für die Richtigkeit der "Nemesis-Story". Entdeckt ist dieser jedoch noch nicht.

Die Annahme eines Sonnenbegleiters basiert letztlich nur auf der Theorie vom zyklischen Aussterben. Aber selbst diese Vorstellungen sind unter Geologen und Paläontologen sehr umstritten. Es wird darauf hingewiesen, daß die den Untersuchungen von Raup & Sepkoski zugrunde liegenden Daten im einzelnen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind und so keineswegs das deutliche Bild sprechen, welches aus ihnen herausgelesen wurde. Die fossile Überlieferung ist einfach zu lückenhaft, um mit einiger Zuverlässigkeit derartig weitreichende statistische Aussagen treffen zu können.

 

Vulkanismus. Wichtigstes Argument zur Stütze der Theorie eines katastrophalen Massensterbens infolge des Einschlags eines gigantischen Himmelskörpers vor 65 Millionen Jahren ist die weltweit in den Gesteinen des Kreide/Tertiär-Überganges vorgefundene Iridium-Anomalie. Sie läßt sich durch die Anhänger eines graduellen Aussterbens nicht wegdiskutieren, verlangt nach einer Erklärung. Auf Grund der Seltenheit des Platinmetalles Iridium in der Erdkruste sowie dessen Häufigkeit in Meteoriten wurde ihr Vorliegen im Zusammenhang mit einer extraterrestrisch ausgelösten Katastrophe mit globalen Auswirkungen gedeutet, denen u.a. auch die Dinosaurier zum Opfer fielen. Das Element Iridium findet sich in höheren Konzentrationen jedoch auch im tieferen Bereich des Erdmantels. Auf Hawaii gibt es eine Reihe von Vulkanen, wie beispielsweise den Kilauea, die ihr Magma aus dem Erdmantel beziehen. Wie chemische Analysen der Ausblasungen des Kilauea zeigten, verfügen diese über einen hohen Iridiumanteil. Aus diesem Grund führen Charles B. Officer & Charles L. Drake (1985) die Iridium-Anreicherung in den Gesteinen des Kreide/Tertiär-Grenzbereiches auf eine außergewöhnlich heftige vulkanische Aktivität am Ende des Mesozoikums zurück.

Andere Indizien sprechen ebenfalls für intensiven Vulkanismus. Vor 65 Millionen Jahren näherte sich Indien dem asiatischen Kontinent. Dabei kam es im Gebiet des heutigen Hochlandes von Dekkan (Indien) zu gewaltigen Vulkanausbrüchen, die innerhalb von etwa einer Million Jahren eine 2,4 km dicke Lavaschicht auftürmten (Besse et al., 1986; Courtillot et al., 1986). Intensiver Vulkanismus könnte ähnliche Auswirkungen auf Klima und Umwelt gehabt haben wie ein eventueller Metoriteneinschlag.

 

Beweise für die Impacttheorie. Als Hauptargument gegen die Impacttheorie wurde jedoch das Fehlen eines Einschlagskraters angeführt. Angesichts der Dimensionen des Alvarez-Objektes müßte dieser über 150 km im Durchmesser betragen. Möglicherweise ist der Krater auf dem Festland zu suchen. Vielleicht liegt er begraben unter jüngerem Gestein oder war seither der Erosion ausgesetzt, die ihn bis zur Unkenntlichkeit deformierte. Vielleicht ist der Himmelskörper aber auch ins Meer gestürzt und schlug seinen Krater am Rand einer tektonischen Platte, welche zu einer Subduktionszone gehörte. Die bewußte Platte könnte unter eine andere getaucht und damit verschluckt worden sein. In diesem Fall wäre der Krater unwiederbringlich verschwunden. Diese Variante besitzt durchaus eine recht hohe Wahrscheinlichkeit, da etwa 50 % des zur Kreidezeit existierenden Meeresbodens seither in den Subduktionszonen am Rande der tektonischen Platten verschluckt worden ist.

Dennoch haben die Wissenschaftler die Suche nach dem "Killer-Krater", wie er mitunter auch genannt wird, nicht aufgegeben. Als aussichtsreichster Kandidat gilt seit 1990 der etwa 180 km große Chicxulub-Krater an der Nordwestküste der Halbinsel Yucatan am Golf von Mexico. Das Zentrum der Einschlagstelle liegt in der Nähe der Stadt Progreso, besitzt einen Durchmesser von 60 km und ist unter einer Schicht von ca. 1 000 m frühtertiären Gesteins begraben. Ungefähr 50 km vom Rand des Kraters entfernt wurde eine etwa 80 m mächtige Sedimentschicht entdeckt, die vermutlich aus dem durch den Aufprall emporgeschleuderten größeren Aufschlagstrümmern besteht. Sie enthält u.a. millimetergroße Quarzpartikel, deren Kristallgitter infolge der schockartigen Druckeinwirkung während des Einschlages in charakteristischer Weise deformiert sind ("geschockter Quarz"). Das Vorhandensein geschockter Kristalle wird ganz allgemein als zuverlässiges Indiz für Himmelskörpereinschläge betrachtet.

Derartige Quarzdeformationen finden sich jedoch nicht nur in den Schichten in der Nähe des Chicxulub-Kraters. Sie sind auch in vielen europäischen und nordamerikanischen Aufschlüssen der Kreide/Tertiär-Grenze nachgewiesen worden, zusammen mit der Iridium-Anomalie. Dieser Befund spricht deutlich für den vermuteten Meteoriteneinschlag am Ende des Erdmittelalters.

Einen weiteren Beweis für die Impacttheorie lieferte der Geochemiker Karl Turekian (1981). Er weist darauf hin, daß Osmium (Os), ein weiteres Element aus der Gruppe der Platinmetalle, ebenfalls nur sehr spärlich in der Erdkruste, dafür jedoch häufig in Meteoriten vorzufinden ist. Darüberhinaus unterscheiden sich die Isotopenanteile des irdischen Osmiums sehr deutlich von denen des meteoritischen. Demzufolge müßte die analytische Untersuchung des Osmiumisotopenverhältnisses in den Gesteinen der Kreide/Tertiär-Grenze die Frage nach der Herkunft des abgelagerten Materials ein für allemal klären. Die 1983 von K. Turekian und seinem Mitarbeiter J.M. Luck vorgelegten Analysenergebnisse belegen, daß die gefundenen Isotopenanteile deutlicher dem Meteoriten-Osmium ähneln als dem irdischen Osmium.

Zwischen den von ihnen untersuchten Proben treten kleinere Unterschiede in der Isotopenzusammensetzung auf, die möglicherweise darauf hindeuten, daß vor 65 Millionen Jahren nicht nur ein Meteoriteneinschlag stattgefunden habe, sondern mehrere Impacts anzunehmen sind. Kleinere Einschlagstellen, welche zeitgleich mit dem Yucatan-Krater entstanden, wie beispielsweise der im Durchmesser 35 km betragende Manson-Krater im US-Bundesstaat Iowa, belegen den vermuteten Mehrfach-Impact. Eventuell ging am Ende des Mesozoikums ein ganzer Meteoritenschwarm auf die Erde nieder. Oder aber ein gigantischer Himmelskörper brach noch vor Eintritt in die Erdatmosphäre in mehrere kleinere Objekte auseinander, die sämtlichst an verschiedenen Stellen der Erde niedergingen. Eines der größeren dieser Bruchstücke wird dann wohl der Alvarez-Meteorit gewesen sein. Es wäre sogar möglich, daß eines der größeren Objekte in Indien niedergegangen ist und dabei die Vulkantätigkeit von Dekkan ausgelöst habe. Der Krater wäre dann von den austretenden Lavamassen total zugedeckt worden.

Ein letztes Indiz für die Richtigkeit der Impacttheorie soll noch angeführt werden: Im Jahre 1989 berichteten Meixun Zhao & Jeffrey Bada von der Entdeckung der Aminosäuren a -Amino-Isobuttersäure (AIBS) und Isovalin in den klassischen Kreide/Tertiär-Aufschlüssen bei Steven´s Klint in Dänemark. Beide Aminosäuren sind auf der Erde äußerst selten, kommen aber regelmäßig in kohlenstoffreichen Steinmeteoriten vor. Sie sind damit ein hervorragender Indikator für das Vorliegen extraterrestrischer Materie. Allerdings bestehen einige Unklarheiten darüber, wie die nachgewiesenen organischen Verbindungen die extremen Temperaturen beim Einschlag auf der Erde überstanden haben.

 

Es liegt eine Vielzahl von Fakten vor, die für einen Meteoriteneinschlag am Ende der Kreidezeit sprechen, in dessen Zuge weitreichende katastrophale Umweltschäden längerfristig zum Aussterben vieler Tiergruppen führten. Auch die Überlebenden dieses Ereignisses mußten große Einbußen hinnehmen, wenngleich sie die Chance zur Neuentfaltung wie im Falle der Säugetiere ausgiebig nutzten. Das Ende der Dinosaurier bedeutete für die Säuger den Aufstieg zur beherrschenden Tiergruppe. Sie bringen den Menschen hervor, dessen intellektuellen Fähigkeiten ihm dabei helfen, die Welt Schritt für Schritt zu begreifen. Irgendwann stellt er auch die Frage nach dem, was vor ihm auf dieser Erde passierte, und er beginnt anhand der Fossilien die Geschichte des Lebens zu entschlüsseln. Dabei stößt er auch auf die Dinosaurier, jene faszinierende Tiergruppe, die vor den Säugetieren die terrestrischen Lebensräume des blauen Planeten dominierte. Der Mensch sammelt Fakten über diese Tiere und versucht sie auf der Basis seiner "Welterfahrung" zu deuten. Er stellt fest, daß die Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren ausgestorben sind. Aber seine Forschungen bringen ihn noch weiter: Nicht alle Dinosaurier sind wirklich ausgestorben. Einige von ihnen, die Theropoden, leben als Vögel weiter unter uns.